[B] Der 1. Mai wirft seine Schatten

Erstveröffentlicht: 
07.04.2014

Rund um den Feiertag plant die NPD Aktionen in Neukölln und Kreuzberg. Von Guido Speckmann. Zivilgesellschaftliche Bündnisse bereiten sich auf Proteste gegen Aufmärsche der extrem rechten NPD vor. Diese will am 26. April in Kreuzberg und am 1. Mai in Neukölln aufmarschieren.

 

In trockenen Tüchern ist noch nichts. Doch für den geplanten NPD-Aufmarsch in Neukölln am 1. Mai sind bereits drei Gegenkundgebungen und eine Gegendemonstration von der Zivilgesellschaft angemeldet worden. Auch für den angemeldeten NPD-Aufmarsch am 26. April möglicherweise in Kreuzberg laufen die Vorbereitungen. Beide Demonstrationen waren am Mittwoch vergangener Woche auch Thema im Verfassungsschutzausschuss des Abgeordnetenhauses. Dort vermutete Bernd Krömer, Staatssekretär in der Innenverwaltung, dass der 1. Mai so ähnlich wie in den vergangenen Jahren verlaufen werde. Im Duktus der Verfassungsschützer: Demonstrationen, Aufmärsche und Gewaltrituale von den »Extremen« von Links und Rechts. In einer anderen Sprechweise könnte dass heißen, dass Aufmärsche der NPD von einem Polizeiaufgebot vor antifaschistischen Gegendemonstranten geschützt werden. So geschehen im vergangenen Jahr in Schöneweide.

 

Staatssekretär Krömer sprach von zwei bis dato angemeldete Demonstrationen bzw. Kundgebungen von Neonazis. Die NPD mobilisiert am Samstag, den 26. April nach Kreuzberg. Die Rechten setzen hierbei auf die Strategie der maximalen Aufmerksamkeit. Das Motto lautet »Kreuzberg muss befreit werden - sicher, sauber, ordentlich! Weg mit Multikulti - Kriminalität - Verslumung!« Der Fokus liege Krömer zufolge auf dem Flüchtlingslager am Oranienplatz. Entsprechend solle die Route an diesem vorbeiführen, ebenso an der von Flüchtlingen besetzten Gerhart-Hauptmann-Schule in der Ohlauer Straße sowie dem Görlitzer Park und dem Kottbusser Tor. Wenn es bei einer berlinweiten Mobilisierung bliebe, rechnet Staatssekretär Krömer mit rund 70 Nazis. NPD-Landeschef Sebastian Schmidtke hat vorsorglich 100 Teilnehmer angekündigt.

 

Matthias Müller von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR) findet die frühe Anmeldung seitens der NPD »sehr ungewöhnlich«. Bei der Demonstration 2011 am Mehringdamm in Kreuzberg zum Beispiel habe die Partei versucht, die Route bis zuletzt geheim zu halten. Nur durch einen Zufall sei sie bekanntgeworden. Auch andere Aktionen der Neonazis seien sehr kurzfristig organisiert worden. Müller vermutet, dass die NPD am 26. April schon versuchen werde, die angekündigte Route in Kreuzberg zu laufen. Nicht klar sei jedoch, ob die Route überhaupt genehmigt werde. Zivilgesellschaftliche Netzwerke hätten Müller zufolge den 26. April im Blick. Gleichwohl seien die Vorbereitungen etwaiger Gegenkundgebungen noch nicht abgeschlossen. Die Polizei erklärte am Montag, die Angaben zu den Nazi-Aufmärschen erst kurzfristig bekanntmachen zu wollen.

 

Weiter fortgeschritten sind da die Vorbereitungen für Proteste gegen den angemeldeten NPD-Aufzug am 1. Mai in Neukölln. Für diesen Tag hat die NPD eine Route ausgehend vom S/U-Bahnhof Neukölln über die Karl-Marx-Str., die Silbersteinstraße etc. bis zum U-Bahnhof Blaschkoallee angemeldet. Staatssekretär Krömer rechnet derzeit hier ebenfalls mit rund 100 Nazis. Der Schwerpunkt liege seinen Erkenntnissen zufolge jedoch auf den 26. April in Kreuzberg.

 

www.berlin-gegen-nazis.de/

 

Polizei bereitet sich auf 1. Mai vor

Die Vorbereitungen der Berliner Polizei für den 1. Mai laufen auf Hochtouren. Wie die »Berliner Morgenpost« berichtet, nahmen vor kurzem über 620 Polizisten von Bundes- und Bereitschaftspolizei an einer Großübung in einer Kaserne im brandenburgischen Blumberg teil, auf der verkleidete Polizisten Linksradikale spielten, die eine rechtsextreme Demonstration attackierten und Polizeiketten durchbrachen. Offenbar ein polizeiliches Szenario für den Fall, dass am 26. April wirklich genügend Neonazis zusammenkommen sollten, um durch Kreuzberg zu demonstrieren.

 

Wie in den Vorjahren informiert der Staatsschutz beim Landeskriminalamt derzeit mutmaßliche Gewalttäter in sogenannten Gefährderansprachen. Dass bei der Warnung, sich am 30. April oder 1. Mai nicht an bestimmten Orten aufzuhalten, auch mal ein Hinweis auf Kinder der Angesprochenen fällt, die doch sicher nicht wollen, dass ihr Vater im Gefängnis lande, will Polizeipräsident Klaus Kandt nicht ausschließen. Martin Kröger.