Thessalia zu Prag darf auf Veranstaltungen zum Volkstrauertag in Bayreuth nicht teilnehmen
Bayreuth hat die Burschenschaft Thessalia zu Prag von Veranstaltungen zum Volkstrauertrag ausgeschlossen – weil sie einem Neonazis mit NSU-Verbindungen Unterschlupf gewährt haben soll.
Von Sebastian Haak
Während Vertreter der rechtslastigen Deutschen Burschenschaft in Eisenach weiterhin ihren jährlichen Burschentag abhalten können, hat die Stadt Bayreuth die Burschen von Thessalia zu Prag nicht mehr zur Teilnahme am Volkstrauertag eingeladen. Der Stadtrat hatte unlängst beschlossen, der Vereinigung keine Einladung zu der offiziellen Veranstaltung für diesen Tag zukommen zu lassen, der am Sonntag in Deutschland begangen worden war. Thessalia zu Prag wird als Mitgliedsbund im Dachverband Deutsche Burschenschaft (DB) zu den Studentenverbindungen gerechnet, die eine Scharnierfunktion zwischen konservativen und rechtsextremen Kräften haben. Nur Tage zuvor hatte bereits das Studierendenparlament der Universität Bayreuth beschlossen, Thessalia zu Prag von einer Hochschulveranstaltung auszuschließen – wegen ihrer rechtslastigen Ausrichtung.
Hintergrund für die Entscheidung des Stadtrates sind Medienberichte, nach denen der Thüringer Neonazis Mario B. zwischen 1997 und 2008 in einem Verbindungshaus der Burschenschaft wohnte. Die meisten deutschen Studentenverbindungen unterhalten solche Immobilien, um ihren Mitgliedern Wohnraum anbieten zu können. Kritiker der rechten Burschen sehen das als einen weiteren Beweis dafür, wie sehr Teile der Burschenschaften in rechtsextreme Netzwerke eingebunden sind. Der Fall könnte auch bald den Bayerischen Landtag beschäftigen.
B. gilt für die 1990er und mindestens Teile der 2000er Jahre als einer der einflussreichsten Rechtsextremen Thüringens. Der Mann aus Ostthüringen war Vizechef des Thüringer Heimatschutzes (THS), aus dem auch das Terrortrio NSU aus Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt hervorging. Gegründet worden war der THS vom Rechtsextremen und V-Mann-Spitzel Tino Brandt. Zudem soll B. Ende der 1990er Jahre eine Flucht des Trios nach Südafrika geplant haben – und das zu einer Zeit, in der er bei der Burschenschaft wohnte: Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe waren im Januar 1998 in den Untergrund gegangen, nachdem ihre Bombenwerkstatt in Jena aufgeflogen war. Unmittelbar danach hatte es Überlegungen gegeben, die drei nach Afrika zu schaffen. Diese Pläne wurden später allerdings verworfen.
Zu denen, die die Entscheidung des Stadtrats Bayreuth begrüßen, gehört Christoph Rabenstein, SPD-Abgeordneter im Bayerischen Landtag. Bayreuth setze so ein deutliches Zeichen gegen rechtsextremes Gedankengut, sagt er. Zugleich plädiert der Sozialdemokrat dafür, erstens die Verbindungen von Thessalia zu Prag zu B. wie auch die Burschenschaft insgesamt »im Auge zu behalten« und zweitens beides im Bayerischen Landtag zum Thema zu machen.
Thessalia zu Prag räumte inzwischen in einer Stellungnahme ein, dass B. Mitglied der Burschenschaft war und im Haus der Studentenverbindung wohnte. Angaben dazu, wann er Thessale wurde, wie er aus der Burschenschaft ausschied und in welchem Zeitraum er in dem Verbindungshaus wohnte, machen die Burschen nicht. In dem Text beteuern die Vertreter der Burschenschaft, sie hätten niemals eine Terrororganisation unterstützt. Stattdessen sei man der Ansicht, »dass die ehemalige Mitgliedschaft des Herrn B. innerhalb der Diskussion um die Teilnahme unserer Burschenschaft an der Gedenkveranstaltung zum Volkstrauertag in Bayreuth instrumentalisiert wurde«.
Nachdem die DB auf dem Burschentag in Eisenach 2011 darüber debattiert hatte, nur noch solche Mitglieder in ihren Reihen zu dulden, die »deutscher Abstammung« sind – etwas, das Kritiker als Forderung nach der Vorlage eines »Ariernachweises« bezeichnet hatten –, sind die Studentenverbindungen dieses Dachverbandes heftiger öffentlicher Kritik ausgesetzt. Mehrere Städte haben DB-Burschenschaften deshalb seitdem die Nutzung öffentlicher Einrichtungen untersagt. Innsbruck etwa hatte der DB Ende 2013 nicht gestattet, eine Tagung in der dortigen Stadthalle zu veranstalten. Zuletzt war in verschiedenen Medien darüber berichtet worden, dass ein Entwurf für einen Arierantrag von Thessalia zu Prag stammen soll.
Alle Versuche, die Deutsche Burschenschaft aus dem öffentlichen Raum Eisenachs zu verdrängen, sind dagegen bislang gescheitert, obwohl unter anderem Eisenachs Oberbürgermeisterin Katja Wolf (Linkspartei) den politischen Willen dazu hat. Die DB-Burschen kommen seit Jahren immer im Frühjahr in der Stadt in Westthüringen zusammen. Der Burschentag ist eine der wichtigsten Veranstaltungen des Dachverbandes überhaupt. Dabei nutzen die Burschen auch die städtische Werner-Aßmann-Halle. Rechtsgrundlage dafür ist ein Vertrag, der unter Wolfs Vorgänger geschlossen wurde und noch bis Ende 2017 läuft.