Linke Aktivisten demonstrieren gegen die rechtsradikale Szene im Lumdatal. Im Internet werden auch Namen und Fotos von Rechtsradikalen veröffentlicht.
Eine Gruppe linker Aktivisten hat am Samstagabend in Rabenau-Geilhausen (Landkreis Gießen) unangemeldet gegen die Neonazi-Szene im Lumdatal demonstriert. Wie Jan Bauer, Sprecher der linken Kampagne „Wälder, Wiesen, Neonazis“, der Frankfurter Rundschau sagte, waren dafür rund 35 junge Leute mit einem Bus angereist. Man sei in Geilshausen durch den Ort gezogen, habe Flugblätter verteilt und eine spontane Kundgebung vor dem Wohnhaus eines bekannten Neonazis abgehalten. Mit der Aktion habe man Rechtsradikale „aus ihrer Anonymität reißen“ wollen, so Bauer.
Ein Sprecher des Polizeipräsidiums Mittelhessen bestätigte der FR auf Nachfrage, dass die Polizei wegen des Vorfalls alarmiert worden sei. Die Beamten seien mit einem Streifenwagen vor Ort gewesen, hätten aber nur noch gegen Neonazis gerichtet Flugblätter und Aufkleber gefunden. Die Urheber habe man nicht mehr angetroffen, sagte der Sprecher. „Sie verschwanden so schnell, wie sie kamen.“ Da keine strafbaren Handlungen vorlägen, habe man auch keine Ermittlungen aufgenommen.
Handlungen in rechtlicher Grauzone
Überraschende Auftritte wie dieser sind durchaus nicht unüblich: Mitglieder der autonomen Antifa-Szene versuchen mit solchen Aktionen, die sie selbst als „Outings“ bezeichnen, Neonazis unter Druck zu setzen. Namen, persönliche Daten und Fotos von bekannten Rechtsradikalen werden dafür am deren Wohnort oder Arbeitsplatz verteilt, die Flugblätter werden zumeist zusätzlich im Internet veröffentlicht – Handlungen, die sich in einem rechtlichen Graubereich bewegen. Erst Ende März hatten linke Aktivisten bei einer solchen Aktion vor den Häusern von insgesamt sechs Neonazis in ganz Hessen demonstriert, unter anderem in Eschborn. Sprecher Jan Bauer sagte, man wolle „Neonazi-Gewalt unmöglich machen“. „Dafür halten wir es für notwendig, Neonazi-Täter klar zu benennen.“ Die rechte Szene im Lumdatal sei zuletzt immer wieder durch Übergriffe und Drohungen aufgefallen, sagte Bauer. „Unser Eindruck war: Im Lumdatal brennt es, da muss von antifaschistischer Seite was passieren.“
Namen im Internet veröffentlicht
Man verstehe die Aktion als Ergänzung zum zuletzt stärkeren zivilgesellschaftlichen Engagement gegen die Neonazis in Allendorf und anderen Orten im Lumdatal. Die Kampagne „Wälder, Wiesen, Neonazis“ hatte schon vor einigen Monaten Hintergründe zur lokalen Neonaziszene im Internet veröffentlicht – seit Samstag findet man auf der Seite der Initiative nun auch Namen und Fotos von fünf Rechtsradikalen aus Allendorf, Grünberg und Rabenau.
Der Druck auf die sehr aktiven Neonazis im Lumdatal dürfte durch die Aktion weiter steigen. Erst Mitte Juli hatte die Gruppe, die seit Ende letzten Jahres immer stärker in die Öffentlichkeit getreten und dabei durch Sachbeschädigungen und Bedrohungen auffällig geworden war, im Internet ihre offizielle Auflösung bekannt gegeben. Offenbar als Reaktion auf den immer größere Aufmerksamkeit von Öffentlichkeit und Polizei hatten die Rechten sich unter das Dach der Jungen Nationaldemokraten (JN) geflüchtet, der Jugendorganisation der rechtsextremen NPD. Ihre Aktivitäten hatten in den letzten Wochen etwas nachgelassen.