Dresden. Der Rechtsruck der islamkritischen Pegida-Bewegung in Dresden verstärkt die Sorgen um eine Zunahme fremdenfeindlicher Stimmungen in Sachsen. Allein die Rückkehr von Pegida-Gründer Lutz Bachmann mache deutlich, dass „die Gangart wieder härter werde“, erklärte die SPD-Politikerin Sabine Friedel am Dienstag in Dresden.
Die Landtagsabgeordnete erinnerte daran, dass Bachmann nach
ausländerfeindlichen Äußerungen zurückgetreten war oder darum gebeten
worden sei, um den „Patriotischen Europäern gegen die Islamisierung des
Abendlandes“ ein bürgerliches Antlitz zu verleihen. Das sei nun vorbei.
Der
in Berlin erscheinende „Tagesspiegel“ hatte am Dienstag berichtet, dass
die Zahl rassistischer Angriffe auf deutsche Asylbewerberheime
dramatisch gestiegen sei. Im letzten Quartal 2014 hätten die Behörden
bundesweit 67 rechtsextrem motivierte Straftaten registriert - mehr als
im gesamten Jahr zuvor. Die Attacken richteten sich gegen Unterkünfte
oder ihre Bewohner - sie reichten von Volksverhetzung bis zu Angriffen
mit Waffen oder Brandsätzen.
Konfliktforscher und Migrantenorganisationen sehen nicht nur einen
Zusammenhang mit den gestiegenen Flüchtlingszahlen. Sie vermuten auch,
dass die Pegida-Kundgebungen den Nährboden für diese Delikte bereitet
haben. Der Dresdner Politologe Hans Vorländer warnte vor einem Erstarken
der neuen deutschen Rechten durch Pegida. Nach der Rückkehr Bachmanns
an die Spitze seien „Versuche einer völkisch- deutsch-nationalen, einer
deutlich rechten Orientierung zu finden“, sagte der Professor der TU
Dresden am Dienstag. Darin seien Anklänge an nationale und konservative
Bewegungen vom Ende der 20er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts zu
erkennen. „Und darin sehe ich langfristig eine Gefahr.“
Der
Linken-Partei- und Fraktionschef Rico Gebhardt sieht trotz sinkender
Teilnehmerzahlen bei Pegida keinen Grund zur Entwarnung. „Politik muss
die wachsende Kluft zwischen oben und unten überwinden, sonst herrscht
kein sozialer Frieden in der Gesellschaft“, sagte er. Die aktuellen
Zahlen seien nicht entscheidend. Pegida habe den Zulauf zu einem
Großteil der Unzufriedenheit zu verdanken, deren Ursache ungelöste
soziale Probleme seien.
Grünen-Fraktionschef Volkmar Zschocke
betonte: „Mich beruhigt der Rückgang nicht. Ich lebe zu lange hier, um
zu wissen, dass fremdenfeindliche Einstellungen jederzeit in neuem
Gewand auftauchen können.“ Allerdings waren von Zschocke und anderen
auch optimistische Töne zu vernehmen. „Dennoch glaube ich daran, dass
Weltoffenheit und Vielfalt stärker in der sächsischen Gesellschaft
verankert sind als Ablehnung des Fremden“, so der Grünenpolitiker.
Die
SPD-Politikerin Friedel geht davon aus, dass man den harten Kern von
Pegida nicht so schnell von der Straße bekommt. Parteien, Verbände und
Organisationen müssten ungeachtet sonstiger Unterschiede in den
Auffassungen eine einheitliche Haltung gegenüber Pegida zeigen. Das habe
zuletzt schon gut funktioniert.
Pegida hatte nach der Spaltung
Ende Januar am Montag erstmals wieder in Dresden eine Kundgebung
abgehalten. Nach Polizeiangaben kamen 2000 Menschen, beim letzten
Meeting zuvor waren es noch 17.000. Ex-
Sprecherin Kathrin Oertel
und fünf weitere Führungsmitglieder kehrten Pegida nach
Personalquerelen und anderen Streitigkeiten den Rücken. Die von ihnen
gegründete Initiative „Direkte Demokratie Für Europa (DDFE)“ schlägt
deutlich moderatere Töne an und sucht im Unterschied zu Pegida einen
Dialog mit der Politik. Allerdings kamen zur ersten Kundgebung von DDFE
am Sonntag nur etwa 500 Menschen. Der Initiative werden deshalb kaum
noch Chancen eingeräumt.