Urlaubsbekanntschaft sagt aus – Zschäpe hatte ein dickes Portemonnaie

Erstveröffentlicht: 
22.07.2014

Es ist eine nette Urlaubsbekanntschaft, die der Zeugin nach Jahren einen Auftritt im NSU-Prozess einbringt. Denn jene Lise, mit der sie sich auf Fehmarn angefreundet hat, ist niemand anders als Beate Zschäpe.


Die mutmaßliche Neonazi-Terroristin Beate Zschäpe hat nach Aussage einer Zeugin die gemeinsame Urlaubskasse des NSU-Trios verwaltet. Die junge Frau sagte im Oberlandesgericht (OLG) München, Zschäpe habe stets die Rechnungen beglichen, wenn die drei etwas einkauften. Sie "hatte ein großes Portemonnaie, das immer voll mit Scheinen war, sogar Fünfhunderter", sagte die Zeugin. Ihre beiden Gefährten - Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt - hätten dagegen nie Geld bei sich gehabt.

Die Männer hätten viele Späße gemacht und viele Geschichten erzählt, sagte die heute 21-Jährige, die sich bei dem Urlaub mit ihren Eltern auf Fehmarn mit Zschäpe und ihren Begleitern angefreundet hatte. Dabei sei es einmal auch um Bomben gegangen. "Die Männer haben über Bomben erzählt, als hätte das jeder in der Jugend gebaut." Einer der beiden habe sie gefragt: "Was, du hast noch nie eine Bombe gebaut?" Dann hätten sie ihr erklärt, wie das geht. Es habe sie aber nicht interessiert.

Beate Zschäpe habe sie unter dem Namen Lise gekannt, die beiden Männer als Gerry und Max, sagte die Zeugin. Die drei hätten die Familie gelegentlich auch daheim in Niedersachsen besucht. Die Freundschaft vor allem zu "Liese" sei sehr eng gewesen. Mit ihr habe sie auch persönliche Dinge besprochen.

Als im November 2011 das NSU-Trio aufflog, brach für die junge Studentin eine Welt zusammen. Sie brauchte psychologische Hilfe, konnte vorübergehend nicht mehr zur Schule gehen. "Die waren alle drei so herzlich", sagte die Zeugin, die sogar ihren 17. Geburtstag mit den drei mutmaßlichen Rechtsterroristen gefeiert hatte. "Jede Minute" hätten sie über Jahre hinweg in den dreiwöchigen Urlauben zusammen verbracht. "Fast wie Ersatzeltern" seien sie für sie gewesen.

Emotionales Wiedersehen

Zu Beginn der Vernehmung war die Zeugin in Tränen ausgebrochen. Auch Zschäpe, die unmittelbar zuvor mit ihrem Antrag auf Auswechslung ihrer Anwälte gescheitert war, wirkte angeschlagen. Wie bereits bei früheren Verhandlungsterminen wandte sie den Pressefotografen vor Verhandlungsbeginn stehend den Rücken zu. Ihre Verteidiger Wolfgang Heer und Anja Sturm schirmten sie rechts und links vor dem Blitzlichtgewitter ab, bis die Fotografen den Saal verließen. Dann nahm Zschäpe zwischen Heer und Sturm Platz, daneben saß ihr dritter Verteidiger Wolfgang Stahl. Die Atmosphäre zwischen Zschäpe und ihren Verteidigern wirkte angespannt - schon als die Hauptangeklagte den Gerichtssaal betrat. Anders als sonst unterblieben etwa Plaudereien vor Beginn. Bei der Vernehmung der Zeugin presste Zschäpe die Lippen zusammen, faltete die Hände auf dem Tisch und blickte starr geradeaus.

Zu Beginn der Hauptverhandlung hatte der Vorsitzende Richter Manfred Götzl bekanntgegeben, dass Zschäpe ihre bisherigen Anwälte behalten muss. Zschäpe hatte vergangene Woche völlig überraschend erklärt, ihren drei Verteidigern Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm nicht mehr zu vertrauen. In ihrer schriftlichen Begründung hatte sie jedoch nicht ausreichend stichhaltig darlegen können, warum das Vertrauensverhältnis zu ihren Anwälten endgültig und nachhaltig erschüttert sein soll - das wären die Voraussetzungen für einen Wechsel der Verteidiger gewesen. Götzl sagte als Grund für die Ablehnung von Zschäpes Antrag, dieser habe keine konkreten und hinreichenden Anhaltspunkte dafür enthalten, dass das Vertrauensverhältnis zu ihren Anwälten so nachhaltig gestört sei, dass eine sachgerechte Ausübung des Mandats für ihn als Vorsitzenden erkennbar unmöglich wäre. Zschäpe kann ihre Anwälte nicht selbst entlassen, weil es sich um gerichtlich bestellte Pflichtverteidiger handelt - die Entscheidung liegt beim Gericht.