Die Veranstaltung der Alternative für Deutschland (AfD) lockte keine 20 Gäste an. Zum Glück, ließe sich sagen, denn einige Äußerungen am Abend bewegten sich ganz, ganz nahe an der Leugnung des Holocaustes.
Stockelsdorf. Die Alternative für Deutschland (AfD) hat bei den jüngsten Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen beachtliche Erfolge gefeiert. Auch in Ostholstein steht die AfD gut da — bei den Europawahlen im Mai holten die Polit-Newcomer starke 7,8 Prozent. Die AfD-Vortragsveranstaltung „Deutsche Selbstwahrnehmung“ im Stockelsdorfer Herrenhaus war allerdings nur dünn besucht.
Im ersten Stock sitzen insgesamt 17 Menschen — 15 Männer, zwei Frauen. Eine Zuhörerin mit Perlenarmband erzählt nicht ganz ohne Stolz, dass AfD-Gründer Bernd Lucke der Professor ihrer Tochter war.
Hier darf wohl wirklich jeder seine Meinung sagen.
„Mut zu Deutschland“ steht auf der Leinwand. Dirk Helms, Mitglied des AfD-Kreisverbandes Stormarn, beginnt seinen Vortrag. Erst blickt er auf Frankreich und Großbritannien. Die „wachsende Zahl der Muslime“ sei zwischen Lille und Marseille auffällig — dort denke man, man sei in Afrika.“ Er spricht vom „ Einnisten anderer Kulturen“. Als er über die deutschen Politiker redet — „Wir dürfen uns von denen nicht verscheißern lassen!“ — ruft ein Mann aus der ersten Reihe: „Die lügen mich jeden Tag an! Und deshalb bin ich hier!“ Als „völlig entwurzelt“ wird die Antifa bezeichnet.
Das Szenario, in dem sich die BRD befinde, erklärt Helms in 60 Minuten. Das Volk sei in Bezug auf seine Identität „völlig verunsichert“ und werde täglich manipuliert. Die Medien missbräuchten ihre Macht und verbreiten Unwahrheiten. Unterdrückung sei an der Tagesordnung und am „Schicksal“ der ehemaligen Tagesschau-Sprecherin Eva Herman, die wegen ihrer positiven Äußerungen über die Mutterrolle im Dritten Reich ihren Job verlor, zu sehen. Der Beginn des Zweiten Weltkrieges sei, entgegen der Forschungsmeinung, nicht von Hitler geplant gewesen. Die Alliierten hätten eine „erbarmungslose Propaganda“ verfolgt. Dann zitiert er Carl Schmitt, einen Juristen, der wegen seines Einsatzes für die Nationalsozialisten höchst umstritten ist.
Seine Ausführungen gehen weiter: Im Konzentrationslager Dachau seien erst im Nachhinein von den Alliierten Gaskammern eingerichtet worden — um zu täuschen. Dann berichtet er von einem angeblichen KZ-Überlebenden, der Schülern eine ausgedachte Geschichte erzählt habe, jedoch nie ein KZ von innen gesehen habe. Nach dem Vortrag gibt‘s Applaus, aber auch ein wenig Kritik.
„Es erweckt den Eindruck, dass Sie das Dritte Reich bagatellisieren“, sagt Günther Kienitz von der AfD kritisch. Das sieht Dirk Helms anders. „Geschichte muss man eben ganz genau beleuchten“, entgegnet Helms knapp.
In dieser Partei kann wirklich alles gesagt werden.
Elena Vogt