Nazis versenken! Kein Fackelmarsch in Demmin und anderswo!

Antifaschistische-Traumatherapie

Am 30. April 1945 befreite die Rote Armee die kleine Hansestadt Demmin, 20 Kilometer westlich von Greifswald gelegen. Bereits vor dem Einmarsch, aber auch noch Monate später, nahmen sich etwa 500 DemminerInnen das Leben. Dafür hatten sie die verschiedensten Motive, wie die durch die NS-Propaganda geschürte Angst vor der Roten Armee oder die berechtigte Furcht vor Vergeltung für NS-Verbrechen. Diesen Vorfall nehmen Neonazis seit 2006 zum Anlass, Jahr für Jahr am 8. Mai einen Trauer- und Fackelmarsch zu veranstalten, um diesen DemminerInnen zu gedenken.


Bewusst wählen sie den 8. Mai, den Tag der Befreiung vom Faschismus, um diesen zu delegitimieren. Für die Neonazi-Szene in Mecklenburg-Vorpommern stellt die alljährliche Veranstaltung ein öffentlichkeitswirksames und zentrales Ereignis dar und wurde schon mal vorsorglich vom Veranstalter bis 2017 angemeldet. Neben der NPD, welche bei der Orga des Trauermarsch federführend ist, beteiligen sich vor allem lokale Nazistrukturen bestehend aus Kameradschaften, völkischen SiedlerInnen, den sog. Neo-Artamanen, organisierten autonomen NationalistInnen, und auch zahlreichen BürgerInnen aus Demmin und Umkreis an dem Trauermarsch. Es ist einer der letzten, noch regelmäßig stattfindenden geschichtsrevisionistischen Aufmärsche, dazu in einer Region, die mit ihren völkischen Siedlerprojekten, Stichwort „deutsche Scholle“, für die Naziszene auch überregional besonderen Stellenwert einnimmt. Darüber hinaus ist der Naziaufmarsch in Demmin der uns Einzige bekannte, an dem es eine reine Frauenreihe gibt, auf Transpis und Flyern wird die Situation der weiblichen Bevölkerung 1945 in Demmin als Schwerpunkt aufgegriffen.

Dies ist sicherlich dem Umstand geschuldet, dass die BewohnerInnen Demmins, welche sich laut Nazis sowie bürgerlicher Presse zu Tausenden in der Peene ertränkt haben sollen, vorwiegend Frauen und Kinder waren. Die Frauen töteten sich und ihre Kinder oftmals aufgrund des Drucks aus ihrem familiären oder schulischen Umfeld heraus. So brachten beispielsweise LehrerInnen ihren SchülerInnen Rasierklingen mit in den Unterricht. Grund dafür ist das nationalsozialistische Gedankengut, im Sinne von lieber sterben als Besiegte zu sein. Den Frauen wurde eingeredet, sexualisierte Gewalterfahrungen seien unabwendbar, demnach sei die einzige Möglichkeit ihre deutsche Ehre zu retten, sich selbst zu töten. Darin gipfelte die geschürte Angst vor den vermeintlich grausamen „roten Horden“, die völlig entmenschlicht dargestellt wurden und im Begriff waren, Demmin zu erobern. Doch für viele Frauen in Demmin und in Nazideutschland waren diese BefreierInnen, beispielsweise für die verschleppten ZwangsarbeiterInnen und politisch Verfolgten.

Frauen wurden und werden instrumentalisiert und lediglich als Opfer dargestellt. Ihre Rolle als Nazis, als TäterInnen wird völlig ausgeblendet. Tradierte Rollenbilder werden reproduziert und Frauen gelten, ganz der stereotypen Vorstellung, als harmlos und politisch unmündig. Diese Darstellung und Wahrnehmung ist in der kapitalistisch-bürgerlichen Gesellschaft bis heute nichts besonderes, als aktuelles Beispiel kann Beate Zschäpe genannt werden, ob als Verteidigungskonzept“ ihrer Anwälte oder in der Berichterstattung der bürgerlichen Presse , stets wird ein biologistisch-traditionelles Frauenbild bedient. Zschäpe wird jeglich die Funktion und Aufgabe des sozialen Kitt“ des vermeintlichen NSU-Trios zugesprochen. Doch Zschäpe ist genauso wenig nur Mitläuferin oder gar Opfer wie es Frauen in anderen völkischen Organisationen heute sind oder im dritten Reich waren. Nein, Sie sind und bleiben TäterInnen.


Demmin 8. Mai – Laienspiel & Trauerlauf

Der Ablauf des Aufmarsches gestaltet sich jedes Jahr nach einem festgeschriebenen Procedere: beginnend mit der geschmacklosen Inszenierung eines Flüchtlingstrecks von Kindern, Greisen und Invaliden samt heubeladenem Bollerwagen und theatralischer Musik Beethovens, gefolgt von Hetzreden, vorgelesenen Gedichten und einem Kranzabwurf am Hafen der Stadt. Den Abschluss bildet am Abend der Aufzug der Nazis mit Fackeln und Trommeln durch die Innenstadt.

Doch nicht mit uns!

Gab es vor vier Jahren fast keinen vorzeigbaren Gegenprotest, regt sich Jahr für Jahr mehr Widerstand. Lokale Gruppen sowie die Antifa Rostock & Greifswald sowie Menschen aus Hamburg beteiligten sich an Gegenaktionen. Doch auch in Berlin regt sich Widerstand. Seit zwei Jahren gibt es Infoveranstaltungen und Solipartys, die auf den so genannten Trauer- und Fackelmarsch aufmerksam machen und auch dieses Jahr wird es Busse nach Demmin geben. Auch wenn die Cops im letzten Jahr brutaler als in den Jahren zuvor das Ziel verfolgten den Naziaufmarsch zu ermöglichen, zeigt dies auch, dass der Gegenprotest stärker geworden ist. Den Nazis fiel es erstmals sichtlich schwer Ihren lächerlichen Auflauf durchzuführen. Deshalb auch in diesem Jahr...

Fahrt mit uns gemeinsam am 8. Mai nach Demmin!

Wer nicht feiert, hat verloren! Nazis versenken! Schluss mit dem deutschen Opfermythos!

 

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Feministisch Antifaschistischer Arbeitskreis (Faak) und Antifaschistische Traumatherapie Berlin