[Berlin-Charlottenburg] Neue Rechte auf Langer Nacht der Bibliotheken

Neurechtes Institut auf Langer Nacht der Bibliotheken

Am 24. Oktober findet in Berlin zum zweiten mal die soge­nannte „Lange Nacht der Biblio­theken in Berlin“ statt. Neu ist in diesem Jahr, dass sich unter den rund 30 betei­ligten Biblio­theken, erst­mals auch ein Institut der neuen Rechten befindet. Gleich nach dem Gruß­wort von Ber­lins regie­renden Bür­ger­meister, wird im Begleit­heft zur Langen Nacht die neu­rechte „Biblio­thek des Kon­ser­va­ti­vismus“ beworben. [1]

 

Ein dichtes Netzwerk

 

Bei der im November 2012 in Berlin-Charlottenburg eröff­neten „Biblio­thekt des Kon­ser­va­ti­vismus“ han­delt es sich um eine der bedeu­tendsten Ein­rich­tungen der Neuen Rechten im deutsch­spra­chigen Raum. Die hinter dem Pro­jekt ste­hende „För­der­stif­tung Kon­ser­va­tive Bil­dung und For­schung“ (FKBF) ist eng ver­bunden mit der neu­rechten Wochen­zei­tung „Junge Frei­heit“, die schon im Jahre 2011 anläss­lich der bevor­ste­henden Eröff­nung titelte: „Erst­mals seit 1945 hat damit der kon­ser­va­tive Bil­dungs– und Geis­tes­schatz in Deutsch­land wieder eine Heimat.“ [2] Stif­tungs­rats­vor­sit­zender und pres­se­recht­lich ver­ant­wort­lich für die Inter­net­seite der FKBF ist im Übrigen Dieter Stein, sei­nes­zei­chens Gründer und Chef­re­dak­teur der Jungen Frei­heit.

 

Den Grund­stein der mitt­ler­weile etwa 60.000 Werke umfas­senden „Biblio­thek des Kon­ser­va­ti­vismus“ lie­ferte die rund 20.000 Bücher umfas­sende Pri­vat­samm­lung des 2009 ver­stor­benen Caspar von Schrenck-Notzing. Zu Leb­zeiten war Schrenck-Notzing, zusammen mit Armin Mohler, lang­jäh­riger Her­aus­geber der Zeit­schrift „Cri­ticon“, die über Jahr­zehnte rechts-konservative und neu­rechte Kreise ent­schei­dend prägte.

 

Förderung neurechter Publizistik

 

Zu einer Tagung unter dem Motto „Fort­schritte beim Aufbau der Biblio­thek des Kon­ser­va­tismus“ lud der Stif­tungs­rats­vor­sit­zende Dieter Stein bereits im November 2010, als sich das Pro­jekt noch auf Raum­suche befand. Noch heute rühmt sich die „Biblio­thek des Kon­ser­va­ti­vismus“ auf ihrer Inter­net­seite, dass der neu­rechte Mul­ti­funk­tionär Karl­heinz Weiß­mann vom neu­rechten Institut für Staats­po­litik (ifS) damals als Redner auf­trat.

 

Tagungsräume

 

Neben diesen Tätig­keiten zur För­de­rung neu­rechter Publi­zistik, werden in den Räum­lich­keiten der Stif­tung seit Eröff­nung der Biblio­thek vor knapp einem Jahr zudem regel­mäßig Ver­an­stal­tungen mit rechten Referent_innen orga­ni­siert: Schon zur Eröff­nung hielt Alex­ander Demandt einen Vor­trag, in dem er die neu­rechte Ikone Oswald Sprenger und sein Werk „Der Unter­gang des Abend­landes“ auf­griff. [3] Dann im ver­gan­genen Sep­tember ver­an­stal­teten christlich-fundamentalistische Abtreibungsgegner_innen in der Biblio­thek eine Begleit­ver­an­stal­tung zum soge­nannten „Marsch für das Leben“. [4] Im Mai refe­rierte der für kul­tu­ra­lis­ti­sche Aus­fälle bekannte „Islam­kri­tiker“ [5] und Junge Freiheit-Kolumnist Rolf Stolz und im kom­menden November wird Felix Strü­ning, Geschäfts­führer der natio­nal­li­be­ralen „Stresemann-Stiftung“ und 2011er Kan­didat für die kul­tur­ras­sis­ti­sche Partei „Die Frei­heit“, in den Räumen der Biblio­thek dar­über refe­rieren „Wie isla­mi­sche Akteure unsere Grund­rechte bedrohen“. [6]


Auch auf dem letzt­jäh­rigen „Zwi­schentag“ des Insti­tuts für Staats­po­litik, einem der maß­geb­li­chen Ver­net­zungs­treffen publi­zis­ti­scher Organe der Neuen Rechten, prä­sen­tierte der aktu­elle Biblio­theks­leiter Wolf­gang Fenske, das Pro­jekt gegen­über dem neu­rechten bis neo­na­zis­ti­schen Publikum. Fenske selbst ist ehe­ma­liger Redak­teur der Jungen Frei­heit. [7]

 

Neurechte Schnittstelle

 

Und so wird deut­lich, dass es sich bei der „Biblio­thek des Kon­ser­va­tismus“ kei­nes­falls um eine unpo­li­ti­sche Spe­zi­al­bi­blio­thek han­delt, son­dern um eine wesent­liche Struktur des nicht­par­tei­li­chen deut­schen Rechts­kon­ser­va­tismus, die als ideo­lo­gi­sche Schnitt­stelle bis weit ins deutsch­na­tio­nale, völ­ki­sche und kul­tu­ra­lis­ti­sche Lager fun­giert.

 

Dieter Stein for­mu­lierte den poli­ti­schen Anspruch der neu­rechten Biblio­thek bereits im Jahre 2009: „Eine kon­ser­va­tive For­schungs­bi­blio­thek in der Haupt­stadt und in Uni­ver­si­täts­nähe arti­ku­liert einen Anspruch auf wis­sen­schaft­liche und poli­ti­sche Mit­wir­kung“ [8] und meint damit die Hof­fä­hig­ma­chung und Ver­brei­tung neu­rechter Posi­tionen in der Mitte der Gesell­schaft.

 

Indem der „Biblio­thek des Kon­ser­va­tismus“ nun auf der 2. Langen Nacht der Biblio­theken die Mög­lich­keit geboten wird, sich öffent­lich als neu­trale Ein­rich­tung der Wis­sens­ver­mitt­lung zu prä­sen­tieren, gehen die Organisator_innen der neu­rechten Stra­tegie auf den Leim. Denn hinter dem harmlos klin­genden Wort „Kon­ser­va­tismus“, offen­bart sich hier bei genauerem Hin­sehen einmal mehr eine weit offene Flanke nach rechts.

 

Mit den Worten: „Hilfe, ich werde kon­ser­vativ! oder: Warum das (eigent­lich) ganz normal ist“ wird die neu­rechte Biblio­thek im Pro­gramm der Langen Nacht beworben.

 

Orga­ni­siert wird die „Lange Nacht der Biblio­theken in Berlin“ vom Lan­des­ver­band Berlin im Deut­schen Biblio­theks­ver­band e.V., dem Regio­nal­ver­band des Ver­eins Deut­scher Biblio­the­kare Berlin/Brandenburg und dem Berufs­ver­band Infor­ma­tion Biblio­thek e.V.

 

Lan­des­ver­band Berlin im Deut­schen Biblio­theks­ver­band e.V.
Alfred-Mario Molter (Vor­stands­vor­sit­zender)
Rahns­dorfer Straße 18, 12587 Berlin
Tel: (030) 6455925
Fax: (030) 64095926
E-Mail: ammolter@ammolter.de

 

Regio­nal­ver­band des Ver­eins Deut­scher Biblio­the­kare Berlin/Brandenburg
Karen Schmohl (Vor­stands­vor­sit­zende)
Tel: (030) 1817–1479 oder –2208
Fax: (030) 1817–4179
E-Mail: rv.berlin-brandenburg@vdb-online.info
Biblio­thek des Aus­wär­tigen Amtes
Wer­der­scher Markt 1, 10117 Berlin

 

Berufs­ver­band Infor­ma­tion Biblio­thek e.V.
Frank Redies (Vor­stands­vor­sit­zender, Lan­des­gruppe Berlin)
Tel.: (030) 266 435 882
Fax: (030) 266 335 801
E-Mail: frank.redies@sbb.spk-berlin.de
Staats­bi­blio­thek zu Berlin
Pots­damer Straße 33, 10785 Berlin

 

Fußnoten:

[1] Pro­gramm­heft, Lange Nacht der Biblio­theken in Berlin, S.4 ff.
[2] „Eine wun­der­bare Mis­sion“, Junge Frei­heit, 25. November 2011
[3] „Biblio­thek des Kon­ser­va­tismus in Berlin eröffnet“, Junge Frei­heit, 26. November 2012
[4] www.fkbf.de/fkbf.html
[5] „Soll ein Land es ohne Gegen­wehr hin­nehmen, wenn es von Ein­wan­de­rungs­be­we­gungen über­rannt und seine Kultur gegen den Willen seiner Bevöl­ke­rung von Fremden über­formt und eli­mi­niert wird?“, Rolf Stolz in seinem Buch „Deutsch­land, deine Zuwan­derer“ — Rezen­si­ons­notiz, Neue Zür­cher Zei­tung, 12. Juni 2004
[6] www.fkbf.de/veranstaltungen.html
[7] www.jungefreiheit.de/Autoren.52.0.html
[8] „Anspruch auf Mit­wir­kung“, Anti­fa­schis­ti­sches Info­blatt, 18. Sep­tember 2009

 

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