Operatives Abwehrzentrum mit hoher Erfolgsquote
Von Andreas Debski
Leipzig. Premiere für das Operative Abwehrzentrum (OAZ): In Dresden
wird heute von den Ermittlern erstmals eine Auszeichnung für
Zivilcourage vergeben - an einen 28-jährigen Syrer, der im Januar eine
sächsische Familie (76 und 37 Jahre) gegen drei Neonazis beschützen
wollte und verletzt wurde. "Er hat nicht weggeschaut, wie so viele auf
diesem Parkplatz, sondern ist dazwischen gegangen. Das war äußerst
mutig, da die Angreifer mit einem Messer bewaffnet waren", sagt OAZ-Chef
Bernd Merbitz. Durch die Ehrung soll auch ein Zeichen gesetzt werden:
"Mit der Hilfe des Mannes konnten wir die drei dingfest machen und
wieder drei Rechtsextremisten der Staatsanwaltschaft übergeben."
Viele fremdenfeindliche Übergriffe
Ein Blick auf die OAZ-Bilanz für 2014, die dieser Zeitung exklusiv
vorliegt, belegt: Der Fokus liegt eindeutig auf dem Rechtsextremismus.
"Davon geht die größte Gefahr aus, vor allem die Freien Kräfte haben
Zulauf und viele Sympathisanten", stellt Merbitz, zugleich Leipziger
Polizeipräsident, klar. Allein 2014 hat das OAZ 159 Ermittlungen gegen
164 Neonazis abgeschlossen - das sind 52 Verfahren mehr als noch 2013.
Meist geht es um Körperverletzungen und um Propaganda-Delikte wie
Hakenkreuz-Schmierereien. Zum Vergleich: Gegen neun Linke wurde in 18
Verfahren ermittelt (2013: 17 Verfahren; sieben Täter). Sachsens
Innenminister Markus Ulbig (CDU) wertet das OAZ als vollen Erfolg: "Die
Einrichtung hat sich bewährt, weil vor allem die Netzwerkstruktur
zwischen Zentrale und örtlichem Staatsschutz eine Stärkung der
operativen Arbeit gegen Extremismus bedeutet."
Beeindruckend ist die OAZ-Aufklärungsquote von 71,9 Prozent, nach 61,3
Prozent im Jahr 2013. Die allgemeine Kriminalitäts-Aufklärungsquote lag
2013 in Sachsen bei gerade einmal 54,8 Prozent. "Die Erhöhung des
Verfolgungsdrucks zeigt Wirkung", interpretiert der OAZ-Chef die
positive Entwicklung.
"Auf unverändert hohem Niveau ist nicht nur der Anteil an Personen, die
der rechtsextremen Szene zugerechnet werden, sondern auch die von ihnen
ausgehende Gefahr", macht Merbitz klar, "dies zeigt sich insbesondere in
den anhaltend hohen Zahlen von gewaltfördernder Hetze und
fremdenfeindlichen Übergriffen." Die Neonazis würden jede Gelegenheit
nutzen, um die Stimmung gegen Fremde zu verschlechtern. Zugleich sei bei
Linksextremen eine Verschiebung festzustellen: "Gewalt erscheint in der
linken Szene wieder vermehrt als legitime Protestform. Insbesondere
Polizisten sind immer wieder eine Zielscheibe."
Linke Szene wird gewaltbereiter
Auf das Konto der Spezialeinheit gehen unter anderem das Verbot der
Nationalen Sozialisten Chemnitz, die dank der Merbitz-Truppe im März
2014 durch das sächsische Innenministerium verboten werden konnten, der
Schlag gegen das Deutsche Polizei-Hilfswerk und die Festnahme von
rechten Schlägern unter anderem in Hoyerswerda, Borna und Leipzig, die
Ausländer und Flüchtlingsheime angegriffen hatten. OAZ-Chef Merbitz legt
allerdings Wert darauf, dass seine an fünf Standorten arbeitende Gruppe
nicht nur auf diese großen, öffentlichkeitswirksamen Aktionen
fokussiert ist: "Wir müssen die rechtsextremistischen Strukturen
durchschauen. Und wir müssen gewährleisten, dass auf jede
rechtsextremistische Straftat eine polizeiliche Reaktion erfolgt."
Deshalb mahnt er eine bessere Zusammenarbeit mit Thüringen und
Sachsen-Anhalt an: "Da gibt es einiges zu optimieren."
Im OAZ, das bundesweit einzigartig ist, arbeiten momentan 111
Spezialisten. 15 weitere Stellen werden im Jahresverlauf noch besetzt.
Bereits in den neunziger Jahren agierte im Freistaat eine
Sonderkommission Rechtsextremismus (Soko Rex), die damals ebenfalls von
Merbitz geleitet wurde.