Gegendemonstranten stoppten am Montag die rechte Pegida-Demo in Dresden. Ein Erfolg, der zeigt, dass eine wirksame Reaktion in Sachsen nur aus der Zivilgesellschaft kommen kann. Denn die CDU-Regierung scheut traditionell klare Bekenntnisse gegen Rechts.
Mit rechten Großaufmärschen hat Dresden Erfahrung. Über Jahre war der Jahrestag der Bombardierung vom 13. Februar 1945 ein Fixpunkt im Terminkalender der extremen Rechten. Teilweise marschierten bis zu 7000 Neonazis durch die Stadt. Eine ähnliche Größe haben mittlerweile auch die montäglichen Protestmärsche der Pediga erreicht, der „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“.
Dahinter verbirgt sich eine Mischung aus Rechtsextremen und zumindest rechtsoffenen Bürgern, die vorgeblich gegen Salafisten und einen wachsenden radikalen Islamismus demonstriert, tatsächlich aber von einer breiten Ablehnung gegen Flüchtlinge und den gesamten Islam getragen wird.
Am Montagabend gelang es nun erstmals 1200 Gegendemonstranten, den Pegida-Protest mit einer friedlichen Blockade zu stoppen und so die Abschlusskundgebung vor der Semperoper zu verhindern. Ein wichtiges Zeichen. Denn wie bei den „Gedenk“-Aufmärschen der extremen Rechten kann eine wirksame Reaktion nur aus der Mitte und Linken der Bevölkerung kommen. Auf die sächsische Politik können sie dabei erfahrungsgemäß kaum zählen.
Schweigen hat Tradition
So wurden die erfolgreichen Massenblockaden in den Jahren 2009 bis 2011 gegen die Nazi-Aufmärsche zum 13. Februar, die dafür gesorgt haben, dass der Großaufmarsch mittlerweile der Geschichte angehört, von der CDU-geführten Landesregierung bis heute nicht politisch gewürdigt. Stattdessen wurde und wird mit erheblichen polizeilichen und juristischem Aufwand versucht, die Gegenproteste zu kriminalisieren. Der geplatzte und zur Peinlichkeit gereifte Prozess gegen den Jenaer Jugendpfarrer Lothar König zeigte, auf welch dünnem Eis sich die Dresdener Anklagebehörde dabei bewegt.
Auch bei den Fackelmärschen durch das erzgebirgische Schneeberg im vergangenen Herbst bekleckerte sich die schwarz-gelbe Landesregierung nicht mit Ruhm. Damals demonstrierten wochenlang Bürger unter der Federführung der NPD gegen eine Außenstelle der Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Chemnitz. Aus Dresden gab es dazu lange Zeit überhaupt keine Reaktion. Gegendemonstranten wurden allein gelassen. Erst nach Wochen kamen aus der Staatskanzlei vorsichtige Mahnungen zu Toleranz gegenüber den Schutzsuchenden.
Die hat Ministerpräsident Stanislaw Tillich diesmal immerhin schon nach sieben Wochen Pegida-Protest geäußert. Ein klares Signal, wie es die Teilnahme an den Gegenprotesten wäre, ist dies allerdings nicht. Zumal die sächsische Landesregierung mit populistischen Aktionen wie der angekündigten Sonderkommission gegen kriminelle Asylbewerber andernorts sogar den Geist der Pegida-Demonstranten bedient.
Fehlende Konfrontation stärkt AfD
Wünschenswert wäre eine argumentative Auseinandersetzung der Regierung mit den Protesten – denn die wäre ein Leichtes. Salafisten, das vorgebliche Feindbild der Pegida, spielen in Sachsen kaum eine Rolle. Der Verfassungsschutzbericht zählte 2013 ganze 100 Salafisten und die vornehmlich in Leipzig, wo sie außerhalb ihrer Moschee bisher kaum in Erscheinung traten.
Der Anteil an Asylbewerbern, denen Straftaten zur Last gelegt werden, ist marginal und an einer Überfremdung leidet Sachsen ganz sicher nicht. Eher an einer fehlenden interkulturellen Kompetenz einiger Bürger, denen schlicht der Kontakt zu Menschen anderer Kulturen fehlt. So liegt der bundesweite Ausländeranteil bei 8,2 Prozent, in Sachsen sind es nur 2,2 Prozent. Eine entsprechend geringe Rolle spielt auch der Islam.
Doch vor der inhaltliche Auseinandersetzung schreckt die CDU-geführte Landesregierung ebenso zurück, wie vor einem klaren politischen Signal. Über die Gründe kann spekuliert werden. Kurzfristig will die CDU vermutlich keine Wähler verschrecken. Langfristig schneidet sich die damit jedoch ins eigene Fleisch. Denn Proteste wie in Schneeberg oder in Dresden sind der Nährboden auf dem in diesem Jahr der Wahlerfolg der AfD gewachsen ist. Diesen könnte man am besten mit Argumenten und einer klaren Abgrenzung gegenüber rechtem Gedankengut versalzen.