Drei frühere SS-Wachmänner festgenommen – Durchsuchung auch in Freiburg

Erstveröffentlicht: 
20.02.2014

Drei mutmaßliche SS-Wachmänner des KZ Auschwitz sind in verschiedenen deutschen Städten festgenommen worden. Auch in Freiburg hat das Landeskriminalamt eine Wohnung durchsucht.

 

Nach einer Mitteilung des Landeskriminalamtes (LKA) und der Staatsanwaltschaft Stuttgart hat die Polizei in Baden-Württemberg am Mittwoch drei mutmaßliche ehemalige SS-Wachmänner des Vernichtungslagers Auschwitz verhaftet. Die drei Männer im Alter von 88, 92 und 94 Jahren seien in Untersuchungshaft, heißt es einer Pressemitteilung.

In Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen waren die Wohnräume von mutmaßlichen Ex-SS-Männer durchsucht worden. Darunter waren Wohnungen in Freiburg, Karlsruhe, im Kreis Rottweil, Ludwigsburg, im Enzkreis, im Rhein-Neckar-Kreis und im Kreis Lippe. Die Männer stünden im Verdacht, an der Tötung Deportierter beteiligt gewesen zu sein. Im größten der nationalsozialistischen Todeslager wurden mindestens 1,1 Millionen meist jüdische Häftlinge ermordet.

Durchsuchung in Freiburg


In Freiburg habe es keine Verhaftung gegeben, so das LKA auf Nachfrage der Badischen Zeitung: "Wir haben jedoch Unterlagen sicher gestellt, die nun ausgewertet werden müssen", so eine Sprecherin. Das Mobile Einsatzkommando sei mit mehreren Fahrzeugen angerückt, habe die Wohnung gestürmt und durchsucht. Nähere Informationen zum Freiburger Fall gibt es bislang nicht.

Im Südwesten waren insgesamt sechs Männer im Alter von 88 bis 94 Jahren betroffen, drei von ihnen wurden verhaftet. Es seien Unterlagen in ihren Wohnungen sichergestellt worden. Fünf der Männer äußerten sich nicht zu den Vorwürfen. Ein 88-Jähriger erklärte, in Auschwitz gewesen zu sein. Eine Beteiligung an der Tötung von KZ-Insassen habe er bestritten, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft.

Dokumente und Fotos sichergestellt


In Hessen haben die Beamten zwei Männer im Alter von 89 und 92 Jahren im Rhein-Main-Gebiet ins Visier genommen, wie das Landeskriminalamt und die Staatsanwaltschaft Frankfurt mitteilten. Sie sollen in den Jahren 1942, 1943 und 1944 zur Wachmannschaft des Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau gehört haben, sagte Oberstaatsanwältin Doris Möller-Scheu. Ihre Wohnungen wurden durchsucht und dabei Dokumente und Fotos sichergestellt. Haftgründe für die Männer gebe es nicht.

In Ostwestfalen wurde die Wohnung eines 92-Jährigen durchsucht. Belastendes Material sei nicht gefunden worden, teilten LKA und Staatsanwaltschaft Dortmund mit. Der Beschuldigte habe aber ebenfalls eingeräumt, in Auschwitz eingesetzt gewesen zu sein. Die konkrete Beteiligung an Tötungshandlungen habe er bestritten. In NRW wird auch noch gegen zwei andere Männer aus Ostwestfalen und vom Niederrhein ermittelt.

Individuelle Schuld muss nachgewiesen werden


Die im Südwesten festgenommenen Beschuldigten wurden dem zuständigen Haftrichter beim Amtsgericht Stuttgart vorgeführt, der nach ärztlicher Bestätigung der Haftfähigkeit Haftbefehle erließ und in Vollzug setzte. Im Anschluss daran wurden die drei Männer in ein Justizvollzugskrankenhaus eingeliefert.

Bisher blieben viele mutmaßliche Täter straffrei, weil der Bundesgerichtshof 1969 im Fall Auschwitz festgelegt hatte, dass für eine Verurteilung der Wächter wegen Beihilfe zum Mord die individuelle Schuld nachgewiesen werden muss. Dies war vielfach nicht möglich.

In Vorermittlungen für den Prozess gegen den Aufseher im Vernichtungslager Sobibor, John Demjanjuk, hat aber die NS-Fahndungsstelle in Ludwigsburg die Beihilfe zum Mord im KZ neu definiert. Dem widersprach das Landgericht München nicht. Nach Auffassung der Zentralstelle ist somit jeder belangbar, der in einem KZ dazu beigetragen hat, dass die Tötungsmaschinerie funktionierte – egal ob direkt als Aufseher bei den Gaskammern oder indirekt etwa als Koch. 2011 hatte das Landgericht München Demjanjuk wegen Beihilfe zum Mord an mehr als 28.000 Menschen schuldig gesprochen.

Verdächtige müssen verhandlungsfähig sein


Die NS-Fahndungsstelle hatte im vergangenen Jahr nach Voruntersuchungen 30 Fälle an Staatsanwaltschaften in Deutschland weitergeleitet. Sieben weitere Ermittlungen betrafen Verdächtige im Ausland, unter anderem in Israel.

Für eine Anklage muss eine Tatbeteiligung nachgewiesen werden. Außerdem müssen die Männer auch noch verhandlungsfähig sein.


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