Anlässlich der bevorstehenden Bundestagswahlen sind auch in Schleswig-Holstein wieder einige skurrile Kandidat*innen zu finden. Wie schon im Jahr 2009 ist auch dieses Jahr der Bio-Landwirt Frank Schepke aus Löptin (Kreis Plön) wieder einer von ihnen. Von Interesse ist Schepke aus antifaschistischer Perspektive, da er bereits 1965 als Kandidat für eine Bundestagswahl antrat. Damals ließ er sich für die NPD aufstellen. Auch war er vor seinem Austritt aus der Partei Ende der 60er zeitweise Mitglied des Landesvorstands der NPD in Niedersachsen.
Der „KannWas“
Sein Engagement für die neonazistische Partei scheint Schepke tatsächlich mittlerweile eingestellt zu haben. Stattdessen ist er maßgeblich an der Etablierung der Regionalwährung „KannWas“ beteiligt. In Deutschland gibt es mittlerweile verschiedene Gruppen, die versuchen, anstelle beziehungsweise parallel zur offiziellen Währung regionale Zahlungsmittel zu etablieren.
Der „KannWas“ soll bei regionalen Einkäufen statt des Euros verwendet 
werden. In Kiel und Umgebung gibt es nach eigener Auskunft ca. 80 Läden,
 in denen der „KannWas“ akzeptiert wird. Neben Reiki-Meister*innen und 
Yogastudios sind hier auch approbierte Ärzt*innen und 
Steuerberater*innen, sowie allerlei Hofläden zu finden. Der „KannWas“ 
kann bei Schepke selbst und einigen „Tauschstellen“ 1:1 gegen den Euro 
erworben werden.
 Grundlage des „KannWas“ sind dabei die Freiwirtschaftslehren von Silvio
 Gesell. Hauptmerkmal dieser Theorie ist die sukzessive Entwertung des 
Geldes, um so die Hortung von Kapital zu vermeiden. Damit einher geht 
das Verbot, Zinsen auf verliehenes Geld zu erheben. Um zu vermeiden, 
dass Kapitalwerte in Grundbesitz angelegt werden, schlägt Gesell eine 
Verstaatlichung des Bodens vor. Ansonsten bleibt der Besitz von 
Privateigentum jedoch bestehen.
Schon zu Lebzeiten (1862-1930) wurde Gesell mit Antisemitismus-Vorwürfen
 konfrontiert. Dabei sind nur wenige seiner Aussagen explizit gegen 
Juden und Jüdinnen gerichtet, sondern weisen vielmehr einen 
strukturellen Antisemitismus auf. Gesells Trennung von Produktiv- und 
Finanzkapital bietet Anknüpfungspunkte für rassistische und 
antisemitische Theorien, die zwischen „schaffendem“ und „raffendem“ 
Kapital unterscheiden und dabei letzteres bevorzugt mit der jüdischen 
Bevölkerung assoziieren. Auch sozialdarwinistische Versatzstücke sind in
 Gesells Lehren zu finden. So ist es nicht verwunderlich, dass sich 
vermehrt Anhänger der Gesell’schen Wirtschaftslehre auch der NSDAP 
anschlossen.
Das "Willi-Weise Projekt"
Zwar ist Schepke parteilos, tritt jedoch als Kandidat für das „Willi-Weise Projekt“ an. Hinter dieser Bewegung steht der Verschwörungstheoretiker Otto Friedrich Schönbeck, der seit Jahrzehnten mit ausbleibendem Erfolg immer wieder Kleinstparteien und Projekte gründet. Schönbeck bezeichnet sich selbst als Freund des iranischen Volkes und gilt als Anhänger des ehemaligen iranischen Präsidenten und Antisemiten Ahmadinedschad. Bei seinem aktuellen „Willi-Weise Projekt“ geht es Schönbeck ebenfalls um die Einführung zinslosen und an Wert verlierenden Geldes. Auch Schönbeck beruft sich auf die Theorien Gesells. An Selbstüberzeugung mangelt es Schönbeck dabei scheinbar nicht. In dem prophezeiten Weltuntergang 2012 sah er den Durchbruch seines Projekts gekommen. Beides blieb zwar bislang aus, davon lässt sich bei „Willi-Weise“ aber niemand beirren. Bezüge zu Verschwörungstheorien finden sich dabei in Schönbecks Texten immer wieder. Häufig verquickt mit „Fakten“ und willkürlichen Zahlen. So sollen möglichst einfache und „logische“ Erklärungen gesellschaftlicher Zusammenhänge präsentieren werden. Über eine verschwörungstheoretische und strukturell antisemitische allgemeine Kritik an „denen da oben“, womit wohl hauptsächlich Banken und „Investoren“ gemeint sind, kommt Schönbeck nicht hinaus.
Schepke und die Rechten
Wer sich die Internetseite und Publikationen anschaut, für die sich Schepke verantwortlich zeichnet, findet auf den ersten Blick, außer den Verweisen auf die Theorien Gesells, wenig, was auf eine rechte oder antisemitische Gesinnung schließen ließe. Allzu viel gibt Schepke jedoch auch nicht preis. Sein Wahlprogramm passt auf einen DIN A4 Flyer, veröffentlichte Artikel sind knapp und wenig aufschlussreich. Ansonsten gibt es kaum Unterscheide zum „Willi-Weise Projekt“. In erster Linie geht es ihm wohl darum, seine Regionalwährung als Zahlungsmittel zu etablieren. Alles andere, zum Beispiel die „soziale Frage“, löse sich dann von ganz allein.
Aufschlussreicher sind dagegen die Literaturtipps. Unter anderem wird 
hier auf Günter Bartsch verwiesen, der zeitweise ein Weggefährte Baldur 
Springmanns war. Springmann war ebenfalls ökologischer Landwirt und bis 
zu seinem Tod 2003 als Publizist im rechten und völkischen Spektrum 
aktiv.
Hinweise auf seine Parteikarriere in der NPD würde Schepke wohl gerne 
aus dem Internet verbannen. Bis heute verfolgt ihn seine Kandidatur für 
die NPD und wirft ein negatives Licht auf seine Ideen vom Freigeld. Ganz
 unberechtigt scheint dieses Elefantengedächtnis dennoch nicht zu sein. 
Zwar ist Schepke aus der NPD ausgetreten, als Begründung nennt er aber 
interne Konflikte und Inkompetenz, die die Partei gelähmt hätten und die
 „Verwirklichung anfänglich dargestellter idealistischer Zielsetzungen“ 
verhinderten. Die antisemitische und rassistische Hetze der NPD 
umschreibt Schepke wohlwollend als „mißverständliche Äußerungen zum 
Antisemitismus und zur Ausländerfrage“.
 Zwar nehmen wir  ihm die Story der inkompetenten Parteifunktionär*innen
 gerne ab, eine Distanzierung von der Partei aus inhaltlichen Gründen 
sieht allerdings anders aus.
Auf Nachfrage bezüglich seines „Weltbilds“ verweist Schepke übrigens an den Verfassungsschutz.
Dass sich Schepke nach seinem Austritt aus der NPD einem Theoretiker zuwendet, dessen Theorien mindestens anschlussfähig an antisemitische Ideologien sind, sich für ein Projekt aufstellen lässt, dessen Gründer als Anhänger Ahmadinedschads bekannt ist und seine Distanzierung von der NPD sehr dünn ausfällt, lässt vermuten, dass antisemitische Stereotype noch immer zu Frank Schepkes Denkmustern gehören.

