Baskenlandveranstaltung am 25.9.2009 in Bochum

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Am 25.9. fand im Soziokulturellen Zentrum "Bahnhof Langendreer" eine Veranstaltung mit Ralf Streck zur derzeitigen Situation im Baskenland statt. Der Journalist Ralf Streck war schon einmal auf Einladung des Polit-Cafès Azzoncao im November 2006 im Bochumer "Bahnhof Langendreer" und hatte unter dem Titel "Spanien heute - emanzipatorische Bewegungen, Linke, Antifaschismus" zur aktuellen Situation in Spanien referiert. Auch die jetztige Veranstaltung wurde von der Gruppe Azzoncao und dem Bahnhof organisiert. Mit fast 40 Personen war sie gut besucht.

 

Über die Hälfte der Anwesenden waren örtliche Jugendantifas. Diverse "unorganisierte" Menschen bildeten das weitere Publikum. Ralf Streck ging zunächst auf die historischen Wurzeln des Konflikts ein, berichtete über den Bürgerkrieg und die lange Zeit des Kampfes gegen die faschistische Diktatur Francos. Die Enttäuschung auf Seiten der baskischen Linken über die bereitwillige Integration von Kommunisten und Sozialisten in dem von Franco installierten Post-Francismus in Form einer konstitutionellen Monarchie ohne einen Hauch der Ent-Faschisierung.
Den Terror, den  ihre ehemalige Bündnispartner, die  Sozialisten der PSOE, in den 80ziger Jahren mit Hilfe von Todesschwadronen gegen die
baskische Linke führte. Usw. Ein längerer Zeitraum wurde der Politik der spanischen Zentralregierung gewidmet. Wie diese in den letzten Jahren über  Zeitungs- und Parteienverbote jegliche Form demokratischer Meinungsfreiheit, Willensbildung und Organisationsfreiheit systematisch unterbindet und es mit einer aberwitzigen Repression schafft, in Spanien eine neoliberale Demokratie, im Baskenland aber eine Form der faschistischen Diktatur zu erhalten. Wie spanische Nazis und Falangisten im Windschatten der Regierung beginnen Terror gegen die baskische Linke auszuüben.

Unter den Anwesenden waren mehrere Personen, die mehr Wissen und Erfahrungen zum Baskenland besaßen als die meisten der Anwesenden. Mit ihnen entspann sich eine rege Diskussion über das Vorgehen der baskischen Linken in Detailfragen. Aber auch dem Interesse vieler Neueinsteiger zu diesem Thema wurde nachgegangen. Dabei war es für die Meisten interessant, über die Thematik des Baskenlands in Hinsicht auf das Konstrukt des Nationalismus zu diskutieren. In wieweit geht es darum soziale Verbesserung und gleiche Rechte zu erkämpfen - oder einen eigenen Staat, der sich nur nuancenhaft von dem spanischen unterscheidet? Ist der Begriff vom Baskenland ein ein- und ausschließender, d.h. ein wertender und auf Ungleichheit basierender? Ist er gar an Blut und Boden, das heißt rassistisch und völkisch aufgeladen? All diese Thematiken wurden angeschnitten.

Zu kurz kam leider, wie man den spanischen Staat zu bewerten hat und welche Stellung man zu ihm einnehmen sollte. Was man von den europäischen Regierungen, der EU, sowie von den Medien zu halten hat, die bereit sind, innerhalb Europas einen derart faschistisches Vorgehen
zu tolerieren, bzw. dieses auch zu flankieren. Was ist das Interesse der europäischen Staaten, Spanien nicht an die Demokratie zu verpflichten?
Welches Interesse verfolgen die Staaten und die EU damit, diesen Konflikt eskalieren zu lassen? Sollen Gewaltszenarien erzeugt bzw. erhalten werden, die den durch die Medien desinformierten Menschen eine Bedrohung von Innen und Außen erscheinen lassen, damit diese in der
anstehenden ökonomischen Krise in der Ideologie und Praxis eines starken Staats ihre Zuflucht suchen? Ein europaweites Konzept der
Konfliktregulation des Kapitals?

Die Möglichkeiten in diesen Prozessen und Konflikten mit eigenständigen Positionen einzugreifen und sich solidarisch gegenüber linken Strukturen und Menschen zu verhalten, wurde leider nur in privaten Gesprächen erörtert.

Alles in Allem kann man noch sagen, dass derartige Veranstaltungen viel zu selten stattfinden. Und das die hohe Teilnahme von Jugendlichen unter 20 Jahren das Bedürfnis widerspiegelt mehr über die Welt zu erfahren, jenseits der Nationalismen.





Buchempfehlungen:
http://www.kurdistan-rundbrief.de/2004/kr040211.html#Artikel7
http://www.berriak-news.de/index.php?option=com_content&view=article&id=...

http://www.nadir.org/nadir/initiativ/azzoncao/erinnerungen.html
http://www.nadir.org/nadir/initiativ/azzoncao/huye.html


Ebenfalls lesenswert:
http://de.indymedia.org/2009/09/262180.shtml


Azzoncao, ein Polit-Café