2.10. - Gegen Deutschland und seine Freunde!

Am 2. und 3. Oktober sollen in Saarbrücken zum 20. mal die Feierlichkeiten zum Tag der deutschen Einheit stattfinden. Die Antifa Saar ruft am Abend des 2.Oktober zu einer Demonstration gegen die Feierlichkeiten mit dem Motto "No Love for the Nation - gegen Deutschland und seine Freunde!" auf.

Aufruf zur Demonstration der Antifa Saar / Projekt:


Der 3. Oktober ist seit 1990 der deutsche Nationalfeiertag. Die Feierlichkeiten zur deutschen Einheit werden jedes Jahr von demjenigen Bundesland organisiert, welches den Vorsitz im Bundesrat innehat. Zum zweiten Mal in der Geschichte findet dieses ausgesprochen deutsche Fest nun am 2. und 3. Oktober 2009 im Saarland statt.

Gefeiert wird seit 1990 das aus der „Überwindung zweier Diktaturen“ neu gewonnene Nationalgefühl. Wobei bei dieser geschichtsrevisionistischen Gleichsetzung auch außer Acht gelassen wird, dass die Diktatur der Nazis nicht von den Deutschen sondern von den Alliierten beendet wurde. Man hatte Jahrzehnte die Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit gemieden. Im Westen wurden viele Nazikader erst gar nicht aus Politik und Wirtschaft entfernt, im Osten verklärte man die Geschichte und erfand das Märchen vom angeblich breiten Widerstand der Arbeiterbewegung gegen den Nationalsozialismus. Dabei hatte gerade der Nationalsozialismus große Teile der Arbeiterbewegung von der wahnhaften Idee der nationalen Schicksalsgemeinschaft überzeugt und so den Holocaust erst ermöglicht.

Seit 1990 hat sich dieser Umgang mit den deutschen Verbrechen allerdings Schrittweise geändert.

Im Schatten des nationalen Taumels, der seinen Auslöser in der Auflösung der DDR fand, wuchs das neue Geschichtsbewusstsein der BRD. Während vielerorts in Deutschland zu Beginn der 90er Jahre Neonazibanden Asylbewerberheime in Brand setzten (so zum Beispiel am 19.09.1991 in Saarlouis, Solingen...), schaffte die Bundesregierung 1993 als Reaktion darauf das Asylrecht faktisch ab. Abschiebungen, die im Heimatland nicht selten in die Folter oder den sicheren Tod führen, sind mittlerweile bundesdeutsche Normalität. Seit mit Gerhard Schröder und vor allem Joschka Fischer die 68er Generation die deutsche Politik bestimmte, hat sich an dieser Situation zwar einiges verändert, aber nichts verbessert. Hatte man zuvor die deutsche Schuld mehr oder minder erfolgreich versucht zu leugnen oder zu verstecken, so wird das Gedenken an den Holocaust spätestens seit Rot-Grün zum zentralen Bestandteil deutscher Identitätsbildung. Während Flüchtlingsverbände und Kriegsgräberfürsorge schon längst der „eigenen Opfer“ Gedenken wollen und nichts mehr von den eigenen Verbrechen hören wollen, wird das Gedenken an die Verbrechen der Shoa offizielle Staatsräson, nicht aber ohne den Verweis darauf, dass man gerade durch diese Vergangenheit eine außergewöhnliche Verantwortung trage: Die Legitimation der eigenen Großmachtambitionen wird aus der vermeintlichen moralischen Überlegenheit gezogen. Diese nicht wirklich definierte Verantwortung muss im öffentlichen Diskurs mal zur Rechtfertigung von Kriegen (Serbien), mal zur Verweigerung der Teilnahme an Kriegen herhalten (Irak-Krieg). Auch bei Verhandlungen zwischen Islamisten der Hamas und Israel wird diese Karte gerne gespielt um im Namen des Völkerrechts Israel das Recht auf Selbstverteidigung abzusprechen.

Deutschland hat durch diese Rolle der scheinbar geläuterten Nation in Europa längst wieder eine Vormachtstellung eingenommen. Im Rahmen der neuen europäischen nationalen Identität ist es auch und gerade Deutschland, das immer wieder den Ton angibt, wenn es um die Unterordnung des Individuums unter die nationale Schicksalsgemeinschaft geht. Der rheinische Kapitalismus wird dem entfesselten Raubtierkapitalismus aus den USA als sozialere Alternative entgegengestellt. Blinder Antiamerikanismus herrscht im Großteil der Berichterstattung über die Finanz- bzw. Wirtschaftskrise vor. Die gierigen Manager und Spekulanten aus den USA haben den Laden ruiniert, den deutsches Kapital und deutsche Arbeit so mühsam zusammengeschustert hatten. In Ost und West üben sich die Deutschen wieder im verleugnen der Ursachen, das Problem wird außerhalb gesucht. Nicht die irrationale Organisation der Produktionsmittel zur Verwertung von allem und jedem wird als Fehler begriffen, sondern die ausführenden Organe, die da oben, die Manager, Heuschrecken, die müssen den Fehler gemacht haben. Die gleiche Aufteilung in schaffendes und raffendes Kapital liegt der nationalsozialistischen Ideologie zu Grunde.

Da wundert es auch nicht weiter, dass die Kritik der Bundesregierung an klerikalfaschistischen Regimes wie dem von Achmadinedjad im Iran nicht lange nachhallt und zugunsten der deutschen Wirtschaftsbeziehungen (Mercedes, Siemens...) letztlich ganz verstummt. Denn gerade diese Wirtschaftsbeziehungen sichern Deutschland eine Rolle als vermittelnde Großmacht auf der internationalen Bühne und versetzen deutsche Diplomaten in die Lage scharfe Sanktionen gegen solche menschenverachtenden Regimes auszubremsen.

Aus unserer Sicht gibt es jedenfalls nichts zu feiern. Und deshalb werden wir am 2. Oktober unserem Unmut über die deutschen Zustände, die Nation, den Staat und den Kapitalismus im Allgemeinen in einer Abenddemonstration Ausdruck verleihen. Wir wollen uns nicht vereinnahmen lassen von nationalistischen Projekten. Diese dienen letztlich nur dazu uns zum durchhalten und mitmachen zu animieren, treten unser Bedürfnis nach Selbstbestimmung aber täglich mit Füßen.

Deshalb rufen wir alle emanzipatorischen Menschen auf, am 2. Oktober um 19Uhr mit uns auf die Straße zu gehen. Erteilen wir dem Deutschland-Taumel eine Absage und verleihen unserer Forderung nach einem selbst bestimmten Leben in Freiheit und Solidarität Nachdruck.


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Kommt alle zur Demonstration!
02.10.09 | 19:00 | Saarbrücken Hauptbahnhof

Alle aktuellen Infos finde ihr auf:

http://www.antifa-saar.org oder über

http://2oktober09.tk/