Pegida will bei OBM-Wahl kandidieren: Dresdens bürgerliches Lager zerfasert

Erstveröffentlicht: 
18.02.2015

Islamkritiker und Alternative für Deutschland verschlechtern die CDU-Chancen bei Votum am 7. Juni

Von Thomas Baumann-Hartwig


Dresden. Nun ist die Katze aus dem Sack: Das asyl- und islamkritische Bündnis Pegida will zur Oberbürgermeisterwahl in Dresden am 7. Juni mit einem Kandidaten oder einer Kandidatin antreten, wie Pegida-Frontmann Lutz Bachmann am Montagabend bei einer Kundgebung ankündigte. Es seien drei Personen in der engeren Wahl, erklärte er unter dem Jubel seiner Anhänger.


Für die Dresdner CDU ist das eine unangenehme Botschaft. Denn Dresden ist die letzte sächsische Großstadt, in der die Christdemokraten noch das Stadtoberhaupt stellen. Doch Helma Orosz (CDU) tritt Ende Februar aus gesundheitlichen Gründen ab und hat mit ihrer Entscheidung den Wahlkampf eröffnet. Vertreten wird sie bis zur Wahl ausgerechnet von Wirtschaftsbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) - der als unabhängiger Kandidat ins OBM-Rennen geht und quasi kostenlose Eigenwerbung betreiben darf.


Hilbert ist allerdings nur das eine Problem für den CDU-Kandidaten Markus Ulbig, gegenwärtig aktueller Landesinnenminister. Das zweite heißt Eva-Maria Stange. Die Kabinettskollegin vom Kunstressort mit SPD-Parteibuch tritt auch als unabhängige Kandidatin an - unterstützt von Linken, Grünen und natürlich Sozialdemokraten. Vereinigte Linke gegen gespaltenes bürgerliches Lager heißt der Wettbewerb, der durch eine Pegida-Kandidatur zusätzlich an Dynamik gewinnen dürfte.


"Nach allem, was wir über die parteipolitischen Wünsche von Pegida-Anhängern wissen, sind viele vom bürgerlichen Lager enttäuscht", sagte der TU-Dresden-Politikwissenschaftler Werner Patzelt auf Anfrage dieser Zeitung. Das bürgerliche Lager werde mit einer Pegida-Kandidatur weiter aufgesplittet, während Stange eher weniger Stimmen verlieren dürfte. "Ihre Position wird aber auch nicht wesentlich verstärkt. Sie profitiert ja schon von den zwei bürgerlichen Bewerbern."
Der Politikprofessor glaubt nicht, dass Pegida eine prominente Persönlichkeit aufbieten kann. Das spiele aber auch keine Rolle. Für das Bündnis sei eine Wahl eher ein realistischer Test: "Wie viele Leute stehen wirklich hinter ihnen? Bisher haben sie ja bloß das Votum der Straße", so Patzelt, der die angekündigte OBM-Kandidatur für einen geschickten Schachzug hält.


Pegida-Mitbegründer Bachmann kann laut übereinstimmenden Medienberichten seinen Hut nicht in den Ring werfen. Er habe wegen mehrerer Verurteilungen das Recht verloren, öffentliche Ämter auszuüben und sei nicht wählbar. Welche Personen im Gespräch sind, teilte Pegida gestern auf Anfrage nicht mit. Man werde sich in den kommenden Wochen äußern, hatte sich auch Bachmann am Montag Spielraum gelassen. Bis spätestens 11. Mai muss das Bündnis einen Wahlvorschlag im Rathaus einreichen, teilte die Verwaltung in Sachsens Landeshauptstadt mit.


Die rechtskonservative Alternative für Deutschland (AfD) könnte das bürgerliche Lager noch weiter zerfasern. Am Freitagabend tagt der Dresdner Kreisverband der Eurokritiker und will festlegen, wie man sich zur Oberbürgermeisterwahl aufstellt. Angeblich soll die AfD einen Kandidaten gefunden haben, hieß es aus gut unterrichteten Kreisen. Dann würden gleich vier Bewerber um Stimmen aus dem bürgerlichen und rechten Lager buhlen. Für die CDU könnte es da mehr als eng werden. Zumal Ulbig zwar als fachlich über jeden Zweifel erhaben gilt. Aber auch frei von Charisma.