Neonazi-Verdacht: Warum Bochumer Polizei gegen Dortmunder Kollegen ermittelt

Erstveröffentlicht: 
07.07.2015

Dortmund.  Ein Polizei-Brief mit Daten einer Frau, die eine Anti-Nazi-Demo beantragt hatte, ist in rechte Kreise gelangt. Nun gibt's interne Ermittlungen

 

Was ist passiert?

 

Die Neonazi-Splitterpartei "Die Rechte" hatte zu Beginn der Demonstration am Dienstag vor einer Woche ein Foto von Dorothea Moeschs polizeilichen Anmeldebescheid beim Kurznachrichtendienst Twitter veröffentlicht, einschließlich der Handynummer von Moesch. Die engagierte Bürgerin, die im Rollstuhl sitzt, erhielt daraufhin zwei Anrufe mit Todesdrohungen ("Du Hexe wirst brennen").

 

Gibt es schon Hinweise auf den Anrufer?

 

Ja! Polizei und Staatsanwaltschaft konnten am Montag einen 32-jährigen Mann aus Lünen mit Kontakten zu Dortmunder Neonazis als mutmaßlichen Drohanrufer ermitteln. Festgenommen wurde der Mann jedoch nicht.

 

Wie konnte das Formular an die Öffentlichkeit gelangen?

 

Dorothea Moesch versichert, vor der Demo nie ein entsprechendes Formular gesehen oder in der Hand gehalten zu haben. Sie habe die Demonstration telefonisch am vergangenen Freitag einmal bei der Polizeiwache in Mengede und noch einmal beim Polizeipräsidium Dortmund angemeldet. Weil ein Anmeldeformular per Mail in ihrem Mailfach nicht eintraf, rief Moesch am Montag noch einmal im Präsidium an. Eine Mitarbeiterin nahm nach weiteren erfolglosen Mailversuchen dann schließlich die Anmeldung telefonisch auf. Erst Tage nach der Demo fand Moesch ein Formular, abgeschickt am Montag, in einem zweiten Mailfach, das sie selten öffnet. Zur Demo mit rund 50 Teilnehmern ging sie, ohne etwas in den Händen zu haben. "Die Polizisten vor Ort wussten aber Bescheid", sagt sie. Dorothea Moesch will sich jeder Spekulation enthalten, aber auch sie treibt die Frage um, wie "Die Rechte" an ihr Anmeldeformular kam.

 

Wann erhält der Demo-Anmelder eine Auskunft?

 

Eine Versammlungsanmeldung und -bestätigung durch die Polizei kann mündlich (per Telefon oder auf einer Wache) oder schriftlich (Brief, Mail, Fax) erfolgen. Auf eine mündliche Zusage erfolgt später die schriftliche Bestätigung. Zeitgleich setzt die Polizei die betroffenen Dienststellen in Kenntnis. Mögliche Anfragen zu angemeldeten Veranstaltungen werden nur anonymisiert beantwortet, versichert Polizeisprecherin Nina Vogt. "Personalien zu Anmeldern oder Anmelderinnen werden nicht herausgegeben."

 

Wo ist der Haken?

 

Möglicherweise hat bei der Polizei doch jemand die Daten von Dorothea Moesch herausgegeben. Zum konkreten Sachverhalt nimmt die Polizei mit Hinweis auf die laufenden Ermittlungen keine Stellung.

 

Was sagt der Polizeipräsident dazu?

 

Gregor Lange erklärte am Montag auf Anfrage: "Ich habe mich schon frühzeitig entschieden, dass wir Ermittlungen mit interner Zielrichtung nicht selber führen werden. Als Präventivmaßnahmen habe ich deshalb das LKA kontaktiert und diese Ermittlungen an das Polizeipräsidium Bochum abgegeben."