Im Januar und März demonstrierten in Köln die sogenannten "Besorgten Eltern NRW" mit mehreren hundert Teilnehmer_innen unter dem Motto "Gegen die Frühsexualisierung unserer Kinder". In Anlehnung an die Proteste gegen den Bildungsplan in Baden-Württemberg, und durchaus auch an die "Ehe für Alle"-Demonstrationen in Frankreich, knüpfen die "Besorgten Eltern" an eine Stimmung an, in der sich lgbti-Personen, Regenbogenfamilien und Sexualpädagogik der Vielfalt reaktionären und konservativen Angriffen ausgesetzt sehen.
Für den 14.05. hatten sie sich zunächst erneut angekündigt, um gegen die
Fachtagung zu "Regenbogenfamilien" des Antidiskriminierungsprojekts
"Schule der Vielfalt" in Köln-Mülheim zu demonstrieren, um nun aber am
10.05 in München für "Elternrechte" mit ihrer homophoben Hetze auf die
Straße zu gehen.
Sie kommen nicht - doch wir sind trotzdem da!
Das Aktionsbündnis GEGEN die "Besorgten Eltern" veranstaltet daher am 14.05.2014 um 13 Uhr am Wiener Platz eine Kundgebung, die sich solidarisch zeigt mit der Fachtagung des
Projekts "Schule der Vielfalt- Schule ohne Homophobie", die sich für eine
Gesellschaft einsetzt, die sexuelle Vielfalt und Aufklärung zu LSBTI* (Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans* und Inter*Menschen) bejaht, und die
sich dadurch gegen die konservativen und fundamentalistischen Allianzen
stellt!
Wir würden uns freuen, wenn ihr an unserer Kundgebung teilnehmt!
AUFRUF zur KUNDGEBUNG am 14.05. um 13 Uhr
71% der Jungen und 51% der Mädchen sind Homosexuellen gegenüber negativ
eingestellt ohne über nähere Informationen zu verfügen. Lesben- und
schwulenfeindliche Positionen nehmen in den letzten Jahren sogar zu.
„Schwul“, „Schwuchtel“ und „Lesbe“ werden häufig als Schimpfwörter
benutzt. Vorurteile und die Angst, selbst Opfer von Mobbing zu werden,
führen zur Ausgrenzung und Gewalt gegenüber Jugendlichen, die für
lesbisch oder schwul gehalten werden. Lesbische, schwule, bisexuelle,
trans* und inter* Jugendliche erleben in ihren Schulen Beschimpfungen,
Beleidigungen und körperliche Gewalt. Nicht immer kommen die Lehrkräfte
dabei ihrer Vorbildfunktion nach. So lacht laut einer Berliner Studie
jeder vierte Lehrer in Anwesenheit der Klasse über homophobe Witze. Dies
ist umso gravierender, da in jeder Schulklasse und in jedem
Lehrerzimmer lesbische, schwule, bisexuelle, trans* und inter* Menschen
sitzen. Schätzungen zufolge sind zwischen 5 bis 10 % aller Menschen
lesbisch oder schwul. Fehlende oder verzerrte Informationen und die
Angst vor Ausgrenzung machen es lsbti¹-Jugendlichen immer noch sehr
schwer, ein positives Selbstbild zu entwickeln. Mehr als die Hälfte
versucht die eigene sexuelle Orientierung zu verleugnen oder zu
verbergen. Dies ist mit erheblichen psychischen Belastungen
verbunden, die sich u.a. in einer vier- bis siebenfach höheren
Suizidrate von lesbischen und schwulen Jugendlichen äußern.
Die Tatsache, dass bisher an den meisten Schulen wenig gegen Homophobie
und Transphobie unternommen wird, führt dazu, dass lsbti-Schüler_innen
an der Schule in ihren Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten eingeschränkt
sind.
Die gesellschaftliche Abwertung von Lesben und Schwulen wird durch
Vorurteile legitimiert, die durch eine lange Geschichte
gesellschaftlicher und staatlicher Repression (insbesondere während der
nationalsozialistischen Terrorherrschaft in Deutschland und die
Strafverfolgung in der jungen Bundesrepublik) gestützt werden.
Struktureller Diskriminierung besteht weiterhin fort².
Vor diesem Hintergrund sind Initiativen wie die geplante Einführung des
neuen Bildungsplans in Baden-Württemberg umso wichtiger. Laut
Bildungsplan sollen lsbti-Themen in den Schullehrplänen mit vermittelt
werden. Dagegen haben sich in den letzten Wochen Proteste von
sogenannten “Besorgten Eltern” formiert³.
Auch in Köln fanden homophobe und transphobe Kundgebungen der „Besorgten
Eltern“ statt, die sich gegen eine angebliche „Frühsexualisierung
unserer Kinder“ richteten.
Teilweise konnten die Demonstrationen durch Gegenproteste erfolgreich
verhindert werden – im März kamen die „Besorgten Eltern“ nicht weiter
als 500 Meter:
Gegendemonstrant_innen blockierten die Straße mit einer Sitzblockade.
In der homophoben und transphoben Mobilmachung vereinen sich
Konservative, christliche Fundamentalisten, offen und verdeckt
auftretende Nazis und Rechtspopulisten.
Wir sind besorgt über den Rechtsruck und die Retraditionalisierung, die
diese Entwicklungen in Deutschland und anderen europäischen Ländern
deutlich machen.
Hier mobilisieren nicht nur rechte „Spinner“, sondern sie finden ebenso
Anschluss an Positionen aus der sog. "Mitte der Gesellschaft".
Dagegen wollen wir ein klares Zeichen setzen:
Wir wollen Vielfalt im Unterricht und ein Ende der Diskriminierung an
Schulen.
UNSERE THEMEN UND ANLIEGEN
Was wäre, wenn es im Schulalltag ganz normal wäre, dass
- Paul mit Laura geht,
- Sven Jan vor dem Eingang zur Schule noch einen Kuss gibt,
- der Englischlehrer verheiratet ist und drei Kinder hat,
- die Geschichtslehrerin ihre Freundin mit zum Schulfest bringt?
Das ist doch normal, oder?
Wir wollen dazu beitragen, dass Regenbogenfamilien sichtbar werden
können ohne diskriminiert zu werden.
Regenbogenfamilien sind nicht unterschiedlich von anderen Familien. Sie
essen gemeinsam zu Abend, sie streiten und vertragen sich, ... Familie
ist da, wo Verantwortung füreinander übernommen wird und wo harte Zeiten
gemeinsam durchgestanden werden um schöne Zeiten genießen zu können;
Familie ist da, wo Liebe Menschen verbindet. Unsichtbar-machen bedeutet
Diskriminierung und Gewalt.
Wir wollen aufklären. Ganz ohne Panik. Im Sinne des Bildungsplans sollen
fächerübergreifend auch Matheaufgaben gestellt werden wie „Julia und
ihre beiden Mütter wollen im Sommer eine Fahrradtour durch
Norddeutschland unternehmen. Welche Strecke...“
Der Bildungsplan zielt darauf ab, dass Schüler_Innen verschiedene Formen
des Zusammenlebens von/mit LSBTTI-Menschen kennen lernen und die
Begegnungen in einer sich wandelnden Welt reflektieren.
Dazu gehören klassische Familien, Regenbogenfamilien, Single,
Paarbeziehung, Patchworkfamilien, Ein-Eltern-Familien, Großfamilien und
Wahlfamilien ohne verwandtschaftliche Bande; Schüler_Innen sollen auch
mit schwuler, lesbischer, transgender und soweit bekannt intersexueller
Kultur (Musik, Bildende Kunst, Literatur, Filmschaffen, Theater und neue
Medien) sowie Begegnungsstätten (soziale Netzwerke, Vereine, politische
Gruppen, Parteien) in Kontakt kommen.
Sie sollen einen vorurteilsfreien Umgang mit der eigenen und anderen
sexuellen Identitäten entwickeln und Stereotype hinterfragen.(4)
WIR SIND DAFÜR.
MITMACH-DEMO
Wir wollen unsere Stimmen sichtbar und hörbar machen. Lasst uns bunt
sein, laut sein Regenbogen-Fahnen schwingen, wenn möglich Sprechblasen
und Transparente mitbringen oder kreative Aktionenstarten!
Wir laden speziell Gruppen von Schüler_Innen und Lehrer_Innen ein, sich
an der Kundgebung zu beteiligen. Institutionen, Individuen und
Politische Gruppen sind willkommen, unsere Kundgebung zu unterstützen.
Es wird Mitmach-Aktionen geben um die eigenen Forderungen an der
„Wünscheleine“ sichtbar zu machen.
Es gibt kein Recht auf Diskriminierung.
Wir freuen uns auf euch!
Aktionsbündnis gegen die „besorgten Eltern“
Das Aktionsbündnis gegen die „besorgten Eltern“ ist ein Zusammenschluss
unterschiedlicher Initiativen, Vereine und Einzelpersonen - wir sind
queer-feministische Aktivist_innen, der Kölner Lesben- und Schwulentag
(KLuST), das Beratungszentrum Rubicon sowie antifaschistisch Engagierte.
Bei Fragen erreicht ihr uns unter e-mail: queer@koelner-aktionsbuendnis.de
Ihr findet uns auch auf facebook:
facebook.com/events/259068767612299/?context=create&source=49
(1) lesbisch, schwul, bi, trans*, inter*
(2) www.schule-der-vielfalt.de
(3) besorgte-eltern.net
(4) kultusportal-bw.de/site/pbs-bw/get/documents/KULTUS.Dachmandant/KULTUS/kultusportal-
bw/Bildungsplanreform/Arbeitspapier_Leitprinzipien.pdf