Karlsruhe (dpa/ka-news/pol) - Zum zweiten Mal sind am Dienstagabend Anhänger der islamkritischen Pegida-Bewegung in Karlsruhe auf die Straße gegangen. Rund 200 Menschen folgten nach Polizeiangaben dem auf Facebook verbreiteten Aufruf zu Kundgebung und Demonstration.
Etwa ebenso viele Gegendemonstranten versammelten sich vor der weiträumigen Absperrung der Polizei und riefen in Sprechchören: "Hoch die internationale Solidarität".
Zuvor hatten laut Polizei rund 300 Menschen an einer Anti-Pegida-Kundgebung teilgenommen. Eine Sprecherin sagte, es gehe darum, ein Zeichen zu setzen für ein weltoffenes Karlsruhe: "Zeigen wir, dass Flüchtlinge hier willkommen sind!"
Vor einer Woche hatten Polizisten einen Aufmarsch von rund 200 Pegida-Anhängern durch das Zentrum Karlsruhes und 700 Gegendemonstranten getrennt. Dabei wurden vier Beamte leicht verletzt. Die Polizisten setzten vereinzelt Schlagstöcke und Pfefferspray ein.
Am Montagabend hatten sich in Villingen-Schwenningen im Schwarzwald bis zu 100 Pegida-Anhänger und mehr als 300 Demonstranten zu Kundgebungen versammelt. Diese blieben nach Polizeiangaben weitgehend friedlich.
Aktualisierung 20.30 Uhr:
Zwischenzeitlich kam es wohl zu Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstranten. Die Polizei Karlsruhe twitterte gegen 20 Uhr: "Einsatzkräfte an der Hirschstraße mit Steinen beworfen." Kurz zuvor appellierte die Polizei: "Unterlasst das Eier werfen auf die Einsatzkräfte und die Versammlungen !!!!"
Aktualisierung, 4. März:
Angesichts mehrerer Verletzter, darunter auch eines Polizeibeamten, sowie einer ganzen Reihe von Steinwürfen zieht der Einsatzleiter der Polizei, Polizeivizepräsident Roland Lay, nach Ende der zweiten Pegida-Demonstration und durchgeführter Gegendemonstrationen am Dienstagabend in der Karlsruher Innenstadt ein verhalten positives Fazit, so die Polizei in einer Pressemitteilung.
"Es macht betroffen, dass so viel Aggression unter den Teilnehmern festzustellen war", so Einsatzleiter Roland Lay nach Ende der zweiten Pegida-Demonstration und Gegendemonstrationen am Europaplatz. Während des zwischen 19.20 und etwa 20 Uhr durchgeführten Aufzuges kam es zunächst am Kaiserplatz wie auch kurz darauf an der Ecke Kaiser- und Hirschstraße zu Eier- und Steinwürfen durch Angehörige des linken Spektrums. Auch hier konnte die Polizei durch ihr konsequentes Dazwischentreten ein Aufeinandertreffen der Lager verhindern.
Durch die Steinwürfe wurden nach bisherigen Erkenntnissen der Polizei ein an der Kaiser- und Hirschstraße geparktes Auto sowie wenige Meter entfernt ein Schaufenster beschädigt. Im Zusammenhang mit diesem Geschehen musste die Polizei gegenüber Gegendemonstranten vereinzelt unmittelbaren Zwang anwenden. Ein Demonstrant, der eine Beamtin gegen den Helm getreten, sie aber nicht verletzt hatte, konnte unmittelbar danach festgenommen werden.
Ein weiterer Angehöriger des linken Spektrums, der bei dem Geschehen am der Hirsch- und Kaiserstraße Verletzungen erlitten hatte, wurde nach übelsten Beleidigungen der Beamten letztlich festgenommen. Kurz vor Ende der Abschlusskundgebung der Pegida auf dem Stephanplatz kam es durch linksautonome Demonstranten zu Steinwürfen. In deren Folge wurden zwei Teilnehmer der Pegida-Veranstaltung verletzt. Die Polizei konnte auch hier mehrere Steinewerfer identifizieren und festnehmen.
Nachdem die Veranstaltung auf dem Stephanplatz beendet war, kam es im Bereich des Europaplatzes durch eine Gruppe von rund 50 ursprünglich zur Pegida-Versammlung gehörenden Hooligans zu Provokationen und kurzen Zusammentreffen mit Teilnehmern der Gegendemonstration. Die Situation konnte durch starke Polizeikräfte aber umgehend bereinigt und die Lager getrennt werden. Gleichfalls am Europaplatz konnten Polizeibeamte einen zum linken Lager gehörenden und unter erheblicher Alkoholeinwirkung stehenden Mann festnehmen, der auf Umstehende und Unbeteiligte mehrere Pfefferspraysalven abgegeben hatte.
Während der Abmarschphase kam es durch rund 200 Teilnehmer des linken Spektrums schließlich noch zu einer Spontandemonstration, die sich vom Europaplatz über die Kaiser-, Fritz-Erler- und Rüppurrer Straße bis zum Bahnhofsvorplatz zog und hier gegen 21.50 Uhr beendet wurde.
Insgesamt wurden zehn Demonstrationsteilnehmer festgenommen. Diesen werden Straftaten wie Landfriedensbruch, Körperverletzung, gefährliche Körperverletzung, Sachbeschädigung, Beleidigung sowie Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte zur Last gelegt.
Kritik an Polizei
Kritik am Vorgehen der Polizei gibt es von der Grünen Jugend. In einer Pressemitteilung wirft sie der Einsatzleitung "unstrukturiertes und verantwortungsloses Vorgehen" vor. Ursache sind zwei Vorfälle, die sich laut Grüne folgendermaßen zugetragen haben sollen: Gegen Ende der Kundgebung des Netzwerks gegen Rechts auf dem Europaplatz, die von der Grünen Jugend Karlsruhe organisiert worden war, habe sich eine Gruppe von zirka 50 gewaltbereiten Demonstranten aus der Pegida-Kundgebung vom Stephanplatz gelöst und sei durch die Douglasstraße in Richtung Europaplatz direkt auf die Bühne der angemeldeten Kundgebung zugelaufen.
Nur kurz bevor es zu einem Aufeinandertreffen kam, hätten sich vereinzelte Beamte zwischen die Demonstranten des Netzwerkes gegen Rechts und die gewaltbereiten Pegida-Anhänger gestellt, so die Grüne Jugend in ihrer Pressemitteilung. Wenig später soll es Übergriffe von Pegida-Teilnehmern auf Demonstranten der Gegenkundgebung gegeben haben: "Wir konnten glücklich sein, dass es bei diesem Aufeinandertreffen keine ernsthaften Verletzten gab", kommentiert Versammlungsleiter Aljoscha Löffler den Vorfall.
"Es wurde heute von der Polizei in außergewöhnlich eskalierender Weise vorgegangen. Die Behandlung eines Patienten wurde durch die Polizei in brutaler Art unterbrochen, der Sanitäter zur Seite gestoßen und später verhaftet", kritisiert Lena Schmidt, Pressesprecherin der Sanitätsgruppe Süd-West in einer Pressemitteilung, "Wir verurteilen das Vorgehen der Polizei aufs Schärfste." Die Sanitätsgruppe Süd-West sicherte nach eigenen Angaben zusammen mit den Demosanitätern Freiburg die Gegenproteste ab. Insgesamt wurden vier Verletzte behandelt, die Sanitätsgruppe geht jedoch von einer viel höheren Dunkelziffer aus.
Polizei weist Vorwürfe zurück
Die Polizei weist die Kritik an ihrem Vorgehen zurück. Im Gespräch mit ka-news erklärt ein Sprecher: "Das Konzept der Polizei war jederzeit deeskalierend. Dieses Konzept ist insbesondere während der Veranstaltungen aufgegangen." Auch den Vorwurf, unstrukturiert vorgegangen zu sein, weist die Polizei zurück. Von Beginn an seien die beiden Gruppen voneinander getrennt worden.
Ebenso stößt die Kritik der Grünen Jugend zum Vorgehen der Polizei bei der Kundgebung am Stephanplatz bei den Beamten auf Unverständnis. Die Einsatzkräfte seien sofort eingeschritten und hätten die rivalisieren Gruppen getrennt, erklärt der Sprecher.
Vor der zweiten Kundgebung der islamkritischen Pegida-Bewegung in Karlsruhe wurde die Demo-Strecke geändert. Dies sei nötig gewesen, da bei der ersten Kundgebung in der Fächerstadt zu viele Unbeteiligte betroffen waren, so der Sprecher. Ob die Strecke des Demozuges für weitere Kundgebungen in den kommenden Wochen erneut geändert wird, stehe zum jetzigen Zeit nicht fest. Derzeit werde der Verlauf des Einsatzes am Dienstagabend aufgearbeitet.
Hinweis der Redaktion: Zum Vorwurf, Sanitäter bei der Arbeit behindert zu haben, gibt die Polizei im Laufe des Tages noch eine Stellungnahme heraus. Der Artikel wird dann aktualisiert. Derzeit ermittele man noch die genauen Umstände.
Hier geht's zur Webcam auf den Europaplatz
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