Am frühen Morgen des 7. Oktobers wurde ein Stuttgarter Antifaschist durch ein vermummtes Polizeiaufgebot in seiner Wohnnung festgenommen. Darauf folgte eine 22 tägige Untersuchungshaft in der JVA Stammheim. Im Zuge einer Haftprüfung vor dem Stuttgarter Amtsgericht wurde die Haft am Donnerstag, den 29. Oktober gegen eine Kaution von 3000 Euro und weitergehenden Auflagen außer Vollzug gesetzt.
Vorgeworfen wird dem Antifaschisten, am Abend des 22. September an
einer Auseinandersetzung mit Neonazis in Stuttgart-Zuffenhausen
beteiligt gewesen zu sein. Drei Neonazis wurden hierbei verletzt. Die
Polizei konnte an diesem Abend keine weiteren an der Auseinandersetzung
Beteiligten festnehmen.
Festnahme und Untersuchungshaft des Antifaschisten erfolgten 15 Tage
nach dem Vorfall einzig und allein aufgrund von Aussagen der drei
Neonazis. Der polizeiliche Staatsschutz in Person von Herrn Bartels
legte diesen zu Vernehmungen eine größere Auswahl an Portraitfotos vor,
auf denen ausschließlich migrantische Linke abgebildet waren. Die
Neonazis geben vor, den beschuldigten Antifaschisten hier als Angreifer
wiedererkannt zu haben.
Dass vier weitere Zeugen während der Auseinandersetzung anwesend waren,
wurde im Laufe der einseitigen polizeilichen Ermittlungen nicht weiter
beachtet.
Gleichzeitig gibt es mehrere Entlastungszeugen, die ein Alibi des
Antifaschisten für den Zeitpunkt der Auseinandersetzung unabhängig
voneinander bestätigen.
Zur Haftprüfung vor dem Stuttgarter Amtsgericht am Vormittag des 29.
Oktobers war zudem eine DNA-Analyse von Gegenständen, die im Laufe der
Auseinandersetzung benutzt wurden, vorliegend. Diese brachte keine
Hinweise auf eine Beteiligung des Festgenommenen.
Der vorsitzende Richter entschied hier, dass die Haft aufgrund
mangelnder Beweislast vorerst außer Vollzug gesetzt werden müsse. Der
Staatsanwalt Biehl sprach sich für die Fortsetzung der
Untersuchungshaft aus und legte Beschwerde gegen das Urteil ein. Der
Prozess gegen den angeklagten Antifaschisten, der Vater eines 4 Monate
alten Kindes ist, hat weiterhin Bestand.
Hanna Stein, Pressesprecherin der Antifaschistischen Aktion (Aufbau) äußert zu den Ereignissen:
“Das Vorgehen der staatlichen Repressionsorgane gegen den
Antifaschisten ist sicherlich ein Skandal. Ohne Beweise, einzig
aufgrund von Aussagen bekannter Faschisten gegen ihre politischen
Gegner, willkürlich eine mehrwöchige Untersuchungshaft zu verhängen,
lässt sich nur als klaren Versuch erklären, aktive AntifaschistInnen
einzuschüchtern und zu demotivieren. Dieser Fall stellt allerdings nur
die Spitze des Eisberges dar. Ein derartiges Bestreben von Seiten der
Stuttgarter Staatsanwaltschaft ist nichts neues. Die vehemente
Verfolgung von NazigegnerInnen durch das Verbot antifaschistischer
Symbole und Infostände, durch Hausdurchsuchungen und ständige Prozesse
gegen AntifaschistInnen aufgrund konstruierter Vorwürfe sind nur einige
Ausdrücke einer mehr als fragwürdigen politischen Linie.
Wir erklären uns solidarisch mit dem, von gezielter Repression
betroffenen, Antifaschisten. Es ist nicht hinzunehmen, dass der
notwendige und legitime antifaschistische Widerstand angegriffen und
diffamiert werden soll. Gerade im Hinblick auf wachsende
Naziaktivitäten, gilt es antifaschistisches Engagement auf allen Ebenen
und mit vielen Mitteln weiter aufzubauen und zu etablieren.