Ein Medium der Gegenöffentlichkeit

Ans Mikro darf jeder.
Erstveröffentlicht: 
23.07.2013

Vor 25 Jahren erhielt der ehemalige Piratensender Radio Dreyeckland in Freiburg eine offizielle Lizenz .

 

Von Jürgen Ruf (dpa)

 

Legal oder illegal – für die Macher von Radio Dreyeckland ist nur die Botschaft wichtig. Der links-alternative Sender in Freiburg entstand aus der badischen und elsässischen Anti-Atomkraft-Bewegung der 1970er Jahre. In den ersten elf Jahren funkte er illegal als Piratensender. Vor 25 Jahren, im Juli 1988, erhielt er als erstes freies Radio in Deutschland eine Sendelizenz und wurde somit legalisiert.

"Wir haben eine lange und bewegte Geschichte. Aber mit unseren Themen bewegen wir uns im Hier und Jetzt", sagt Andreas Reimann. Der 45-jährige Pressesprecher ist seit 1991 bei Radio Dreyeckland. Blicken er und seine Kollegen zurück, ist es eine Geschichte von Klassen- und Häuserkampf sowie von Widerstand gegen staatliche Autorität.

Mit dem Sender in Freiburg hat alles begonnen. Deutschlandweit gibt es heute nach Angaben des Bundesverbandes der freien Radios 30 derartige nichtkommerzielle Radiosender, zwölf in Baden-Württemberg.

Die erste Sendung von Radio Dreyeckland lief am 4. Juni 1977. Sie war zwölf Minuten lang. Gefunkt wurde mit einem kleinen, leistungsschwachen Sender und einer Antenne, die symbolträchtig auf einem Strommast der französischen Elektrizitätsgesellschaft EdF installiert worden war. Denn mit dem Piratensender artikulierten deutsche und französische Atomkraftgegner ihren Widerstand gegen den elsässischen Meiler Fessenheim.

Aus dem Radio der Ökologiebewegung wurde schnell ein "Medium der Gegenöffentlichkeit", so die Selbstbeschreibung. Weil Radio Dreyeckland keine Sendegenehmigung hatte, lieferten sich die Macher und die Polizei anfangs ein Katz- und Maus-Spiel. Gesendet wurde von wechselnden, unbekannten Orten. Die Polizei versuchte mit Hubschraubern, Hundestaffeln und Ortungsgeräten, das unbequeme Radio anzupeilen und auszuschalten – ohne Erfolg.

Auch Hausdurchsuchungen bei etlichen Radiomachern und ihren Freunden brachten nicht das gewünschte Ergebnis. Im Gegenteil: Zahlreiche Freiburger solidarisierten sich. Schließlich wurde es legalisiert. Ein Feindbild des Bürgertums wurde zum staatlich anerkannten Rundfunkanbieter mit eigener UKW-Frequenz. Aus Studios in einer ehemaligen Gießerei in Freiburg wird seither ein 24-Stunden-Programm gesendet – ohne Werbung. Rund 150 bis 200 ehrenamtliche Radiomacher beteiligen sich und erreichen nach Angaben des Senders zwischen 50 000 und 60 000 Hörer.

Ans Mikrofon darf jeder, der die linke Ideologie des Senders unterstützt. Der Wortanteil ist hoch, in feste Formate wird nichts gepresst. Auf Sendung geht etwa ein Antifa-Funk, das Frauen- und Lesbenradio, 15 fremdsprachige Programme und mehr als 50 Musiksendungen.

Finanziert wird das Radio von einem Freundeskreis, dem 1000 zahlende Mitglieder angehören. Hinzu kommt Geld des Staates. Dieses macht bei den freien Radios mehr als 90 Prozent der Finanzen aus. "Radio Dreyeckland war der Vorkämpfer für die freien Radios nicht nur in Baden-Württemberg, sondern bundesweit", sagt Thomas Langheinrich, Präsident der Landesanstalt für Kommunikation (LFK) in Stuttgart. Es habe sein Streitpotenzial nicht verloren. "Das geht so weit, dass man auch gerne die Hand beißt, die einen mit öffentlichen Geldern füttert." Doch die Sender haben es laut Langheinrich zunehmend schwer. "Ihre ursprüngliche Bedeutung als Gegenöffentlichkeit müssen sie sich gerade bei jungen Leuten ganz wesentlich mit Social-Media-Plattformen und Internetblogs teilen."

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nu muss man diesen Artikel nicht nur in diversen Tageszeitungen lesen, sondern auch noch bei linksunten. Dabei birgt er doch reichlich Fehler. Die zwei schwerwiegendsten sind folgende: "ans Mikrofon darf jeder, der die linke Ideologie des Senders unterstützt". RDL vertritt keine linke Ideologie sondern ist erfreulich unideologisch. Hier tummelt sich alles, was sich irgendwie links, queer, fortschrittlich, empört, engagiert, öko, oder sonstwie fühlt.  Hauptsache, er/sie hat was zu sagen. Trotzdem sind wir ein linkes Medienprojekt. Linke Parteien senden hier nicht. Und eine Ideologie unterstützen musste hier noch niemand.

 

Gelder vom Staat haben wir leider auch noch keine gesehen. RDL bezieht Gelder aus den Rundfunkgebühren, wie andere Radios auch. Mitnichten macht das 90 Prozent aus. Ohne unsere Mitglieder und ohne ständig diverseste Projekte an Land zu ziehen, wäre Radio Dreyeckland finanziell nicht überlebensfähig. Es ist auch nicht so, dass uns die Landesanstalt für Kommunikation (LFK) "mit öffentlichen Geldern füttert", wie deren Präsident Langheinrich es in diesem Artikel auszudrücken beliebt. Die LFK hat die Aufgabe, die Rundfunkgebühren an die Radios zu verteilen. Diese einfache Aufgabe erfüllt die LFK im Falle der Freien Radios so umständlich, zögerlich und geizig wie nur möglich.

Ja, hier werden völlig kritiklos Mainstream-Presseartikel übernommen. Dieser Artikel befindet sich im Pressearchiv. :-)