Islamkritiker und Alternative für Deutschland verschlechtern die CDU-Chancen bei Votum am 7. Juni
Von Thomas Baumann-Hartwig
Dresden. Nun ist die Katze aus dem Sack: Das asyl- und
islamkritische Bündnis Pegida will zur Oberbürgermeisterwahl in Dresden
am 7. Juni mit einem Kandidaten oder einer Kandidatin antreten, wie
Pegida-Frontmann Lutz Bachmann am Montagabend bei einer Kundgebung
ankündigte. Es seien drei Personen in der engeren Wahl, erklärte er
unter dem Jubel seiner Anhänger.
Für die Dresdner CDU ist das eine unangenehme Botschaft. Denn Dresden
ist die letzte sächsische Großstadt, in der die Christdemokraten noch
das Stadtoberhaupt stellen. Doch Helma Orosz (CDU) tritt Ende Februar
aus gesundheitlichen Gründen ab und hat mit ihrer Entscheidung den
Wahlkampf eröffnet. Vertreten wird sie bis zur Wahl ausgerechnet von
Wirtschaftsbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) - der als unabhängiger
Kandidat ins OBM-Rennen geht und quasi kostenlose Eigenwerbung betreiben
darf.
Hilbert ist allerdings nur das eine Problem für den CDU-Kandidaten
Markus Ulbig, gegenwärtig aktueller Landesinnenminister. Das zweite
heißt Eva-Maria Stange. Die Kabinettskollegin vom Kunstressort mit
SPD-Parteibuch tritt auch als unabhängige Kandidatin an - unterstützt
von Linken, Grünen und natürlich Sozialdemokraten. Vereinigte Linke
gegen gespaltenes bürgerliches Lager heißt der Wettbewerb, der durch
eine Pegida-Kandidatur zusätzlich an Dynamik gewinnen dürfte.
"Nach allem, was wir über die parteipolitischen Wünsche von
Pegida-Anhängern wissen, sind viele vom bürgerlichen Lager enttäuscht",
sagte der TU-Dresden-Politikwissenschaftler Werner Patzelt auf Anfrage
dieser Zeitung. Das bürgerliche Lager werde mit einer Pegida-Kandidatur
weiter aufgesplittet, während Stange eher weniger Stimmen verlieren
dürfte. "Ihre Position wird aber auch nicht wesentlich verstärkt. Sie
profitiert ja schon von den zwei bürgerlichen Bewerbern."
Der Politikprofessor glaubt nicht, dass Pegida eine prominente
Persönlichkeit aufbieten kann. Das spiele aber auch keine Rolle. Für das
Bündnis sei eine Wahl eher ein realistischer Test: "Wie viele Leute
stehen wirklich hinter ihnen? Bisher haben sie ja bloß das Votum der
Straße", so Patzelt, der die angekündigte OBM-Kandidatur für einen
geschickten Schachzug hält.
Pegida-Mitbegründer Bachmann kann laut übereinstimmenden Medienberichten
seinen Hut nicht in den Ring werfen. Er habe wegen mehrerer
Verurteilungen das Recht verloren, öffentliche Ämter auszuüben und sei
nicht wählbar. Welche Personen im Gespräch sind, teilte Pegida gestern
auf Anfrage nicht mit. Man werde sich in den kommenden Wochen äußern,
hatte sich auch Bachmann am Montag Spielraum gelassen. Bis spätestens
11. Mai muss das Bündnis einen Wahlvorschlag im Rathaus einreichen,
teilte die Verwaltung in Sachsens Landeshauptstadt mit.
Die rechtskonservative Alternative für Deutschland (AfD) könnte das
bürgerliche Lager noch weiter zerfasern. Am Freitagabend tagt der
Dresdner Kreisverband der Eurokritiker und will festlegen, wie man sich
zur Oberbürgermeisterwahl aufstellt. Angeblich soll die AfD einen
Kandidaten gefunden haben, hieß es aus gut unterrichteten Kreisen. Dann
würden gleich vier Bewerber um Stimmen aus dem bürgerlichen und rechten
Lager buhlen. Für die CDU könnte es da mehr als eng werden. Zumal Ulbig
zwar als fachlich über jeden Zweifel erhaben gilt. Aber auch frei von
Charisma.