„Wir haben uns überzeugen lassen“, so Landrat Thomas Reinhardt. Der Landkreis wechselt bei der Versorgung von Asylbewerbern von Sachleistungen auf Geldleistungen. Der Kreistag stimmte zu. Doch: Eine der zwei Gegenstimmen hat ihre eigene Geschichte.
Zur Aufgabe des noch vor kurzem verteidigten Sachleistungsprinzips haben die Landkreisverwaltung zwei Vorgänge motiviert: Das Land will im Flüchtlingsaufnahmegesetz, dessen Eckpunkte den Kommunen und Landkreisen zur Kenntnis gegeben wurden, das Sachleistungsprinzip streichen und in der Nachbarschaft zahlen alle Landkreise die gesetzlich vorgesehenen Unterhaltsleistungen bereits bar aus. „Bei festgestelltem Missbrauch“, so Landrat Reinhardt, könne man per Einzelanordnung auch wieder bei der betroffenen Person zu Sachleistungen zurückkehren oder wahlweise Gutscheine aushändigen.
Ab August will der Landkreis die Geldleistungen auszahlen. Bis dahin sollen die Asylbewerber ein Girokonto bekommen, auf welches das Geld überwiesen wird. In zwei Raten. Daran stieß sich Margit Stumpp. Sie sah darin einen Ausdruck von Misstrauen und „ein falsches Signal.“ Alle anderen Leistungsbezieher erhielten ihr Geld auf einmal. Im Umgang mit Asylbewerbern zeigten Bund, Land und Landkreis ihrerseits immer noch Defizite. Immer noch, so Stumpp, gebe es zuwenig soziale Betreuung für die Menschen in den Übergangswohnheimen, immer noch gebe es keine Arbeitserlaubnis für Flüchtlinge und immer noch müssten diese Deutsch-Sprachkurse selbst bezahlen. Zudem wollte Stumpp wissen, welche Kriterien zur Sperre der Geldleistung führen. Ihr Antrag: einmalige Auszahlung und einen Bericht nach sechs Monaten zum Sachstand.
Große Bedeutung des Kontos für die Flüchtlinge
Landrat Thomas Reinhardt versicherte, dass es keine Prüfung von Asylbewerbern ohne Verdachtsmomente geben werde. „Das können wir auch gar nicht.“ Wenn es aber Anhaltspunkte gebe, werde man ihnen nachgehen.
SPD-Kreisrat Hans-Dieter Diebold begrüßte die Kurskorrektur der Verwaltung „binnen weniger Wochen“, CDU-Sprecher Bernhard Ilg verwies auf die große Bedeutung des Girokontos für die Asylbewerber. Kein Konto zu haben, das stigmatisiere in unserer Gesellschaft. Die Auszahlung in Raten hielt Ilg für angemessen. Zumal es ja auch einschlägige Erfahrungen gebe. Eingeführt worden seien die Sachleistungen doch deswegen, weil zu Hochzeiten der Asylanträge zu 90 Prozent Wirtschaftsflüchtlinge eine politische Verfolgung geltend gemacht hätten. Diese hätten die Barmittel dann überwiegend in ihre Heimat geschickt. Die jetzt anstehende Regelung sei eine „Chance für beide Seiten“ zu zeigen, dass Vertrauen gerechtfertigt ist. Wenn es funktioniere, so Landrat Reinhardt, sei es denkbar, in ein oder zwei Jahren auf eine Einmalauszahlung zu wechseln.
Gegen die Umstellung auf Geldleistungen stimmten von der Linkspartei Horst Mack und Margit Stumpp von den Grünen. Diese empfand wohl die Antworten auf ihre Fragen als unzureichend.