Tom Schreiber »Maulheld« des Tages

Erstveröffentlicht: 
14.07.2015

Es war ein Abend ganz nach Tom Schreibers Geschmack. Während der Rest der Republik einer »Tatort«-Wiederholung frönte, warf die Berliner Polizei zum Abschluss einer linken Aktionswoche gegen Gentrifizierung im Stadtteil Friedrichshain noch mal ihr gesamtes Arsenal in die Schlacht. Zunächst wurden die Tische einer Volksküche zusammengetreten, dass der Humus nur so spritzte. Mehrere hundert Beamte fuhren dann bis in die Morgenstunden schweres Gerät auf, um ein alternatives Hausprojekt zu belagern. Eine verdächtige Person sei auf dem Dach gesehen worden, sagte ein Polizeisprecher am Montag. Grund genug, ein Kriegsgebiet auszurufen: Flutlicht blendete, Dieselmotoren dröhnten, ein Hubschrauber ratterte im Tiefflug. Tom Schreiber wird's gefallen haben.

 

Für das Köpenicker SPD-Mitglied im Abgeordnetenhaus war das Straßenfest während der letzten Woche wohl zu friedlich verlaufen. Die Polizeimaschine musste noch etwas geschmiert werden. Und die Krawallblätter der Stadt brauchten schließlich auch Futter. »Der Repressionsdruck muss erhöht werden«, diktierte Schreiber dem Tagesspiegel am Wochenende in den Block. Dass das dichtbesiedelte Wohngebiet zu diesem Zeitpunkt seit Tagen mit Polizeiwannen völlig zugepfropft war und Hundertschaften behelmter Polizisten in fast jedem Hauseingang herumlungerten, war Schreiber offenbar entgangen. Obwohl er doch vor Ort erschien und ein Selfie mit schönstem Schwiegersohnlächeln postete. Nicht so nett, was Schreiber sich für das Viertel wünscht: eine »Sonderermittlungsgruppe Rigaer Straße« und »Raumschutz«, sprich Polizisten allzeit und überall. Einen Kiez unter Generalverdacht stellen ist schon okay. Unerhört ist hingegen, was der Tagesspiegel weiter zu berichten hatte: Der SPD-Abgeordnete sei am Freitag auf einer »linksextremistischen Internetseite als ›Maulheld‹ angegriffen worden«. Schlimm, so was. (mme)