Einladung zum 125. Jour Fixe am Mittwoch, 4.2. um 18 Uhr 30, diesmal im Centro Sociale, Sternstr. 2 (U-Bahn Feldstr.)
Anja Röhl: Ein neuer Blickwinkel auf Ulrike Meinhof
Buchlesung mit Anja Röhl: "Die Frau meines Vaters. Erinnerungen an Ulrike Meinhof"
Als Tochter aus erster Ehe Klaus Rainer
Röhls lernt Anja im Alter von fünf Jahren die neue Freundin
und spätere Frau ihres Vaters kennen: Es ist Ulrike Meinhof.
Es entsteht eine unerwartet intensive Beziehung, die über
Jahre anhält, auch als Ulrike Meinhof in Isolationshaft in
Kölln Ossendorf und später in Stammheim einsitzt. Anja Röhl
besucht sie im Gefängnis, erhält von ihr Briefe.
Das Buch ist eine literarische Verarbeitung von Erinnerungen an Ulrike Meinhof: Diese Erinnerungen werden auf dem Hintergrund von Kindheitserlebnissen in Erziehungsinstitutionen, dem Postfaschismus der Adenauer-Ära, fehlender Elternkompetenz der Kriegs- und Führerkinder, und der Zeit der Studentenproteste während des Kalten Krieges chronologisch aufgeblättert.
Dies geschieht aus Sicht eines Kindes, einer Jugendlichen, einer jungen Frau. In Hamburg, in Westdeutschland, zwischen 1958 und 1976. Die Erinnerungsstücke fügen sich in äußerster Verdichtung wie Filmszenen montagehaft zusammen.
Die familiäre Begegnung mit der
historischen Person Ulrike Meinhof, die in ihrem
journalistischen Wirken gegen die Wiederbewaffnung, gegen
die Notstandsgesetze und als Vordenkerin der Überwindung des
Kalten Krieges, aber auch mit vielen
pädagogisch-emanzipativen Aspekten in dem Buch mehr und mehr
Raum gewinnt, wirkt durch rückhaltlose Subjektivität
authentisch und gewinnt durch Authentizität an Wahrheit.
Eine Wahrheit, die sich gegen die bisherige familiäre
Deutung dieser historischen Person stellt und ebenso gegen
den Bann, den die bürgerliche Gesellschaft über diese, für
die junge Bundesrepublik bedeutungsvolle Intellektuelle und
Widerständlerin bis heute verhängt hat.
Wir machen dieses Jour Fixe mit Anja
Röhl, obwohl das Thema auf den ersten Blick nicht ins Schema
unserer bisherigen Veranstaltungen paßt, unsere Ausrichtung
auf Arbeitsplatz und Betriebe. Aber: Die ältere Generation
heute ist geprägt durch die 68er Bewegung, die
Studierendenbewegung, die in Wirklichkeit eine
Jugendbewegung war, weil die Masse der Akteure junge
Arbeiter, Lehrlinge und Angestellte waren und nur die
"Gesichter" von Studenten gestellt wurden. Ulrike Meinhof
hat mit ihrem publizistischem und praktischem Wirken zur
Entstehung der Jugendbewegung beigetragen. Ihre Kolumnen in
Konkret sind beispielhaft dafür. Wir erleben einen
spannenden Abend mit einem neuen Blickwinkel auf Ulrike
Meinhof - durch Anja Röhl.
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