Unterbringung im "Partyzelt" - Bayerns Umgang mit Flüchtlingen!

Zelt in der Frankenstraße

Eine Zeltstadt steht nun bereits seit Ende August an der Deutschherrnwiese mitten im gut-bürgerlichen Stadtteil Rosenau im Nürnberger Norden. Große Festzelte und ein paar Kleinere. Doch der Anlass, aus dem diese Zelte dort stehen, bietet keinen Grund zu Feiern. In diesen Zelten sind Menschen gezwungen zu leben, die vor Krieg, Hunger und Verfolgung geflüchtet sind. Viele von ihnen aus Syrien, Nigeria, Irak, Ukraine, Somalia, Eritrea, ein paar aus Afghanistan und anderen Ländern.

 

Zur aktuellen Situation


Die Lage ist katastrophal: Vor Ort sind lediglich zwei Securities. Diese sind für alles zuständig und damit sind sie auch die einzigen. Bis vor ein paar Tagen gab es im "Camp" noch nicht einmal medizinische Versorgung. Nun haben Ärzte und Ärztinnen und PflegerInnen aus dem Nürnberger Klinikum beschlossen, dass sie freiwillig helfen wollen und haben ein provisorisches Krankenzelt errichtet. Kleidungsspenden kommen aus der Bevölkerung. Viele empfinden die Zustände als katastrophal. Einmal am Tag kam bis vor Kurzem noch das Rote Kreuz und verteilte Essen. Nun macht das eine private Cateringfirma. Die Flüchtlinge beschreiben das Essen als mangelhaft.

 

Noch schlimmer ist die Situation bei Zelt Nr. 2 in der Frankenstraße. Mitten im Industriegebiet harren dort knapp 100 Menschen seit sage und schreibe 2 Wochen aus! Abgeschieden von der Innenstadt scheint es eh keinen zu interessieren, was mit ihnen passiert. Und sie selbst wissen es auch nicht. Keine Informationen, keine AnsprechpartnerInnen, nichts.

 

Ursprünglich sollten sie 2-3 Tage hier sein. Die Zelte dienen quasi als dezentrale Ergänzung zu der heillos überfüllten Erstaufnahmeeinrichtung in Zirndorf. Diese ist seit über einem Jahr überfüllt und viel zu klein. Anstatt jedoch die Einrichtung zu vergrößern, werden nun Zelte aufgeschlagen. Nachdem die Erstaufnahmeeinrichtung in München wegen Krankheit geschlossen hat, kommen logischerweise mehr Menschen nach Zirndorf. Alleine am Wochenende waren es etwa 500. Viele von ihnen waren gezwungen auf der Straße zu schlafen - trotz der Zelte. Nachvollziehbar ist das alles aus humaner Sicht nicht, diese ist aber auch nicht der Leitfaden deutscher Flüchtlingspolitik.

 

Diese ist eher von zwei zynischen kapitalistsichen Maßstäben geprägt: zum einen ist die deutsche Flüchtlingspolitik ein Gradmesser, wie die BRD gerade zu den herrschenden Kräften eines anderen Landes steht und zum anderen orientiert sie sich nach der Logik der Verwertbarkeit von Menschen. Hinzu kommt natürlich noch, dass die deutsche Abschreckungspolitik ihren Nutzen erfüllen soll. Wenn jetzt demonstriert würde, wie leicht gerade Bayern mehr Flüchtlinge aufnehmen und unterbringen könnte, würde dies der neue Maßstab werden. Etwas, was Bayern nicht will, auch wenn Dagmar Wöhrl nach einem Besuch der Zelte noch zehnmal triefend ihr Gesicht in die Kamera hält und meint, sie würde sich schämen. Ja, das soll sie auch, das sollen sie alle, aber das bringt uns und den geflüchteten Menschen ja auch nichts!

 

Was tun?!


Soweit so schlecht. Doch es ist immer wieder beeindruckend, wie Menschen in so einer prekären Lage aufstehen können und all den Menschen, die gerade noch auf dem Sofa sitzen und sich berechtigterweise über die Widrigkeiten ihres Alltag aufregen, zeigen, wie es gemacht wird: bereits nach ein paar Tagen haben Flüchtlinge an der Deutschherrnwiese ein Sit-in organisiert, mit dem sie sich gegen die Zustände zur Wehr setzen wollten. Laut Aussagen der Leute dort, soll es auch zwei kleinere Hungerstreiks gegeben haben. Nachdem die Proteste der Flüchtlinge in Nürnberg seit zwei Jahren andauern und in wechselnder Besetzung lebendig gehalten werden, können auch die Menschen, die jetzt hier sind, von den Erfahrungen profitieren. Und die Aufgabe einer (linken) UnterstützerInnenszene kann nicht (nur) das Verteilen von Kleidung und anderem sein. In Nürnberg läuft das glücklicherweise gut und eine breite Plattform an UnterstützerInnen plant neben dem Organisieren von SIM-Karten etc. auch Infostände, Presse und Aktionen gemeinsam mit den Leuten vor Ort.

 

Ein Ersatzort ist in Form eines ehemaligen Möbelhauses und einer leeren Kaserne zwar gefunden, aber wir müssen nun aufpassen, dass uns diese neuen Ereignisse nicht in unseren Forderungen zurück werfen und wir schon froh sind, wenn eine Unterkunft vier feste Wände hat. Unsere Forderungen müssen sich nach wie vor an denen der Kämpfe der letzten Jahre orientieren und diese lauten vor allem: keine Sammelunterkünfte und Bleiberecht für alle!

 

An diese Forderung knüpft auch die Demonstration des Nürnberger Sozialforums am 04. Oktober in Nürnberg an, die zur Bundesagentur für Arbeit und zum Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ziehen will. Zwei Seiten einer Medaille: Beide Institutionen stehen für die Zurichtung der Gesellschaft nach dem Faktor der Verwertbarkeit. Beide stehen auch im Rahmen der europäischen Krisenpolitik für das Vorantreiben der Verschlechterungen für die Menschen in anderen Ländern. Und für uns stehen sie daher im Fokus unseres Widerstands! Kommt alle am 04.10. um 12 Uhr zum Aufsessplatz und schließt euch dem antikapitalistischen Block unter dem Motto: "From crisis to resistance! Verarmungspolitik angreifen! Bleiberecht durchsetzen! Gemeinsam den revolutionären Kampf im Alltag organisieren."