Drei mutmaßliche SS-Wachmänner des KZ Auschwitz sind in verschiedenen deutschen Städten festgenommen worden. Auch in Freiburg hat das Landeskriminalamt eine Wohnung durchsucht.
Nach einer Mitteilung des Landeskriminalamtes (LKA) und der
Staatsanwaltschaft Stuttgart hat die Polizei in Baden-Württemberg am
Mittwoch drei mutmaßliche ehemalige SS-Wachmänner des Vernichtungslagers
Auschwitz verhaftet. Die drei Männer im Alter von 88, 92 und 94 Jahren
seien in Untersuchungshaft, heißt es einer Pressemitteilung.
In Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen waren die Wohnräume
von mutmaßlichen Ex-SS-Männer durchsucht worden. Darunter waren
Wohnungen in Freiburg, Karlsruhe, im Kreis Rottweil, Ludwigsburg, im
Enzkreis, im Rhein-Neckar-Kreis und im Kreis Lippe. Die Männer stünden
im Verdacht, an der Tötung Deportierter beteiligt gewesen zu sein. Im
größten der nationalsozialistischen Todeslager wurden mindestens 1,1
Millionen meist jüdische Häftlinge ermordet.
In Freiburg habe es keine Verhaftung gegeben, so das LKA auf Nachfrage
der Badischen Zeitung: "Wir haben jedoch Unterlagen sicher gestellt, die
nun ausgewertet werden müssen", so eine Sprecherin. Das Mobile
Einsatzkommando sei mit mehreren Fahrzeugen angerückt, habe die Wohnung
gestürmt und durchsucht. Nähere Informationen zum Freiburger Fall gibt
es bislang nicht.
Im Südwesten waren insgesamt sechs Männer im Alter von 88 bis 94 Jahren
betroffen, drei von ihnen wurden verhaftet. Es seien Unterlagen in ihren
Wohnungen sichergestellt worden. Fünf der Männer äußerten sich nicht zu
den Vorwürfen. Ein 88-Jähriger erklärte, in Auschwitz gewesen zu sein.
Eine Beteiligung an der Tötung von KZ-Insassen habe er bestritten, sagte
eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft.
In Hessen haben die Beamten zwei Männer im Alter von 89 und 92 Jahren im
Rhein-Main-Gebiet ins Visier genommen, wie das Landeskriminalamt und
die Staatsanwaltschaft Frankfurt mitteilten. Sie sollen in den Jahren
1942, 1943 und 1944 zur Wachmannschaft des Vernichtungslager
Auschwitz-Birkenau gehört haben, sagte Oberstaatsanwältin Doris
Möller-Scheu. Ihre Wohnungen wurden durchsucht und dabei Dokumente und
Fotos sichergestellt. Haftgründe für die Männer gebe es nicht.
In Ostwestfalen wurde die Wohnung eines 92-Jährigen durchsucht.
Belastendes Material sei nicht gefunden worden, teilten LKA und
Staatsanwaltschaft Dortmund mit. Der Beschuldigte habe aber ebenfalls
eingeräumt, in Auschwitz eingesetzt gewesen zu sein. Die konkrete
Beteiligung an Tötungshandlungen habe er bestritten. In NRW wird auch
noch gegen zwei andere Männer aus Ostwestfalen und vom Niederrhein
ermittelt.
Die im Südwesten festgenommenen Beschuldigten wurden dem zuständigen
Haftrichter beim Amtsgericht Stuttgart vorgeführt, der nach ärztlicher
Bestätigung der Haftfähigkeit Haftbefehle erließ und in Vollzug setzte.
Im Anschluss daran wurden die drei Männer in ein
Justizvollzugskrankenhaus eingeliefert.
Bisher blieben viele mutmaßliche Täter straffrei, weil der
Bundesgerichtshof 1969 im Fall Auschwitz festgelegt hatte, dass für eine
Verurteilung der Wächter wegen Beihilfe zum Mord die individuelle
Schuld nachgewiesen werden muss. Dies war vielfach nicht möglich.
In Vorermittlungen für den Prozess gegen den Aufseher im
Vernichtungslager Sobibor, John Demjanjuk, hat aber die
NS-Fahndungsstelle in Ludwigsburg die Beihilfe zum Mord im KZ neu
definiert. Dem widersprach das Landgericht München nicht. Nach
Auffassung der Zentralstelle ist somit jeder belangbar, der in einem KZ
dazu beigetragen hat, dass die Tötungsmaschinerie funktionierte – egal
ob direkt als Aufseher bei den Gaskammern oder indirekt etwa als Koch.
2011 hatte das Landgericht München Demjanjuk wegen Beihilfe zum Mord an
mehr als 28.000 Menschen schuldig gesprochen.
Die NS-Fahndungsstelle hatte im vergangenen Jahr nach Voruntersuchungen
30 Fälle an Staatsanwaltschaften in Deutschland weitergeleitet. Sieben
weitere Ermittlungen betrafen Verdächtige im Ausland, unter anderem in
Israel.
Für eine Anklage muss eine Tatbeteiligung nachgewiesen werden. Außerdem müssen die Männer auch noch verhandlungsfähig sein.
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