Militante Kader-Truppe

DR-Chef Worch, Forderungen nach einem Verbot seiner Neonazi-Partei werden lauter
Erstveröffentlicht: 
03.02.2015

Die Partei „Die Rechte“ agiert offen neonazistisch und antisemitisch – Forderungen nach einem Verbot der Minigruppierung, die derzeit bundesweit ihre Strukturen ausbaut, mehren sich.

 

Der „antisemit.it“-Versand hat derzeit einen potenziellen Renner im Angebot. Nur „solange der Vorrat reicht“ gibt’s bei dem Internethandel, den Michael Brück, der stellvertretende „Die Rechte“-Vorsitzende in NRW, betreibt, Mützen der griechischen Neonazi-Partei „Goldene Morgenröte“. So etwas trägt man in braunen Kreisen gerne – nicht nur weil das Logo der „Kameraden“ mit etwas Abstand an ein Hakenkreuz erinnert, sondern auch, weil sie gerade so erfolgreich sind und bei der Parlamentswahl drittstärkste Kraft wurden. Das imponiert Neonazis, die zuhause nicht mehr als eine Minipartei und Splittergruppe sind.

 

Die Mützen sind ein Mitbringsel aus Athen. Dorthin reisten am vorigen Wochenende Vertreter von Brücks Partei, um wie in den beiden Jahren zuvor an einem Aufmarsch der „Goldenen Morgenröte“ teilzunehmen. Begeistert postete „Die Rechte“-Bundesvize Christoph Drewer bei Facebook Fotos der Demonstration einiger Tausend griechischer Neonazis, Parteifahnen schwenkend und mit Pyrotechnik zündelnd.

Im Sog des „Protests“ und der „Massen“ mitzuschwimmen, das hatte „Die Rechte“ in den letzten Wochen und Monaten auch bei Veranstaltungen der „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Pegida) und der „Hooligans gegen Salafisten“ versucht. Bei der Hooligan-Randale in Köln waren Mitglieder der Partei am Start, und mehrfach reisten „Kameraden“ – unter anderem aus Dortmund – nach Dresden zur Keimzelle aller Pegida-Aktionen.

 

In Duisburg bei der „offiziellen“ Pegida-Veranstaltung dabei

Auch bei regionalen Aktionen waren „Die Rechte“-Akteure mit von der Partie: die aus Bautzen bei Hoygida in Hoyerswerda, die aus Braunschweig beim heimischen Bragida, die aus München bei Bagida. Die aus Nordrhein-Westfalen fuhren zu Dügida nach Düsseldorf, bis allzu deutlich wurde, dass mit der mehr und mehr abbröckelnden Truppe rund um „pro NRW“-Vorstandsmitglied Melanie Dittmer schon rein quantitativ kein brauner Staat zu machen ist. Seither geht’s nach Duisburg zur „offiziellen“ Pegida-Veranstaltung in Nordrhein-Westfalen.

Brück war es, der die Werbetrommel rührte. Nach einem Sachsen-Ausflug Anfang Januar erklärte er: „Über 20 000 Leute sind heute in Dresden bei der Pegida-Demonstration auf die Straße gegangen. Es werden immer mehr, aber wir im bevölkerungsreichsten Bundesland müssen nachlegen und endlich auch Zahlen wie in Mitteldeutschland erreichen.“ Dafür nahm er einiges in Kauf: Die Pegida-Organisatoren in NRW seien „wahrlich nicht das Gelbe vom Ei (um es noch beschönigend auszudrücken)“, notierte er und bemängelte im Speziellen das „ganze Gequatsche von Israelsolidarität, Distanzierungen von ,Rechtsextremisten und Hooligans'“ und das „übermäßige Abfeiern der eingesetzten Polizeibeamten“.

Solche Abgrenzungsversuche der Pegida-Organisatoren können der Dortmunder Filiale der Neonazi-Partei nicht gefallen. Sie setzt auf blanken Antisemitismus und lässt etwa ihren Stadtvertreter im Rat fragen, wie viele Juden in der Stadt leben und in welchen Vierteln sie wohnen. Abstand zu Hooligans ist nicht erwünscht – schließlich steht mit Siegfried Borchardt der bundesweit bekannteste Neonazi-Hool an der Spitze des DR-Kreisverbandes. Und auch das Bekenntnis zu legalem Vorgehen nimmt man der „Rechten“ weniger denn je ab. Gerade eben erst, am Montagabend, hat die Polizei im Dortmunder Stadtteil Dorstfeld sieben Neonazis unter dem Verdacht des Landfriedensbruchs vorübergehend festgenommen. Der Großteil der Gruppe war offenbar von der Pegida-Demo in Duisburg zurückgekehrt, wo sie mit Parolen wie „Deutschland den Deutschen – Ausländer raus!“, „Ali, Mehmet, Mustafa – geht zurück nach Ankara“ oder „Ein Hammer, ein Stein, ins Arbeitslager rein!“ auf sich aufmerksam gemacht hatten. Zuhause in Dorstfeld entwendeten sie nach Angaben der Polizei aus einem Kiosk Flaschen, die sie als Wurfgeschosse einsetzten – angeblich, so die Neonazi-Lesart, um sich gegen „Linksextremisten“ zu wehren.

 

Bundesregierung verfolgt intensiv die Verbotsvoraussetzungen

Waren die Mitglieder des Dortmunder „Die Rechte“-Kreisverband zunächst bemüht, strafrechtlich zumindest nicht aufzufallen, deutet sich seit einigen Monaten die Rückkehr zu aggressiverem Vorgehen an. Dazu gehört der Versuch, journalistische Beobachter der Szene einzuschüchtern. Ende vergangenen Jahres sollte etwa gegen einen Journalisten der örtlichen „Ruhr-Nachrichten“ demonstriert werden. Aktuell verschicken Unbekannte fiktive „Todesanzeigen“ an Medienvertreter. „Ein besonderer Dank geht an das Bestattungsinstitut ,Müllverbrennungsanlage' für die würdevolle Bestattung“, hieß es in einer von ihnen. Einem zweiten Journalisten wird avisiert, er werde „nach langem schweren Kampf gegen die Nationalen Aktivisten demnächst ganz ekelig verrecken“. „Brenne JUDE Brenne“, wird einem anderen gedroht.

Derweil mehren sich die Forderungen nach einem Verbot der Partei „Die Rechte“. Auch den Bundestag und die Bundesregierung haben sie inzwischen erreicht. „Die im Rahmen der Beobachtung durch die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder erlangten Erkenntnisse werden kontinuierlich unter verschiedenen Aspekten, auch im Hinblick auf eine Relevanz für ein mögliches Verbot, analysiert“, heißt es in der Mitte Januar veröffentlichten Antwort des Innenministeriums auf eine Anfrage mehrerer Abgeordneten der Linken. Mit Blick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Frage eines Verbots der FAP („Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei“) aus den 90er Jahren und auf die noch ausstehende Entscheidung zum NPD-Verbotsverfahren verfolge die Bundesregierung die Entwicklung der Partei in Bezug auf die Verbotsvoraussetzungen intensiv.

 

„Nationalsozialismus – Was ist das eigentlich?“

Unterdessen baut Christian Worchs Partei, die rund 500 Mitglieder zählen soll, ihre Strukturen aus. Nach eigenen Angaben verfügt sie mittlerweile über neun Landesverbände und 20 Gliederungen auf Kreisebene. In NRW existieren demnach zehn Kreisverbände, in Niedersachsen vier, in Baden-Württemberg und Bayern jeweils zwei, in Brandenburg und Sachsen-Anhalt jeweils einer. Jüngster Kreisverband ist der in Nürnberg, der am 25. Januar gegründet wurde.

Wer in der „Stadt der Reichsparteitage“ Regie führt, verriet „Die Rechte“ nicht – als „Tagungspräsident“ fungierte dort der Münchner Kreisvorsitzende Philipp Hasselbach. Was die ideologische Orientierung anbelangt, lässt der Veranstaltungsbericht aber wenig Fragen offen. Vor den angeblich „circa 20 Mitgliedern und Interessierten“ referierte Hartmut Wostupatsch. Sein Thema: „Nationalsozialismus – Was ist das eigentlich?“ Ins Detail gehen mochte die Partei in ihrem Bericht nicht: „Aus juristischen Gründen – und mangels tatsächlicher Meinungsfreiheit in der Bundesrepublik Deutschland – wird der Inhalt des Vortrags an dieser Stelle nicht weiter ausgeführt.“