Ex-NPD-Aktivist muss nicht in Haft

Erstveröffentlicht: 
08.05.2014

Ein ehemaliger NDP-Aktivist (22) aus Wattenscheid ist am Mittwoch in einem Berufungsprozess vor dem Landgericht um eine Haftstrafe herumgekommen. Das Amtsgericht hatte den 22-Jährigen im vorigen Oktober zu zwei Jahren und drei Monaten Jugendstrafe verurteilt worden - da wäre keine Bewährung mehr möglich gewesen. Der 22-Jährige hatte die Mordtaten der rechtsextremen Terrorgruppe NSU auf seiner Facebook-Seite auf eine besonders höhnische und aggressive Weise begrüßt. „Menschenverachtend“ sei dies, sagte der Richter. Außerdem hatte der 22-Jährige u.a. im Internet rassistische gehetzt und Nazi-Symbolik verbreitet. Dies alles tat er, als er unter laufender Bewährung stand. Denn im Juni 2011 hatte das Landgericht wegen diverser Brandstiftungen 22 Monate Jugendstrafe auf Bewährung gegen ihn verhängt. Er hatte seinen eigenen Briefkasten in die Luft gesprengt und gefälschte Bekennerschreiben hinterlassen sowie Müllbehälter angezündet, wodurch zwei Pkw zerstört wurden.


Gegen die 25-monatige Haftstrafe ging er nun in Berufung - und hatte Erfolg. Laut Gericht habe scheine er sich „komplett“ aus der rechten Szene gelöst zu haben. Im Prozess hatte er erstmals ein Geständnis abgelegt und seine ehemaligen Gesinnungsgenossen als „NPD-Fuzzis“ bezeichnet. Mehrere Zeugen, darunter ein Fachmann vom NRW-„Aussteigerprogramm“, in dem sich der Angeklagte befindet, hatten sich positiv über seine Entwicklung geäußert. Er macht jetzt eine Ausbildung zum Bürokaufmann, hat geheiratet und wird in Kürze Vater. Seine Ehefrau (25) ist allerdings NPD-Kandidatin - gegen ihren Willen, wie sie sagt. Sie soll auf Bitten eines NPD-Mitglieds eine entsprechende Erklärung unterzeichnet haben, ohne sie richtig gelesen zu haben.


Die Strafkammer machte Bewährungsauflagen: Er muss das Aussteigerprogramm, eine Psychotherapie und seine Ausbildung fortsetzen. Das Gericht räumte freilich ein, dass durchaus „Zweifel“ verbleiben, ob sich der Angeklagte wirklich gebessert habe. „Natürlich können wir uns irren.“


Auch die Staatsanwaltschaft hatte am Mittwoch - anders als in erster Instanz - „Bewährung“ beantragt.