Ulm: Polizei beobachtet 30 Neonazis aus der Region

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Erstveröffentlicht: 
18.08.2009

Interview: Kripochef Mössinger
Polizei beobachtet 30 Neonazis aus der Region

Die Polizei schützt das Recht und nicht die Rechten. Wir sprachen mit Kripochef Volker Mössinger über die Umtriebe der Neonazis in der Region

Hans-Uli Mayer


Der 1. Mai war der Testlauf, am Montag folgte die Fortsetzung. Entdecken die Rechten jetzt Ulm?

VOLKER MÖSSINGER: Dieses Thema muss differenzierter angegangen werden. Am 1. Mai fand eine für Süddeutschland zentrale Veranstaltung der Jungen Nationalen (JN) statt, die eine große Anziehungskraft im gesamten politischen Spektrum verursacht hat. In den vergangenen Tagen dagegen wurde im Internet unter dem Hinweis auf den Todestag von Rudolf Heß für einen Flashmob geworben, der bundesweit an über 90 Orten durchgeführt werden sollte. Für mich ist das kein Hinweis darauf, dass die Rechten Ulm in einem besonderen Fokus sehen.

Wieviele Alt- und Jungnazis gibt es in der Region? Wie groß ist die von Ihnen beobachtete Szene?

MÖSSINGER: Wir richten derzeit unser besonderes Augenmerk auf eine Klientel von etwa 30 Personen im Alter zwischen 18 und 25 Jahren. Diese stammen zu etwa einem Drittel aus Ulm und dem Alb-Donau-Kreis, ansonsten aus den benachbarten Kreisen Biberach, Neu-Ulm und Heidenheim. „Altnazis“ fallen bei uns aktuell nicht auf.

Stimmt der Eindruck, dass es immer mehr unorganisierte Neonazis gibt? Wer ist gefährlicher, die organisierte oder die nichtorganisierte Rechte?

MÖSSINGER: Für unseren Zuständigkeitsbereich bestätigt sich diese Annahme nicht. Die aktive Szene hat sich in den letzten Jahren nicht merklich verändert. Extreme ideologische Auffassungen bergen immer dann eine gewisse Gefahr, wenn der Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung verlassen wird. Organisierte Strukturen sind in der Regel nachhaltiger, nichtorganisierte Extremisten sind dafür schwerer kalkulierbar.

In der Vergangenheit gab es immer einzelne Anführer, wie beispielsweise in Senden oder Langenau. Gibt es derzeit etwas vergleichbares?

MÖSSINGER: Wir beobachten eine eher lose Verbindung in der rechten Szene, ohne dass sich eine Hierarchie abzeichnet.

Am 1. Mai waren Neonazis aus ganz Süddeutschland in Ulm. Gibt es überregionale Verflechtungen?

MÖSSINGER: Die JN, die Jugendorganisation der NPD, hatte zum 1. Mai eine Kundgebung in Ulm angemeldet, die aus rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht gänzlich unterbunden werden konnte. Insoweit gibt es in diesem Zusammenhang überregionale Strukturen und Funktionen, die bei der Organisation solcher zentralen Veranstaltungen zusammenwirken. Darüber hinaus spielt das Internet eine besondere Rolle bei der Steuerung von Informationen.