20.06 | Nürnberg brennt, Wir tanzen! Nachttanzdemo

2014-06-20_nachttanzdemo

Unter dem Motto „Nürnberg brennt, Wir tanzen“ wird am 20.06.2014 eine Nachttanzdemonstration in Nürnberg stattfinden. Organisiert von einem Bündnis, bestehend aus Auf der Suche, Autonomer Jugendantifa, Projekt 31, Wagenkommando „Mobile Architektur“ und Kunstverein, wollen wir zum einen die Eröffnung des selbstverwalteten Raums Projekt 31 feiern, und zum anderen laut für weitere Freiräume und eine selbstorganisierte Gesellschaft im Allgemeinen eintreten.  Wir wollen unser kulturelles, ökonomisches, soziales und politisches Leben selbst organisieren - dafür brauchen wir Freiräume. Und die werden wir uns nehmen!

 

Aufruf zur Nachttanzdemonstration in Nürnberg am 20 Juni 2014:

 

Nürnberg brennt, Wir Tanzen!

 

Warum Nürnberg brennen soll

Du kommst ausgebrannt nach Hause. Wohnung zu eng und zu teuer. Sofern du dir überhaupt Wohnraum leisten kannst. Nach deinem, egal auf welche Art und Weise bis zu diesem Zeitpunkt fremdbestimmten Tagesablauf, hast du ausnahmsweise heute mal keine Lust den restlichen Tag vor dem Fernseher zu verbringen. Du raffst dich auf, verlässt deine vier Wände und möchtest deinen dir verbleibenden Tag, selbstbestimmt, deinen eigenen Vorstellungen nach gestalten.

Doch deine Freund_innen kriegst du schon lange nicht mehr alle auf einmal zu ein und derselben Zeit zu Gesicht. (Schicht-)Arbeit, Uni, Schule, oder du wirst, wie in diesem System üblich, damit allein gelassen sich um Kinder und/oder Haushalt zu kümmern. Es gäbe dazu auch noch einiges zu sagen, jedoch würde es den Rahmen des Aufrufs sprengen, dieses Thema weiter auszuführen.

Wenn du und deine Freund_innen es dennoch alle zusammen mal schaffen etwas außerhalb deiner Wohnung zu unternehmen, wirst du im öffentlichen Raum allgegenwärtig vor viele Probleme gestellt.
Der öffentliche Raum ist gekennzeichnet von Überwachung und verschiedensten Ausgrenzungs- und Diskriminierungsmechanismen.

Staatliche Repression und Stigmatisierung zeigt sich beispielsweise durch willkürliche Kontrollen ausgeführt von Parkwächter_innen, Polizist_innen und selbsternannten Hilfssheriffs, die Menschen, die anscheinend nicht in das Bild einer attraktiven und schicken Stadt passen, vertreiben oder schikanieren.
Doch auch die Gesellschaft, die für sich kein Gewaltmonopol in Anspruch nehmen kann, äußert Diskriminierung und schließt Menschen damit von der Teilhabe am öffentlichen Raum aus.

Den Kapitalismus stützende und durch ihn hervorgerufene Unterdrückungsmechanismen, die sich unter anderem in Form von Konsumzwang äußern, unterwerfen alles und jede_n der Verwertung und schränken uns umfassend in unserem Handeln und Leben ein.

Auch der öffentliche Raum ist weitestgehend dieser kapitalistischen Verwertungslogik unterworfen. Und somit haben die meisten Menschen kaum Möglichkeiten das öffentlich kulturelle Zusammenleben, sowie das städtische Erscheinungsbild in ihrem jeweilig direkten Wohnumfeld mitzugestalten. Immer schicker wird es im Zeichen der Kultur, immer moderner, modischer, stylischer, teurer, konsumierbarer.

Wer versucht daraus auszubrechen oder seinen Alltag möglichst fern dieser Logik zu gestalten, wird verscheucht oder in Nischen gedrängt, weil er_sie beispielsweise potentielle Kund_innen abschreckt oder das Stadtbild stört.

Auch der Versuch über den offiziellen Weg bei den Behörden im öffentlichen Raum die alltägliche Lebenswelt mitzugestalten, ist von enormen bürokratischen Aufwand auf diversen Ämtern gekennzeichnet oder wird manchen Menschen beispielsweise aufgrund fehlender Staatsbürgerrechte gänzlich verwehrt. Noch dazu werden Veranstaltungen im öffentlichen Raum von den Behörden oft genug mit strengen Auflagen belegt, die hohe Kosten verursachen.
Doch so lange wir im Kapitalismus leben, stehen auch Städte in Konkurrenz um Kapital, Investitionen und zahlungsfähige(s) Publikum/ Touristen/ Einwohner.
Solange wie wir den Kapitalismus nicht überwunden haben und nach unseren Bedürfnissen leben, arbeiten und konsumieren können, brennt deshalb in unseren Augen nicht nur Nürnberg.

In einer Stadt, in der uns kein Raum gegeben wird, um uns zusammen mit anderen selbst zu verwirklichen und aktiv am Stadtleben teilzunehmen, müssen die Strukturen und Mechanismen, die diese Kackscheiße jeden Tag stützen und weiter fördern, brennen.
Brennen damit wir Raum zum Träumen und Tanzen haben.

 

Projekt 31

Trotz all dieser Zustände gibt es immer wieder Projekte, die versuchen, sich dieser Logik zu entziehen. Viele Jahre hat der Verein „Alternative Kultur Nürnberg“ gekämpft, um den Traum von einem unabhängigen, selbstverwalteten und autonomen Zentrum zu realisieren. Es hat lange gedauert, aber schließlich wurde ein Objekt(P31) gefunden, diesen Traum zu verwirklichen. Auch dieser Weg war gekennzeichnet von langjährigem Bürokratiewahnsinn, doch mittlerweile gibt es Anlass zu feiern. Das Projekt31 hat nach mittlerweile drei Jahren eröffnet. Es versteht sich als offenes, auf Eigeninitiative basierendes Projekt, welches versucht verschiedensten emanzipatorischen Ideen und Praxisansätzen offen zu stehen und diese in einem gemeinsamen Prozess zu realisieren. Außerdem bietet das Projekt31 vielfältig nutzbaren Raum, der an die Bedürfnisse der Nutzer_innen angepasst ist. Es lebt von selbstständiger und kollektiver Kreativität und ermöglicht es, Ideen zu entwerfen und ohne komplizierte Hürden umzusetzen.

 

Wagenkommando "Mobile Architektur“

Im Moment ist das „Wagenkommando Mobile Architektur“ ebenfalls dabei in Nürnberg den Versuch zu starten einen Wagenplatz zu etablieren und ist deshalb zurzeit auf der Suche nach einem geeigneten Platz. Bisher gestaltet sich diese allerdings sehr schwierig, da es auch hier von Seiten der Stadt und privater Grundstücksbesitzer_innen Vorbehalte gegenüber dieser Wohnform gibt.

 

Kunstverein

„Wenn ich nicht tanzen kann, ist es nicht meine Revolution!“ Der Kunstverein, ab 2015 wieder im Z-Bau beheimatet, tanzt seit mehr als 30 Jahren für kulturelle Vielfalt und gegen Diskriminierung. Wir brennen für Freiräume.

 

Freiraumverständnis

Freiräume sind unserer Ansicht nach von großer Wichtigkeit, da sie den gesellschaftlich vorherrschenden Normalzustand bereits heute in Frage stellen. Freiräume bieten uns die Möglichkeit selbstorganisiert und unabhängig unsere eigenen Bedürfnisse zu verwirklichen und somit unser direktes Lebensumfeld selbst zu gestalten.
Außerdem brauchen wir einen Raum, um der Vereinzelung in der kapitalistischen Gesellschaft entgegenzuwirken, mit Leuten in Kontakt zu treten und gemeinsam und solidarisch Kultur, Wohnraum sowie auch alle anderen Bereiche unseres Lebens selbst in die Hand zu nehmen.

Dabei geht es darum neue Formen des Zusammenlebens zu erproben. Diese Räume sollen dabei helfen schon heute punktuell einen hierarchievermeidenden und auf Konsens basierenden Umgang zu ermöglichen. Somit haben alle die Chance sich für ihre Interessen einzusetzen ohne dogmatische Regeln und Grenzen, denn alles ist politisch und nur wir selbst können das schöne Leben herbeiführen.
Da sich niemand seiner Sozialisation vollständig entziehen kann, ist es notwendig sich innerhalb eines solchen Raumes immer wieder selbst zu reflektieren, um herrschaftsreproduzierende Verhaltensweisen zu überwinden.
Auch können uns solche selbstorganisierten Strukturen als Ausgangspunkt für politische und soziale Kämpfe, sowie als Schutzraum für von Ausgrenzung und Diskriminierung betroffene Menschen dienen.
Jedoch ist es von existenzieller Bedeutung sich trotzdem weiterhin mit den sozialen Realitäten außerhalb dieser Räume zu beschäftigen und diese offen zu gestalten anstatt sich mit dem bereits Erreichten zufrieden zu geben. Außerdem müssen wir uns bewusst sein, dass Freiräume nicht prinzipiell von sich aus über die kapitalistische Logik hinauskommen, sondern, dass wir nur durch gegenseitige Hilfe und Selbstinitiative etwas an diesem Zustand ändern können.

 

Was wir wollen

Wir wollen einen öffentlichen Raum, der frei von Überwachung und Schikane von Seiten der Behörden ist, der unabhängig von sozialem Status genutzt werden kann und der nicht nach   Verwertbarkeit, sondern nach den Bedürfnissen der Menschen, die ihn nutzen, strukturiert ist.
Das ist kein Appell an die Stadtpolitik, von der haben wir eh nichts zu erwarten. Sondern ein Appell an uns selbst, die Initiative zu ergreifen, denn geschenkt wird uns in dieser Gesellschaft gar nichts.
Das Projekt 31 ist gerade dabei seine Pforten zu öffnen und diesen Umstand gilt es auch gebührend zu feiern. Dennoch wollen wir uns damit nicht zufrieden geben. Die Stadt gehört uns allen und deswegen möchten wir mit euch zusammen tanzend die Straßen erobern. Wir wollen keine vollkommen durchstrukturierte und kommerzialisierte Stadt, sondern eine Stadt, die sich selbstorganisiert und dabei Platz für Träume hat!

Freiheit entsteht als kämpfende Bewegung...
Für eine selbstorganisierte Gesellschaft von unten!
Für mehr Freiräume in Nürnberg und überall!

 

 

Nachttanzdemonstration, 20.06.2014, 19 Uhr,
Nürnberg Annapark(U-Bahnlinie 1, Haltestelle: Maffaiplatz)

 

Jegliche National- und Parteifahnen sind unerwünscht!

 

Beteiligte Gruppen und Projekte:

Auf der Suche: http://aufdersuche.blogsport.de/
Autonome Jugendantifa Nürnberg: http://aja.redside.tk/
Projekt 31: http://www.projekt31.org/
Kunstverein: http://www.kunstverein-nuernberg.de/kv/index.php/de/
Wagenkommando „ Mobile Architektur“