Gerd Baer erklärt den Autonomen den Krieg

Erstveröffentlicht: 
10.11.2013

7000 Wohnungen hat er nach eigenen Angaben allein in Hamburg gebaut. Er hat Theologie studiert, war einer der größten Party-Veranstalter der Stadt und wurde 2010 wegen Untreue zu Knast auf Bewährung verurteilt – der 69-Jährige ist ein Mann voller Widersprüche.

 

Fast täglich wendet Baer sich in Sachen Flora mit Pressemitteilungen an die Öffentlichkeit. Offiziell ist der Chef der Immobilienberatungsfirma Baer & Baer am Neuen Wall nur "Berater" von Flora-Besitzer Kretschmer, doch tatsächlich soll er dem ewig klammen "Kultur-Investor" wohl vor dem Ruin retten. Doch Baer beteuert: "Klausmartin Kretschmer ist nicht pleite." Er behauptet, der Flora-Besitzer stehe "auf gesunden finanziellen Beinen".

So wie Baer selbst? 1967 jedenfalls sah die finanzielle Zukunft für den Jura-Studenten rosig aus. Er gründete eine Maklerfirma und scheffelte ordentlich Geld. 1969 gründete er zusammen mit zwei Kommilitonen die Hanseatische Treuhand (HAT). Mit sogenannten "Bauherrenmodellen" wurden Wohnungskäufern Steuerersparnisse und satte Renditen versprochen. Doch Mietgarantien der HAT erwiesen sich als unrealistisch. Die Verkaufspreise der Wohnungen waren auch nicht gerade niedrig. 1998 fiel das Firmenkonstrukt in sich zusammen: Konkurs!

 

Anleger riefen nach dem Staatsanwalt. Doch Baer sieht die HAT als Opfer der damals kritischen wirtschaftlichen Entwicklung, sagt: "Ich hab ein Jahr lang viel privates Geld reingesteckt."

 

Privates Geld hat Baer jahrelang auch in legendäre Partys gesteckt. Mitte der 90er Jahre strömten Promis wie Udo Lindenberg, H.P. Baxxter und Michael Ammer mittwochs zu den "Gym Yellow Moon Partys" in die damals angesagtesten Discos der Stadt, "Traxx" und "Roxx" in Hammerbrook. Mitten drin: der gut aussehende Gert Baer. Der charmante Rolex-Träger war oft mit attraktiven jungen Damen unterwegs.

Baer aber bittet: "Schreiben Sie nicht, dass ich ein Party-König war. Das waren Marketing-Maßnahmen für die HAT." Höhepunkt der Baer-Events war eine "Wasserparty" in Planten un Blomen. "Da kamen 6000 Leute", bemerkt Baer sichtlich stolz.

 

Nach der HAT-Pleite wurde es ruhig um Baer. Er will seitdem Geld mit Insolvenzen verdient haben. "So 60 mögen das gewesen sein, vor allem im Bereich Gastronomie, 'Mr. Green', 'Fit for fun', 'Dexters', 'Schmitz'." Da war Baer noch Rechtsanwalt.

 

Doch die Zulassung verlor er 2007. Warum, bleibt unklar. Baer erklärt, er habe nur versäumt, die Pflicht-Versicherungsbeiträge zu zahlen. Die Rechtsanwaltskammer verweigert die Auskunft.

 

Nach dem Entzug der Zulassung tritt Baer aber in einem Verfahren verbotenerweise als Anwalt auf. Was ihm eine Verurteilung einbringt. 2010 kommt es dann ganz dicke: Weil er 2003 Gelder einer Mandantin veruntreut hat, wird er zu einem Jahr und neun Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Baer dazu:

 

"Ein krasses Fehlurteil. Da stand Aussage gegen Aussage. Ich will eine Wiederaufnahme des Verfahrens."

Wer die Website von Baer & Baer besucht, wird erschlagen von 63 "Referenzobjekten". Viele davon in bester Lage wie Isestraße, Mittelweg, Elbchaussee und im Sylter Nobelort Kampen. Auch in den USA, Frankreich, Irland und sogar in Thailand will Baer aktiv sein. Konkrete Angaben? Fehlanzeige.

 

Auf Nachfrage spricht Baer von einem Hotel-Projekt in der Türkei. Und den US-Investor, der angeblich die Rote Flora "entwickeln" will, gibt es den wirklich? "Natürlich", sagt Baer im Brustton der Überzeugung. Und kündigt an, dass dieser noch diverse Hotel-Projekte in Hamburg verwirklichen will. Natürlich mit ihm, Gert Baer, als Partner.