Während westliche Regierungen die syrische Bewegung gegen Baschar
al-Assad zu vereinnahmen versuchen, schrecken manche Linke deswegen vor
einer Solidarisierung mit ihr zurück. Frank Renken bringt Licht ins
Dunkel des ungleichen Kampfes zwischen Regime und Rebellen (1)
Zwei
Jahre nach Beginn der Demokratiebewegung durchlebt Syrien eine
humanitäre Katastrophe. Verantwortung dafür trägt das Regime von
Präsident Baschar al-Assad. Er und die herrschende Clique sind bereit,
das Land zu zerstören, um an der Macht zu bleiben. Die Truppen des
Regimes setzen schwere Artillerie, Panzer, Kampfflugzeuge und
Hubschrauber ein, um Ortschaften zu erobern oder kollektiv zu bestrafen,
über die es die Kontrolle verloren hat. (2)
Im letzten November begann die Luftwaffe mit dem Abwurf von
Brandbomben, die Napalm oder weißen Phosphor enthalten, über dicht
besiedelten Gebieten. (3)
Die
UN-Menschenrechtskommission schätzt die Gesamtzahl der Todesopfer auf
mittlerweile über 60.000; gesichert ist, dass der Regierungsgewalt bis
Mitte Januar 2013 mindestens 7718 Rebellen und 34.395 Zivilisten zum
Opfer fielen, darunter über 4450 Kinder. (4) Geschätzte zwei Millionen sind innerhalb Syriens oder in die Nachbarländer geflohen.
Auch
Medikamente sind knapp. Nicht nur die unzähligen Schussverletzungen,
auch Krankheiten wie Diabetes, Nierenversagen, Herz- und
Kreislauferkrankungen oder Krebs können nicht mehr wie früher behandelt
werden. Die Situation in den befreiten Gebieten ist besonders
verheerend, weil das Regime die Krankenhäuser »zu einem bevorzugten
Ziel« macht, so ein französischer Arzt der Organisation Ärzte ohne
Grenzen über die Lage in der nordsyrischen Provinz Idlib. »Sobald man
die Grenze überquert, riskiert man von der Luftwaffe des syrischen
Regimes bombardiert zu werden, auch hinter den Frontlinien. ... In den
öffentlichen Krankenhäusern ist deshalb niemand mehr. Operiert wird nun
in Privathäusern, in verlassenen öffentlichen Einrichtungen oder unter
der Erde.« (5)
Woher die Waffen kommen
Es
ist ein ungleicher Kampf zwischen Regime und Rebellen. Die
Aufständischen verfügen kaum über schwere Waffen und sind hauptsächlich
mit Sturmgewehren und Panzerfäusten ausgerüstet. Während das Regime
offen militärische Unterstützung aus Russland und Iran bezieht, ist der
Aufstand weitgehend auf sich allein gestellt. Die US-Regierung
unterstützt zwar verbal die syrische Opposition, liefert aber keine
Waffen.
Als einer der ersten Journalisten war Jonathan Littell für Le Monde
zu Beginn des Jahres 2012 im umkämpften Homs bei den bewaffneten
Gruppen, die sich als »Freie Syrische Armee« (FSA) bezeichnen. Er
berichtete detailliert über einzelne Waffentypen und -preise. Die Waffen
der Rebellen seien »zusammengewürfelt«; sie »erbeuten einen Großteil
ihrer Munition bei ihren Angriffen«. Auch sei die Armee des Regimes in
einem zerrütteten Zustand. Selbst zahlreiche Offiziere liefern Munition
gegen Geld oder aus Komplizenschaft. (6)
Tracey Shelton berichtete ein halbes Jahr später aus der Region
Idlib, wie der Gefangenenaustausch zur Finanzierung des Aufstands
beiträgt. Sie war Zeugin, wie ein Gefangener gegen Geld freigelassen
wurde. Nach Angaben eines zur FSA übergelaufenen Armeedeserteurs im
Dschebel as-Sawiya habe sein Dorf schätzungsweise 40 Prozent der Waffen
bei Armeeangehörigen des Regimes gekauft. »Der Austausch von Gefangenen
hat bislang 80.000 US-Dollar für den Waffenkauf gebracht«, so der
Deserteur. Weitere 50 Prozent ihrer Waffen eroberten sie im Kampf. »Die
verbliebenen 10 Prozent sind Spenden und werden aus dem Ausland
eingeschmuggelt, oder von Privathändlern gekauft, vor allem im Irak.« (7)
Militäranalysten
wie C. J. Chivers haben bestätigt, dass die Aufständischen bei der
Beschaffung von Waffen weitgehend auf sich allein gestellt sind. In
seiner Kolumne »At War« in der New York Times berichtet er in
diesem Zusammenhang detailliert über die Ergebnisse provisorischer
Waffenschmieden der Rebellen in den befreiten Gebieten. Selbst
Motorradscheibenbremsen und Satellitenschüsseln kommen zur Anwendung, um
Maschinengewehre auf Fahrzeugen zu montieren. (8)
Inwieweit
private reiche Geldgeber aus den Golfstaaten einzelne Rebellengruppen
unterstützen, ist schwer zu beurteilen. Es gibt zwei Staaten, die die
Rebellen seit Februar 2012 offiziell mit Geld und Waffen unterstützen:
Saudi-Arabien und Katar. Allerdings kam die Unterstützung, zumindest was
die Waffen angeht, offenbar nur schleppend in Gang. Eine Analyse der
International Crisis Group geht davon aus, dass einige Lieferungen ab
Mai 2012 erfolgten, also vierzehn Monate nach Beginn der Erhebung. (9)
Diese
Waffen stehen nicht der Mehrheit der Aufständischen zur Verfügung,
sondern sollen wenigen bewaffneten Gruppen mit islamistischer
Ausrichtung einen Vorteil verschaffen. Der Aufstand als Ganzes ist damit
noch lange nicht zu einer Marionette der Golfstaaten geworden. Überdies
scheint insbesondere die saudische Regierung zu den von ihr
protegierten Kämpfern keineswegs in einem konfliktfreien Verhältnis zu
stehen. Sie hat jüngst wieder die Kommunikation zum Assad-Regime gesucht
- »aus Angst, dass die radikalen Gruppen, die sie zum Sturz Assads
finanziert und bewaffnet haben, sich gegen sie selbst in der inneren
saudischen Arena richten, insbesondere nach den Explosionen nahe des
Innenministeriums in der saudischen Hauptstadt.« (10)
An
der grundlegenden Asymmetrie des Konflikts in Syrien haben die
Waffenlieferungen vom Golf ohnehin nichts geändert. Die Rebellen haben
keine Panzer, Hubschrauber oder Flugzeuge erhalten. Sie haben offenbar
auch keine oder nur sehr wenige tragbare infrarotgelenkte
Luftabwehrraketen, mit denen sie sich und ihre Ortschaften effektiv
gegen Angriffe aus der Luft verteidigen könnten. Erste Bilder, die den
Abschuss von Hubschraubern und Kampfjets mit solchen Waffen zeigen
könnten, kursieren seit November 2012 im Internet. (11)
Erst
nachdem Rebellen im vergangenen Herbst im Norden mehrere
Luftwaffenbasen des Regimes überrennen konnten, erwarben sie vermehrt
schweres Gerät und gewannen in der Folge deutlich an Terrain. Weite
Teile des Landes entziehen sich mittlerweile der Kontrolle des Regimes.
Seitdem tobt der Kampf im Umland der Hauptstadt Damaskus, die vom Regime
mit einem Ring aus Eliteeinheiten gegen Angriffe geschützt wird.
Anatomie der FSA
Die
Tatsache, dass der Aufstand nach zwei Jahren weder unter dem Druck des
materiellen Elends, noch unter der überlegenen Bewaffnung des Regimes zu
besiegen ist, illustriert seine Verwurzelung in der Gesellschaft.
Bewaffneter und ziviler Widerstand sind beide Teil desselben Prozesses.
Einfache Arbeiter und verarmte Landbewohner, die ärmsten Schichten der
Bevölkerung, stellen die Masse der Kämpfer. Sie waren es auch, die in
den ersten Monaten des Jahres 2011 der Protestbewegung zum Durchbruch
verholfen haben.
In der Tendenz galt: Je ärmer eine Ortschaft
und je ärmer ein Stadtteil, desto mehr Einwohner schlossen sich dem
Widerstand an. Während es dem Regime gelang, erste Demonstrationen im
Februar und März in der Hauptstadt Damaskus abzuwürgen, konnte es in der
vernachlässigten südsyrischen Kleinstadt Dera‘a die Situation nicht
mehr kontrollieren. Innerhalb von zwei Wochen breitete sich die Bewegung
im ganzen Land aus und fand schließlich in den Provinzhauptstädten Hama
und Homs ihre ersten Hochburgen, nicht in den verhältnismäßig
wohlhabenden Zentren der Metropolen Aleppo und Damaskus. In Hama mit
seinen rund 500.000 Einwohnern demonstrierten im Juni 2011 jeden Freitag
Hunderttausend oder mehr, bevor das Regime die Stadt im August mit
Panzern und Artillerie angriff. (12)
Der
erste Bezirk, der in Homs Ende 2011 vollständig unter Kontrolle des
bewaffneten Widerstands gelangte, war Baba Amr im Südwesten der Stadt.
Littell beschreibt es als das »ärmliche Viertel am Stadtrand«, ohne
Bürgersteige, »Lichtjahre entfernt« vom belebten Stadtzentrum Homs‘. (13)
Littells
Bericht zeigt die ganze Improvisation des bewaffneten Widerstands, der
um die Jahreswende 2011/12 noch in seinen Anfängen steckt. Die Kämpfer
tragen zivil und operieren in kleinen Einheiten aus den Orten und
Stadtteilen heraus, in denen sie wohnen. Er fragt nach den Gründen,
warum sie sich dem Kampf angeschlossen haben. Die Antworten ähneln sich.
Ein ehemaliger Soldat, der sich Abu Ahmad nennt, sei desertiert, weil
er in Rastan auf friedliche Demonstranten habe schießen sollen: »Wir
wurden in die Straßen geschickt, damit wir dort bewaffnete Gangs
bekämpfen. Ich habe keine einzige bewaffnete Gang gesehen. Sie haben uns
gesagt: die Munition ist egal, schießt, schießt, soviel ihr könnt!« (14)
Die
bewaffneten Aufständischen nennen sich FSA - die »Freie syrische
Armee«. Dabei handelte es sich in den ersten Monaten nicht um eine
tatsächliche Armee mit Hierarchie und strenger Befehlskette, sondern um
eine unkoordinierte Bewegung von Fahnenflüchtigen. Anfang Juni 2011 wird
aus Dschisr ash-Schughur, nahe der türkischen Grenze, von der ersten
großen Meuterei innerhalb der Armee berichtet, nachdem sich Offiziere
und Soldaten weigern, auf Demonstranten zu schießen. (15)
Zum ersten Mal kam es zu Toten auf Seiten regimetreuer Truppenteile,
die blutige Rache an der Stadt nahmen. Innerhalb weniger Tage flüchten
mehr als 10.000 Menschen in die Türkei.
Am 9. Juni stellt
Oberstleutnant Hussein Harmusch als einer der ersten höherrangigen
Offiziere ein Video auf YouTube ein, in dem er öffentlich erklärt, dass
er und seine Kameraden den Befehl verweigern, »um unbewaffnete
Demonstranten zu schützen, die Freiheit und Demokratie fordern«. Er
endet mit der Parole: »Nein zur religiösen Spaltung, das syrische Volk
ist eins, Syrien für alle!« (16)
Harmusch
gründet die Bewegung der freien Offiziere, die kurze Zeit später in der
neuen FSA aufgeht. Dessen Gründungserklärung verliest Oberst Riad
al-As‘ad zusammen mit sechs anderen desertierten Offizieren Ende Juli
2011 im türkischen Exil. Auch darin wird der überkonfessionelle Anspruch
der FSA unterstrichen, die das syrische Volk schützen wolle, »mit all
seinen Teilen und Konfessionen«. (17)
YouTube
ist voll von solchen selbsterstellten Videos von Soldaten, die sich
offen, häufig unter Vorzeigen ihres Personalausweises, der Fahnenflucht
bezichtigen und das Überlaufen zu einem der Bataillone oder Brigaden der
FSA erklären. Viele zeigen sich stolz, manche wirken schüchtern, manche
wirken ängstlich. In der Masse sind es Zeugnisse einer riesigen
Fahnenfluchtbewegung.
Ein Kommandeur der FSA aus dem Umland von
Damaskus beschreibt im Interview mit der revolutionär-sozialistischen
syrischen Zeitung al-Khatt al-amami (»Die Frontlinie«) rückblickend diese Anfangszeit in seiner Region:
»Bis
zum Ramadan 2011, das heißt sechs Monate nach dem Beginn der
Revolution, tauchte keine Waffe auf, ungeachtet der Morde, Demütigungen,
Folter und Hausdurchsuchungen. In diesem Zeitraum hinterließ das Regime
gelegentlich Kisten mit Waffen in einigen Häusern, um die Bewohner der
Gegend beschuldigen zu können, sie würden sich bewaffnen. Aber diese
Versuche blieben erfolglos. Im Oktober und November 2011 begannen
einige, die ihren Vater, Bruder oder einen anderen Nahestehenden
verloren hatten, sich einen Revolver zu beschaffen, im besten Fall ein
Gewehr. Manche verkauften wertvolle Dinge oder den Goldschmuck ihrer
Frau, um Waffen zu kaufen. Diese Individuen haben sich zu Gruppen
zusammengetan. Wenn von der Freien Armee die Rede war, begannen sie, sie
hochleben zu lassen. Sie waren aber noch Zivilisten. Zwischen den
Gruppen in verschiedenen Gegenden gab es keinerlei Koordination. Im
Dezember 2011 nahmen die Desertionen in der Armee des Regimes zu und man
hörte von Gruppen und Brigaden. Eine Brigade hatte bestenfalls zwei
oder drei Offiziere in ihren Reihen. ... Es gab auch Brigaden ohne einen
einzigen Offizier, die nur aus einfachen Soldaten oder
Wehrdienstverweigerern bestanden. Diese Formationen waren da, um die
Demonstranten zu schützen...« (18)
Dieser
Prozess ist für die Weltöffentlichkeit kaum sichtbar gewesen. Das Bild
der FSA wird von den Auftritten weniger Offiziere in den arabischen
Satellitensendern al-Jazeera oder al-Arabiya geprägt, wie
FSA-Gründer Oberst al-As'ad, oder dem nominellen Kopf General Mustafa
ash-Scheich. Diese Offiziere im Exil bringen die Ideen, Interessen und
Verhaltensweisen der Klasse ein, der sie entstammen. Sie erscheinen
nicht nur äußerlich deutlich wohlhabender als die Kämpfer in den
Vierteln. Innerhalb der FSA-Führung treten auch ständig Reibungen auf,
etwa wenn Offiziere mit höherem Dienstrang für sich das Kommando über
formal nachgeordnete Ränge beanspruchen, selbst wenn sie sich erst
Monate später der FSA angeschlossen haben. (19)
Hierin
drückt sich der widersprüchliche Charakter der FSA aus. Ihre Kämpfer
haben als Fahnenflüchtige unter Lebensgefahr mit der Armeedisziplin
gebrochen und verteidigen ihre Familien. Die Exilführung hingegen will
die FSA zur regulären Armee eines neuen syrischen Staates machen. Sie
denkt geopolitisch und hofft auf die Unterstützung durch NATO-Staaten.
Wirkliche
Autorität haben jedoch nur die Kommandeure vor Ort, die mitunter selbst
in zentralen Fragen die Anweisungen der Exilführung missachten. Zu
Beginn des Jahres 2012 wurden Militärräte in den Distrikten eingeführt,
als Verbindungsglied zwischen FSA-Exilführung und innerem Widerstand.
Das hat das Auftreten von derlei Spannungen nicht verhindern können.
Ende Mai widersprach al-As‘ad einer Erklärung des Vorsitzenden des
Militärrats von Homs, Kassem Salah ad-Din, wonach die FSA einen
Waffenstillstand nur dann einhielte, wenn das Assad-Regime den Plan des
UN-Beauftragten Kofi Annan akzeptiere. Saad ad-Din konterte, die FSA in
Syrien würde keine Befehle mehr aus dem Ausland entgegennehmen.
Wörtlich: »Al-As'ad repräsentiert niemanden außer sich selbst«. (20)
Krieg ohne klare Frontlinien
Die
Entwicklung der FSA ist mit der Entwicklung des zivilen Widerstands
verwoben. Das Regime ließ in den ersten Monaten viele Demonstrationen
und Trauerprozessionen von Heckenschützen beschießen. Dann begann es,
militärische Straßensperren aufzubauen. So wird der Zugang zu Vierteln
kontrolliert und die Bewegungsfreiheit der Opposition massiv
eingeschränkt. Wer aus einem aufständischen Viertel kommt, muss
jederzeit damit rechnen, an einem solchem Checkpoint verhaftet zu
werden. (21)
Eine
der ersten Aktivitäten der bewaffneten Gruppen, die sich Ende 2011 zur
FSA bekannten, war die Errichtung von eigenen Stellungen in ihren
Heimatvierteln. Im Schutz von Straßensperren bewaffneter Aufständischer
wurden so in manchen der umkämpften Stadtviertel Anfang 2012 abendliche
Demonstrationen der Zivilbewegung zum ersten Mal relativ sicher
durchgeführt, sofern sie nicht durch höher gelegene Artilleriestellungen
erreicht werden konnten. (22)
Im
syrischen Bürgerkrieg gibt es keine klaren Frontlinien. Der Kampf um
die Kontrolle von Städten macht sich daran fest, ob das Regime oder die
FSA an strategischen Orten Posten aufbauen kann. Jene Stadtteile, aus
denen die Straßensperren des Regimes vollständig heraus gedrängt worden
sind, werden Opfer von Luftbombardements. (23)
Nicht
jede Straßensperre des Regimes ist gleich. Es macht einen Unterschied,
ob sie mit einfachen Soldaten, bestimmten Eliteeinheiten oder
rassistisch motivierten Schabiha-Milizen besetzt sind. (24)
Deshalb findet der Kampf um die Zurückdrängung der Regimepositionen
meist militärisch statt - in der Anfangszeit des bewaffneten Konflikts
aber zuweilen auch mit Tricks oder Überredung. So bildete sich in
umkämpften syrischen Städten ein ständig änderndes System von
Straßensperren heraus.
Littell beschreibt eine Situation in der Altstadt von Homs im Januar 2012:
»Dann
der Suk, dicht, eng, belebt, ein Labyrinth von kleinen Ständen. Hier
sind Männer der FSA, aber versteckt. Ein Scharfschütze der Armee auf
einem Gebäude gegenüber. Zu normalen Zeiten schießt er nicht. Aber wenn
es einen Zusammenstoß gibt, schießt er, damit die Leute fliehen. ... Die
Sicherheitskräfte sind gleich rechts, 100 Meter weiter. Wir biegen nach
links, tiefer in den Suk hinein. .. Hinter den Ständen, etwas weiter
ein FSA-Posten. Eingerahmte Kalligraphie auf den Sandsäcken: Die
Freiheit ist ein Baum, der mit Blut gegossen wird.« (25)
Die
Kräfteverhältnisse in diesem Mosaik aus verfeindeten Stellungen werden
durch Waffengewalt bestimmt - und durch die Frage, wie viel Rückhalt in
der Bevölkerung jede Seite aufbieten kann. Die Frage nach dem Ausgang
des Bürgerkrieges ist eine Frage der gesellschaftlichen
Kräfteverhältnisse.
Die Lokalen Koordinierungskomitees
Das
Rückgrat der Erhebung ist deshalb der zivile Widerstand. Er wird in
»Lokalen Koordinierungskomitees« (LKK) organisiert, die sich im ganzen
Land gebildet haben. In einem Konflikt, der auch ein Propagandakrieg
ist, liefern ihre täglichen Berichte detaillierte Informationen über
Gefechte, Bombardements und Opferzahlen. (26)
In Stadtteilen und Ortschaften haben die LKK seit Beginn der Erhebung
unzählige Demonstrationen durchgeführt, die bis heute weitergehen. Am
ersten Freitag im Dezember fanden nach Angaben von Aktivisten 201
Demonstrationen in 173 syrischen Städten und Dörfern statt. Am 18.
Januar 2013 wurden wieder mehr als 200 Demonstrationen in Syrien
gemeldet. (27)
Der
linke Oppositionelle Michel Kilo zitiert in einem Interview ein
besonders beeindruckendes Beispiel: »Mitte August [2012] gab es in
Daraya eine Demonstration von ungefähr 50.000 Menschen und das, obwohl
die Stadt zwei Tage zuvor angegriffen und besetzt worden war und obwohl
Hunderte von Menschen festgenommen wurden und verschwunden sind. Der
Widerstand ist also nicht nur militärisch, und der Träger der
militärischen Aktionen ist im Grunde die Zivilbevölkerung.« (28)
Dank
der Verbreitung von Internet und Handys mit Kamerafunktionen sind viele
dieser beeindruckenden Demonstrationen, große und kleine, im Hellen und
im Dunkeln, im Internet dokumentiert. Wie in den anderen arabischen
Ländern kommt dabei der aufbegehrende Jugend eine besondere Rolle zu. In
Aleppo, der größten Stadt des Landes, ging die Demokratiebewegung von
der Universität aus. Im Mai 2012 stürmten Milizen und Truppen des
Regimes die Uni, brachten vier Studierende um und verhafteten 200 von
ihnen. Das provozierte eine Protestwelle, die weite Teile der
Bevölkerung einbezog. (29)
Die Universitäten sind auch in Städten wie Damaskus, Homs und Deir
as-Sur ein wichtiger Kristallisationspunkt für Proteste. Koordiniert
werden die Aktivitäten von der im September 2011 gegründeten »Union der
Freien Studierenden Syriens«. Sie spielte eine wichtige Rolle in den
Kampagnen des zivilen Ungehorsams, wie die »Streiks der Würde« im Januar
und Februar 2012. Mitte Januar 2013, während ein Militärsprecher des
Regimes erklärte, angesichts der Positionierung von Elitetruppen sei die
»militärische Infiltration der Hauptstadt Damaskus quasi unmöglich«,
protestieren Studierende am helllichten Tag in der Altstadt Damaskus. (30)
Die
Jugend wartet nicht auf politische Parteien, um sich zu erheben. Unter
den Bedingungen des Krieges und gesellschaftlichen Zerfalls geht im Mai
2012 die Facebook-Seite der »revolutionären syrischen Jugend« online. (31)
Diese Seite dokumentiert in Hunderten von Einträgen einen ungebrochenen
Widerstandsgeist, darunter lautstarke nächtliche Demonstrationen in dem
vom Regime kontrollierten Stadtgebiet von Damaskus. (32)
In den Texten werden immer wieder die Kernideen wiederholt: Es handelt
sich um eine Revolution für die Freiheit, für Demokratie, gegen
religiöse Intoleranz, gegen das System.
Allerdings hat das Regime
die Revolution in einen Abnutzungskrieg hineingezogen. Dementsprechend
haben die Demonstrationen ihre Funktion verändert. Im Jahr 2011 war die
Hoffnung, dass durch stetige Steigerung der Teilnehmerzahlen ein
ähnliches Ergebnis wie in Ägypten und Tunesien erreicht werden kann, wo
die Diktatoren Ben Ali und Mubarak überstürzt abtraten. Im Jahr 2013
glaubt niemand mehr, dass bloße Demonstrationen das Regime Assad
auszuhöhlen vermögen. Die Demonstrationen sollen heute die Stimmung
aufbauen und weiter motivieren. Es wird viel getanzt und gesungen auf
den Demonstrationen. Teilnehmer beschreiben, welche Kraft und Energie
von ihnen ausgeht, die verbrüdert und über all das Leid hinwegtröstet.
In
Syrien unterscheidet sich die Lage von Ort zu Ort. In Kamischli, dem
größten Ort im syrischen Kurdistan, sind nach dem Rückzug der
Assad-Truppen und der Bildung eines »Obersten Kurdischen Komitees« der
kurdischen Parteien im Juli 2012 »unabhängige Demonstrationen fast
gänzlich zum Erliegen gekommen sind«, wie eine Aktivistin berichtet. (33) Die kurdische Miliz PYD kontrolliere die Situation und hätte »Polizei« auf ihre Autos gemalt. (34)
In
Aleppo wurde der bewaffnete Kampf im August gegen den Willen der
lokalen FSA von einer unabhängigen aufständischen Brigade in die Stadt
getragen, die sich aus ländlich geprägten Einheiten zusammensetzte.
Diese Ausgangssituation führt bis heute immer wieder zu Spannungen. Ein
Reporter der BBC berichtet, wie Menschen in befreiten Stadtteilen im
Winter acht Stunden nach Brot anstehen müssen und dafür der FSA die
Schuld geben. (35)
In
manchen der befreiten Orte hingegen zeigen sich Ansätze von
Selbstorganisation von unten. In Duma, einem großen Vorort der
Hauptstadt, ist laut al-Khatt al-amami im vergangenen Herbst ein
vom Volk gewählter Rat gebildet worden. Er übernahm »die Verantwortung
für die Verwaltung der Stadt und den Schutz von öffentlichen
Einrichtungen [...] gegen Diebstahl, Vandalismus, Feuer und so weiter.« (36)
Die Stadt wurde in zwölf Zonen aufgeteilt, verwaltet von je einem
Nachbarschaftskomitee, bestehend aus fünf Mitgliedern und einem
Vorsitzenden. Hinzu kommen zwölf fachbezogene Arbeitsausschüsse mit je
fünf Mitgliedern, die jeweils für medizinische Versorgung,
Dienstleistungen, Finanzen, den Wiederaufbau der Häuser, Demonstrationen
oder Öffentlichkeitsarbeit zuständig sind. Die Vorsitzenden der Orts-
und Fachausschüsse bilden zusammen mit einem Vorsitzenden den
25-köpfigen Rat der Stadt.
Darüber hinaus wurde in Duma ein
»freies Forum« geschaffen, das sich zweimal in der Woche trifft und in
dem »alle die Stadt betreffenden Dinge diskutiert werden«. Es steht wie
die Komitees jedem offen. Voraussetzung für die Teilnahme ist
allerdings, dass man »den Sturz des korrupten, diktatorischen Regimes
und die Errichtung eines zivilen, demokratischen Staates unterstützt, in
dem Mandatsträger absetzbar sein müssen.« Darüber hinaus darf ein
Mitglied des Forums »nicht fanatisch sein, was immer auch seine Partei,
Religion oder Konfession ist.« (37)
Bewaffneter Salafismus
Ob
auf den Demonstrationen oder im Rat von Duma: das Bekenntnis zu einem
überkonfessionellen Staat ist immer präsent. Aus gutem Grund. Die
herrschende Clique um die Familie Assad entstammt der alawitischen
Minderheit, einem Ableger der schiitischen Glaubensrichtung des Islam.
Das Regime schürt die Angst der Alawiten und anderer Minderheiten, indem
es die Gegenbewegung als Teil eines internationalen Komplotts
denunziert, das zu einer Situation wie im benachbarten Irak führen
könnte. Dort greift die Terrororganisation al-Qaeda im Irak (AQI) seit
Jahren Schiiten und Christen mit Bombenattentaten an.
Tatsächlich
waren es führende Kämpfer der AQI, die in Syrien den Anstoß zum Aufbau
der Dschabhat an-Nusra li-Ahl ash-Scham (»Beistandsfront für das
syrische Volk«) gegeben haben. Die Nusra-Front operiert seit Februar
2012. Sie hat Bombenattentate vor Einrichtungen des Regimes verübt, die
zahlreichen Passanten das Leben gekostet hat. Ihre Aktionen verschafften
ihr viel Öffentlichkeit. Doch offenbar sind ihre Strukturen lange Zeit
sehr schwach gewesen, so dass das Auffliegen eines Aktivisten im April
fast zur Zerschlagung des gesamten Netzwerks geführt hätte. Im Oktober
2012 schätzte der BND die Kräfte der mit al-Qaeda liierten Kräfte in
Syrien auf »weniger als 1000 Kämpfer« ein, »wahrscheinlich zwischen 200
und 300« - bei geschätzten 40.000 Kämpfern insgesamt. (38)
Im
Unterschied zur FSA operiert die Nusra-Front völlig klandestin. Es gibt
keine im Netz verfügbaren Videos, in denen sich ihre Kämpfer offen mit
Ausweis zu ihrer Desertion bekennen würden. Auch gibt es in ihren
Reihen, wie in den Reihen anderer dschihadistischer Gruppen, Kämpfer aus
anderen islamischen Staaten. Dies ist nicht immer unpopulär bei
Kämpfern von FSA-Einheiten, führt aber wiederholt zu Konflikten. So
entführte eine bis dahin unbekannte ausländische Gruppe von
Dschihadisten am 19. Juli 2012 zwei westliche Journalisten. Zwei Wochen
später wurden sie von FSA-Kämpfern befreit. (39)
Im
September forderte der Oberbefehlshaber der FSA alle ausländischen
Kämpfer auf, das Land zu verlassen. Er sagte, »wir wollen nicht, dass
Syrien in ein Gebiet verwandelt wird, wo Stellvertreterkriege
ausgefochten werden. ... Wir haben genug erfahrene Männer, um die
Schlacht zu gewinnen. Uns fehlen nur hochwertige Waffen, die uns helfen
würden, rascher zum Erfolg zu kommen.« (40)
Neben
der Nusra-Front gibt es zahlreiche andere Formationen, die als
»salafistisch« bezeichnet werden, wie die Liwa‘ Suqur ash-Scham
(»Brigade der Falken Syriens«) oder die Kata'ib Ahrar ash-Scham (»Die
Bataillone der Freien Syriens«). (41)
Sie unterscheiden sich deutlich von der Nusra-Front, da es sich in
allen Fällen um Einheiten handelt, die sich nicht zu al-Qaeda bekennen
und sich aus einem lokal gebunden Widerstand entwickelt haben. Viele
dieser Gruppen ähneln eher der FSA. Das Bekenntnis zum Islam wird von
den Sprechern häufig mit einem Bekenntnis zum Respekt anderer Religionen
verknüpft.
Journalist Tareq al-Abed berichtet: »Trotz des
islamistischen Diskurses, der in ihren Verlautbarungen erscheint,
kümmern sich vieler ihre Kämpfer nicht um den
dschihadistisch-salafistischen Diskurs, wenn man nachhakt. Jene, die wir
trafen, sagten uns: Viele haben Bärte, weil es das allgemeine Symbol
der Kämpfer ist. Sie wissen wenig über die [...] salafistische
Ideologie.« Allerdings »schließen sich ihnen manchmal Kriminelle,
Banditen, Kidnapper und jene an, die auf der Grundlage des Hasses auf
andere Regionen oder Konfessionen kämpfen. In manchen Fällen benutzen
diese Kriminellen das Banner der Revolution um Entführungen, Morde und
sogar Verstümmelungen zu rechtfertigen, wie im Fall des Bataillons
‚Sturm des Nordens‘ in Asas.« (42)
Solche
Verbrechen bieten dem Regime einen Vorwand, um die gesamte Erhebung zu
diffamieren und Angst zu schüren. Tatsächlich führen die Assad-treuen
Truppen selbst einen Krieg, der die Konfessionen systematisch
gegeneinander aufhetzt. In den bewaffneten Auseinandersetzungen
operieren Einheiten des Regime insbesondere aus alawitischen Vierteln
und Ortschaften heraus. (43)
Es baut Milizen radikaler Alawiten auf, die sogenannten Schabiha
(»Gespenster«), die Demonstrationen angreifen. Manche dieser Milizen
sind für Hinrichtungen an Zivilisten verantwortlich (44) oder haben im Rücken der Armee in rückeroberten Stadtvierteln Massaker an Zivilisten verübt. (45)
In alawitisch dominierten Stadtvierteln haben viele Menschen, auch
Oppositionelle, Angst vor Racheakten nach einem Fall des Regimes. (46)
Vor
diesem Hintergrund haben lokale Militärräte der FSA explizite Regeln
erlassen, die unter anderem das Töten von Informanten oder Schikanen
gegen Alawiten verbieten. (47)
Die LKK erließen im August 2012 einen Verhaltenskodex für militärische
Operationen, der den Kämpfern unter anderem den Schwur abverlangt,
»keinerlei Vergeltung auf Grundlage von Ethnie, Konfession, Religion
oder irgendeiner anderen Grundlage« zu verüben. (48)
Junge Pazifisten verbreiten im Rahmen der Kampagne »Syrien zuerst: Wir
sind eine ethische Alternative« seit November Flugblätter, in denen sie
unter anderem gegen die Verletzung der Rechte von Kriegsgefangenen durch
die FSA protestieren. Der Kampagne hätten sich zahlreiche unabhängige
Jugendgruppen, die LKK in Aleppo sowie die FSA in Dera'a angeschlossen. (49)
Der
erzwungene Militarisierung des Konflikts stellt die Umsetzung dieser
Prinzipien immer wieder in Frage. Je weniger der Widerstand politisch
organisiert ist, desto unkontrollierter können die Reaktionen sein. Je
tiefer die Revolution die soziale Basis des Assad-Regimes aushöhlt,
desto mehr Alawiten können für sie gewonnen werden. Bekannte Beispiele
gibt es dafür zahlreiche, wie den Schriftsteller Fuad Humaira,
Oberstleutnant Muhammad Musa oder Subaida al-Miqi, die als alawitische
Frau im Offiziersrang öffentlich ihre Desertion erklärte. (50)
Im
bevorstehenden Angriff auf Damaskus riefen die LKK im Dezember in einem
gemeinsamen Appell die Bataillone der FSA auf, Gotteshäuser wie Kirchen
und Moscheen als »neutralen Boden« anzusehen, die nicht angegriffen
werden dürften, »insbesondere in religiös-gemischten Gebieten.« Zugleich
rufen die LKK die Bewohner der religiös-gemischten Stadteile auf, »dem
Regime keinerlei Gelegenheit zu bieten, ihre Viertel in die Schlacht mit
der Revolution oder den Revolutionären hineinzuziehen.« (51)
Ein Regime, viele Gegner
Hoffnung
macht, dass die LKK als Organe der revolutionären Bewegung nicht
kapitulieren, weder vor dem Regime, noch vor dem materiellen Elend, noch
vor Fehlentwicklungen auf Seiten des Widerstands. Sie stellen eine
Struktur dar, über welche gesellschaftliche Akteure, darunter Linke, mit
Wort und Tat in den Lauf der Dinge eingreifen - auch hinsichtlich der
Frage der Kampfformen des Widerstands. Doch wer sind die politischen
Kräfte, die in Syrien agieren?
In den deutschen Medien wird die
syrische Opposition heute mit einem einzigen Bündnis gleichgesetzt, der
im November 2012 im Golfstaat Katar gegründeten »Syrischen Nationalen
Koalition«. Diese bürgerlich geprägte Dachorganisation wurde von einer
Staatengruppe anerkannt, die sich »Freunde des syrischen Volkes« nennt -
darunter die USA, Frankreich, Deutschland, Türkei und die Golfstaaten.
Um
die Nationalkoalition zu verstehen, müssen wir ein Jahr zurückblicken.
Denn im Grunde handelt es sich um nicht viel mehr als einen zweiten
Anlauf, um eine Neuauflage des »Syrischen Nationalrats«. Der Nationalrat
wurde seinerseits 2011 als Dachorganisation der Opposition gegründet
und im Frühjahr 2012 von der westlich dominierten Staatengruppe der
»Freunde« als »legitimer Vertreter aller Syrer« anerkannt.
Syrischer Nationalrat
Der
Nationalrat erzeugte in Syrien zunächst Hoffnungen, er würde dem
Widerstand eine gemeinsame Stimme geben. Doch die Zustimmung hatte keine
praktische Relevanz am Boden der Gesellschaft. Der Nationalrat war vom
inneren Widerstand in Syrien abgekoppelt.
Dies hing mit seiner
Zusammensetzung und Ausrichtung zusammen. Innerhalb des Nationalrats
bildet die Muslimbruderschaft (MB) die einflussreichste Organisation.
Einst in Syrien verwurzelt, flohen die Muslimbrüder nach der brutalen
Niederschlagung eines Aufstandes in Hama 1982 ins Ausland. Bereits die
Mitgliedschaft in der MB war in Syrien unter Todesstrafe verboten. So
überlebte die Organisation nur im Exil und ist dort gealtert.
Mit
dem Beginn der Revolution verpassten die MB die Chance, in Syrien
bedeutsame Strukturen aufzubauen. Ihre Verwurzelung im Land ist bis
heute flach geblieben. Stattdessen befanden sich die führenden Köpfe der
MB in einem Dauerstreit mit ihren bürgerlichen Koalitionspartnern um
die Besetzung der Führungspositionen im Nationalrat.
Für den
Westen war der Nationalrat dennoch interessant: Als Sammelsurium
abhängiger Akteure mit marktwirtschaftlicher Ausrichtung stellte er ein
geeignetes Vehikel dar, um die Interessen der NATO-Staaten geltend zu
machen. Die USA und ihren Verbündeten wollen nicht, dass eine
unkontrollierte Bewegung in Syrien eine unkontrollierbare Regierung an
die Macht bringt und so die arabische Revolution weiter befeuert. Der
Westen bevorzugt einen kontrollierten Putsch aus dem Innern des
syrischen Gewaltapparates, der die Institutionen des Staates,
insbesondere die Armee, intakt lässt. Die USA befürworten die Bildung
einer Übergangsregierung, die Teile des Regimes einbindet.
Dies
entsprach der Ausrichtung des Nationalrats. Sein erster Vorsitzender,
Burhan Ghalioun, erklärte: »Syrien ... hat immer noch einen
funktionierenden Staat und funktionierende Institutionen. Wir haben
immer noch ein Rechtswesen. Wir unterscheiden deshalb zwischen Regime
und Staat in Syrien. Es wird kein Chaos wie in Libyen geben. Wir haben
mächtige militärische Institutionen, die wir bewahren wollen.« (52)
Je
länger sich der bewaffnete Konflikt mit dem Assad-Regime hinzog, desto
expliziter befürworteten MB und Nationalrat eine militärische
Intervention von NATO-Staaten, um Assad von außen zu Fall zu bringen.
Dies hätte nicht nur das Ende des Regimes bedeutet, sondern auch den
revolutionären Prozess beendet, so wie 2011 in Libyen. Deshalb hat diese
Strategie auch zu keinem Zeitpunkt große Popularität im syrischen
Widerstand genossen. Auf den Demonstrationen der Bewegung herrscht
gegenüber den großen Mächten häufig eine bissig-ironische bis offen
ablehnende Haltung. Viele halten das Assad-Regimes für einen heimlichen
Verbündeten der USA, nachdem es im Krieg gegen den Irak 2001 das
westlich geführte Invasionsbündnis unterstützt hatte. (53)
Die
mangelnde Resonanz in Syrien war der Hauptgrund für das Scheitern des
Nationalrats. Im Übrigen hatte er die Rechnung ohne den Wirt gemacht.
Denn die USA haben aus Angst vor der Konfrontation mit dem
Assad-Verbündeten Russland und den unkalkulierbaren Risiken eines
weiteren Krieges bislang vor einer Intervention in Syrien
zurückgeschreckt. Schließlich weiß die US-Administration bei Assad,
woran sie ist. Der gab und gibt sich zwar gern als »Antiimperialist«.
Doch obgleich Israel einen Teil des syrischen Territoriums seit vierzig
Jahren besetzt hält, konnten sich die USA stets auf die Inaktivität des
syrischen Regimes verlassen.
Der jetzige US-Außenminister Kerry
war zwischen 2009 und 2011 fünfmal bei Assad zu Besuch und pries ihn als
Garanten der Stabilität in der Region. (54)
Die Bewegung gegen das Regime ging in den sechsten Monat, bevor
Präsident Obama das erste Mal den Rücktritt von Assad forderte. (55)
Nach möglichen Waffenlieferungen an Aufständische gefragt, antwortete
Kerrys Amtsvorgängerin Hillary Clinton: »Hamas unterstützt jetzt die
Opposition. Unterstützen wir Hamas in Syrien? ... Wenn man sich als
Militärplaner oder als Außenministerin fragt, ob es Elemente in der
Opposition gibt, mit denen es sich lohnt, dann sehen wir das nicht.« (56)
Syrische Nationale Koalition
Infolge
seiner Erfolglosigkeit spaltete sich der Nationalrat mehrfach. Er ging
schließlich im November 2012 in die neugegründete »Syrische Nationale
Koalition« auf. An deren Spitze stehen mit Prediger Ahmed Moas al-Khatib
und Geschäftsmann Riad Seif nun Personen, die wohlhabend sind, aber in
Syrien aufgrund ihrer Konflikte mit der herrschende Familie dennoch über
Ansehen verfügen.
In der Ausrichtung unterscheidet sich die
Nationalkoalition indessen nicht von der des Nationalrats. Die Koalition
ist eine Exilorganisation, die um die Anerkennung der Arabischen Liga
und des Westens buhlt. Wie sehr sie von deren materieller Unterstützung
abhängt, machte Ahmad Ramadan, Mitglied im Exekutivkomitee der
Nationalkoalition, klar. Zwei Monate nach Gründung der Nationalkoalition
beschwerte er sich, dass lediglich Katar 8,5 Millionen Dollar
überwiesen habe. Da alle anderen »Freunde« wie die USA, Frankreich oder
Deutschland keinerlei finanzielle oder militärische Unterstützung
gewährten, mache die Koalition »eine sehr schwierige Phase durch. Ihre
Position ist in Gefahr«. (57)
Koordinierungskomitee für demokratischen Wandel
Eine
größere Rolle als die vom Westen gestützten Exildachverbände spielen in
Syrien lokal verwurzelte Organisationen. Das größte Bündnis hier ist
das aus verschiedenen links-nationalistischen und kurdischen
Organisationen bestehende »Koordinierungskomitee für den demokratischen
Wandel in Syrien«, das im September 2011 seine Gründungsdokumente
vorstellte.
Was die Strategie angeht, enthält ein Dokument die
Forderung nach dem »Sturz des korrupten, autoritären Regimes«. Das
Koordinierungskomitee formulierte dreimal »Nein« - Nein zur Gewalt, Nein
zu einem Kampf der Konfessionen und Religionen, Nein zu ausländischen
Interventionen. Für das zukünftige Syrien strebt das
Koordinierungskomitee eine Art sozialer Marktwirtschaft an. Es fordert
den Schutz des Privateigentums, aber auch die Bekämpfung der Armut durch
den Staat. (58)
Das
ist an und für sich nicht revolutionär. Unter den Bedingungen des
Assad-Regimes können diese Forderungen aber nicht auf friedlichem Wege
durchgesetzt werden. Genau vor dieser Konsequenz schrecken Teile des
Koordinierungskomitees immer wieder zurück. Folge sind Schwankungen, die
Glaubwürdigkeit kosten.
So im Sommer 2012, nachdem das Regime
vage Versprechen auf eine neue Verfassung abgab. Der Kommunist Kadri
Dschamil und Ali Haidar, Führer der »Syrischen sozial-nationalistischen
Partei«, ließen sich in die Regierung einbinden. Haidar wurde »Minister
für nationale Versöhnung«. Die Hoffnungen im Koordinierungskomitee
blühten auf, nun könne man mit vermeintlich reformfähigen Teilen des
Regimes in einen Dialog treten und einen politischen Prozess zur
Beendung des bewaffneten Konflikt anstoßen.
Um Verhandlungen mit
dem Regime als alternativlos erscheinen zu lassen, erklärte Haytham
Manna als Auslandssprecher des Koordinierungskomitees die Revolution für
gescheitert. Er behauptete, dass die »bewaffneten Gruppen den zivilen
Widerstand ausgelöscht« hätten. (59)
»Am Anfang«, so Manna, »war es nur ein Fehler, die paar Dutzend
ausländische Kämpfer aus Ägypten und Libyen nicht zu erwähnen. Aber es
wurden Hunderte! Und diese Hunderte töten die syrische Revolution.« (60)
Faktisch
begab sich das Koordinierungskomitees in eine Position des Vermittlers
zwischen Opposition und Regime. Mitten in Damaskus richtete es im
September 2012 die »Nationale Konferenz zur Rettung Syriens« aus, um die
Umsetzung zu einer Waffenstillstandsinitiative zu beraten. Doch das
Regime reagiert auf seine Weise. Erst wurden acht Teilnehmer der
Konferenz und des Vorbereitungskomitees verhaftet. (61)
Dann folgte die Verschleppung von zwei Mitgliedern einer Delegation,
die aus China kommend auf der Konferenz berichten wollten. (62)
Der
Vorgang machte klar: Gesprächsangebote durch einzelne Minister, sofern
überhaupt ernst gemeint, sind irrelevant in einem System, in dem der
Assad-Clan, die Geheimdienste und Sondereinheiten des Militärs das Sagen
haben. Die Ernüchterung über diese Erkenntnis spiegelte sich in der
Abschlusserklärung der Rettungskonferenz wider. Darin wurde nun der
»Sturz des Regimes mit all seinen Figuren und in all seinen Facetten«
gefordert und die Freie Syrische Armee als »eine der Komponenten der
Revolution« anerkannt. Die FSA sei entstanden, weil »syrische Soldaten
sich weigerten, ihre Landsleute zu töten«. (63)
Andere Linke
Das
Koordinierungskomitee ist ein breites Mitte-Links-Bündnis. Es deckt
aber nicht alle Kräfte des linken Spektrums ab, die in Syrien aktiv
sind. Michel Kilo spaltete sich im Februar 2012 mit anderen
Oppositionellen wie Fayez Sara, Hazme Nahar und Samir Aita vom
Koordinierungskomitee ab und gründete das »Syrische demokratische
Forum«. Kilo teilte mit Manna Hoffnungen auf einen Verhandlungsprozess
und reiste zu diesem Zweck im Juli nach Moskau, um die russische
Regierung zu einem »ausgewogeneren« Standpunkt zwischen Regime und
Opposition zu bewegen. (64)
Allerdings
verteidigt Kilo die Revolution gegen jene, die sie mit Verweis auf die
Infiltration durch bewaffnete Salafisten für tot erklären. Kilo erklärte
im Oktober:
»Katar unterstützt die Muslimbrüder und
Saudi-Arabien die Salafisten. Beide Gruppen sind zerstritten, sehr
schwach und isoliert von der Bevölkerung. Wir haben Freunde, die
regelmäßig nach Syrien reisen und uns über die Lage vor Ort berichten.
Vor kurzem gab es eine Umfrage in Hama, bei der herausgekommen ist, dass
nur 4 Prozent der dortigen Bevölkerung Vertrauen zu den Muslimbrüdern
haben. Die islamistische Gefahr wird im Westen sehr aufgebauscht.« Kilo
fordert von der Linken im Westen, »den demokratischen Kampf der
syrischen Bevölkerung [zu] unterstützen«, anstatt sich »mit diesem
Märchen über den Islamismus [zu] beschäftigen.« (65)
Darüber
hinaus gibt weitere Bündnisse wie die im Februar 2012 von mehreren
radikalen linken Gruppen gegründete »Vaterlandskoalition«, die an der
zentralen Bedeutung des zivilen Widerstands festhalten, aber für ein
Zusammenwachsen mit der militärischer Opposition um die FSA plädieren. (66)
Auch
organisatorisch ungebundene Linke leisten einen bedeutsamen Beitrag zum
Widerstand. So wurde der syrisch-palästinensische Publizist Salameh
Kaileh im vergangenen April nachts aus seinem Haus vom Geheimdienst der
Luftwaffe verschleppt und gefoltert, weil er der Verbreitung von
Flugblättern mit dem Titel al-Yasari (»Der Linke«) verdächtigt wurde. (67)
Die revolutionäre Linke organisiert sich
Die
angeführten Beispiele drücken aus, dass die Revolution in Syrien, wie
in anderen arabischen Ländern auch, einen umfassenden
Umgruppierungsprozess der politischen Linken in Gang gebracht hat. Die
Linke hat die Chance, substanziell zu wachsen und wieder Bedeutung zu
gewinnen - das erste Mal seit vier Jahrzehnten. Damals, 1972, hat sich
die Kommunistische Partei Syriens unter Khaled Bakdasch in den von der
herrschenden Ba'ath-Partei geführten Block der »Nationalen
Fortschrittsfront« einbinden lassen. Präsident damals war Hafez Assad,
der Vater des heutigen Diktators. Die Kommunistische Partei hat sich mit
einigen Ministerposten abspeisen lassen und wurde zum Teil des Regimes.
Sie hat ihren Einfluss genutzt, um die Gewerkschaften zu neutralisieren
und hat so die radikale Linke nachhaltig in Misskredit gebracht. Viele
Kommunisten, die diesen Kurs nicht geteilt haben, landeten in den
Gefängnissen des Regimes. (68)
Heute
formiert sich im Land eine neue radikale Linke, die die demokratische
Bewegung mit dem Kampf um eine sozialistische Gesellschaftsordnung
verbindet. Ein Beispiel ist die Gründung der »Strömung der
revolutionären Linken«. Im vergangenen Jahr hat die Gruppe in
verschiedenen syrischen Orten Wurzeln schlagen können (69) und insgesamt elf Ausgaben ihrer Zeitung al-Khatt al-amami (»Die Frontlinie«) herausgebracht. (70)
In ihr werden positive Beispiele wie Herausbildung rätedemokratischer
Strukturen in Duma, einem Vorort von Damaskus, verallgemeinert. Zugleich
benennt sie Probleme wie die Existenz von Gräueltaten, religiösem
Sektierertum und Blutrache auf Seiten des bewaffneten Widerstands und
sucht den Dialog mit Kämpfern der »Freien Syrischen Armee« über den
richtigen Weg im Kampf gegen das Regime.
Sie wendet sich auch
deutlich gegen jede Form ausländischer Einflussnahme. Ghayyat Na'issa,
Mitbegründer der Strömung, fordert internationale Solidarität, »aber
ohne bewaffnete Intervention«. Er schreibt: »Das Regime beschuldigt die
Opposition, sie befürworte eine solche Intervention. Aber wenn es
überhaupt eine Intervention gibt, dann zugunsten der Diktatur - zum
Beispiel die militärische, technische und nachrichtendienstliche Hilfe
von Seiten der russischen und iranischen Regierungen zur Niederwerfung
der Revolution. Darüber hinaus treffen die wirtschaftlichen Sanktionen
[des Westens] vor allem die Bevölkerung und werden vom Regime als ein
Vorwand für eine Politik der Kürzungen, Rationierungen und immensen
Preissteigerungen von Gütern des täglichen Bedarfs genutzt, um die
aufbegehrenden Massen noch weiter zu schwächen. In jedem Fall können wir
kein Vertrauen in die Manöver der Welt- oder Regionalmächte haben, die
nur ihre jeweils eigenen Interessen verteidigen.« (71)
Der
revolutionäre Prozess und der Bürgerkrieg bieten eine schier endlose
Reihe an unterschiedlichen Erfahrungen. Schlimmste Gräuel, Egoismus und
Verzweiflung, aber auch leuchtende Beispiele von Mitmenschlichkeit und
Solidarität sind zu beobachten. Die syrische Linke kann gewinnen. In
diesem Kampf hat sie die Solidarität der Linken weltweit verdient.
Artikel zum Download (PDF)
Mehr auf marx21.de:
Fußnoten:
1 Dies ist die ausführliche Fassung zwei zusammengeführter Artikel, die in der Printausgabe von marx21
(Februar/März 2013) erschienen sind. Sie ist am 25. Januar 2013
fertiggestellt worden. An diesem Tag habe ich auch alle Quellenverweise
im Internet noch einmal abgerufen und geprüft. Spätere Entwicklungen
wurden nicht berücksichtigt.
2
Zu den kollektiven Strafmaßnahmen gehören auch der vorsätzliche Abriss
von Häusern nach Rückeroberung von Ortschaften, siehe: Local
Coordination Committees, »Punitive House Demolition in Syrian Cities«,
10.9.2012; http://www.lccsyria.org/10136.
3 Human Rights Watch, »Syria: Incendiary Weapons Used in Populated Areas«, 12.12.2012; http://www.hrw.org/news/2012/12/12/syria-incendiary-weapons-used-populated-areas.
4
Auf Grundlage der Zahlen, die die Lokalen Koordinierungskomitees nach
Regionen seit Beginn der Erhebung bis zum 22. Januar 2013gesammelt
haben; aktuelle Stände auf: http://www.vdc-sy.org/ Dort auch aktuelle Zahlen der Gefangenen.
5 Le Monde.fr, »MSF: ‘Soigner en Syrie est devenu un acte de guerre'«, 28.12.2012; http://www.lemonde.fr/proche-orient/article/2012/12/28/msf-soigner-en-syrie-est-devenu-un-acte-de-guerre_1811234_3218.html?xtmc=fabrice_weissman&xtcr=1.
6 Jonathan Littell, Notizen aus Homs, Berlin: Hanser, 2012, S. 24, 31.
7 Tracey Shelton, 7.6.2012, »Inside Syria: You will never guess who arms the rebels«; http://www.globalpost.com/dispatch/news/regions/middle-east/syria/120606/syrian-rebels-weapons-arms-revolution.
8 C. J. Chivers, »Syria's Dark Horses, With Lathes: Makeshift Arms Production in Aleppo Governorate«, 19.9.2012; http://atwar.blogs.nytimes.com/2012/09/19/syrias-dark-horses-with-lathes-makeshift-arms-production-in-aleppo-governorate-part-i/ ; Auch: http://atwar.blogs.nytimes.com/2012/09/20/syrias-dark-horses-with-lathes-makeshift-arms-production-in-aleppo-governorate-part-ii/.
9 International Crisis Group (ICG), Tentative Jihad: Syria's fundamentalist opposition; Oktober 2012, S. 11; http://www.crisisgroup.org/en/regions/middle-east-north-africa/egypt-syria-lebanon/syria/131-tentative-jihad-syrias-fundamentalist-opposition.aspx.
10 So Daoud Rammal in der unabhängigen links-liberalen libanesischen Zeitung As-Safir, 8.1.2013; http://www.assafir.com/Article.aspx?EditionId=2353&ChannelId=56557&ArticleId=510&Author=%C3%8F%C3%87%C3%A6%C3%8F%20%C3%91%C3%A3%C3%87%C3%A1.
11 C. J. Chivers, »Videos From Syria Appear to Show First Confirmed Hit of Aircraft by Surface-to-Air Missile«, 27.11.2012; http://atwar.blogs.nytimes.com/2012/11/27/videos-from-syria-appear-to-show-first-confirmed-hit-of-aircraft-by-surface-to-air-missile/; The Wall Street Journal berichtete am 17.10.2012: »Syrian Rebels Get Missiles«; http://online.wsj.com/article/SB10000872396390443684104578062842929673074.html#.
12
Einen Eindruck von dem Massencharakter der friedlichen Proteste in Hama
vermittelt z. B. ein Video auf YouTube vom 22. Juli 2011; die Massen
schreien: »Das Volk will den Sturz des Regimes« - eine Parole, die die
Revolution in Tunesien hervorgebracht hat; http://www.youtube.com/watch?v=-ISaCO1-YP4.
13 Jonathan Littell, Notizen aus Homs, Berlin: Hanser, 2012, S. 125.
14 Ebd., S. 138.
15 Al-Jazeera, »Syrian army 'cracking' amid crackdown«, 11.6.2011; http://www.aljazeera.com/indepth/features/2011/06/201161118126791811.html.
16 Hussein Harmusch auf YouTube, 9.6.2011; www.youtube.com/watch?v=2XeIFv1B7no.
17 Riad al-As‘ad auf YouTube, 29.7.2011; http://www.youtube.com/watch?v=ItzI_AIFUWg.
18 Al-Khatt al-amami, Nr. 10, Oktober / November 2012, S. 5; http://de.scribd.com/doc/114080674/amami10.
19 Zu den Reibungen zwischen al-As'ad und Mustafa ash-Scheich, siehe ICG, Tentative Jihad, S. 24; http://www.crisisgroup.org/en/regions/middle-east-north-africa/egypt-syria-lebanon/syria/131-tentative-jihad-syrias-fundamentalist-opposition.aspx.
20 Al-Quds al-arabi, 31.5.2012; http://www.alquds.co.uk/index.asp?fname=data/2012/05/05-31/31z500.htm.
Al-As'ad spielt heute keine Rolle mehr. Im Dezember 2012 kamen im
türkischen Antalya über 260 Kommandeure zusammen, die fast alle Teile
der FSA repräsentierten. Sie einigten sich auf die Bildung eines
30-köpfigen Obersten Militärrats unter Leitung des Generals Salim
Adriss.
21
Ein Eindruck über die Funktionsweise der Straßensperren vermittelt zum
Beispiel das Interview mit einem palästinensischen Aktivisten aus Yarmuk
vom 23.8.2012; https://www.adoptrevolution.org/campyarmuk/.
22
Littell beschreibt für Ende Januar 2012 ein konkretes Beispiel im
umkämpften Stadtteil Khaldije nördlich des Stadtzentrums von Homs;
siehe: Notizen aus Homs, S. 126.
23
Vor allem seit Beginn der Schlacht um Aleppo im August 2012 ist das
Regime dazu übergegangen, Stadtteile aufzugeben und diese dann
blindlings aus der Luft anzugreifen. Dies erklärt, warum die Zahl der
Opfer seitdem rasant angestiegen ist.
24
Als Schabiha - »Gespenster« - werden Milizen bewaffneter Zivilisten
bezeichnet, die das Regime zumeist unter Alawiten rekrutiert. Der
Begriff geht zurück auf die Umtriebe krimineller Banden mit Beziehungen
zur herrschenden Familie, die in den 80er Jahren in syrischen
Küstenorten die Bevölkerung terrorisierten.
25 Notizen aus Homs, S. 135.
26 Die Berichte finden sich auf der Website der LKK auch in englischer Übersetzung, siehe: http://www.lccsyria.org/en/.
27
Siehe: Rundbrief von »Adopt a Revolution« vom 20.1.2013; auf Facebook
finden sich mehrere Bilddokumentationen zu den Demonstrationen im
Dezember und Januar, zum Beispiel am 18.1.2013 aus Barzeh, einem
Stadtteil in Damaskus: https://www.facebook.com/photo.php?fbid=422562331146096&set=a.347965191939144.74748.343172915751705&type=1&theater.
28 »Die USA haben ein Interesse, Syrien zu zerstören«, Interview in der Sozialistischen Zeitung, Oktober 2012; http://www.sozonline.de/2012/10/die-usa-haben-ein-interesse-syrien-zu-zerstoren/.
29 Al-Jazeera, »Syria students killed in Aleppo campus attack«, 3.5.2012; http://www.aljazeera.com/news/middleeast/2012/05/20125317175710737.html.
30 Erklärung des Militärsprechers in Al-Quds al-arabi vom 17.1.2013; übersetzt in: MidEastWire Briefing, 18.1.2013; Demonstration der Studierenden am 17.1.13, siehe: https://www.facebook.com/photo.php?fbid=422195411182788&set=a.347965191939144.74748.343172915751705&type=1&theater.
31 http://www.facebook.com/damas.rev.youth?ref=ts%29
Diese Seite wurde offenbar während des ersten Februarwochenendes 2013
gehackt und mit anderen Inhalten gefüllt, ging am 6.2.2013 aber wieder
mit dem ursprünglichen Inhalt online. Viele Videos dieser Seite sind
auch auf YouTube zu finden.
32
Zum Beispiel im Stadtteil Rukn ad-Din, am 12. September 2012: Ein Video
zeigt von hinten viele junge Leute, die aus allen Kehlen singen,
klatschend, ausdauernd und begeistert. Vom »Islamismus« keine Spur. Wie
selbstverständlich sieht man in der Masse ein Symbol, das islamischen
Halbmond und christliches Kreuz vereint. Der Kampf gegen die
Unterdrücker vereint über alle religiöse Grenzen hinweg. Dieselbe Demo,
aber andere Aufnahmen auf: http://www.youtube.com/watch?v=OGSGlqcerko.
33 Syria Deeply, »Conversations: A Pharmacist in Qamishli«, 16.1.2013; http://beta.syriadeeply.org/2013/01/conversations-pharmacist-qamishli/.
34 PYD ist das Kürzel für Partiya Yekitîya Demokrat, »Partei der Demokratischen Union«. Sie steht der in der Türkei operierenden PKK nah.
35 Paul Wood, »Syria: Islamist Nusra Front gives BBC exclusive interview«, 17.1.2013; http://www.bbc.co.uk/news/world-middle-east-21061018.
36 Dokumentiert in al-Khatt al-amami, Nr. 10, Oktober / November 2012; übersetzt ins Englische in: http://syriafreedomforever.wordpress.com/2013/01/18/free-duma-popular-councils-and-democracy-from-below/.
37 Ebd.
38
Unterrichtung im Bundestag, Unterausschuss Abrüstung, 24.10.2012;
Berichte von Journalisten legen nahe, dass die Nusra-Front seitdem an
Zulauf gewinnt. Doch scheint es sich vor allem um ein auf Aleppo und
Umland begrenztes Phänomen zu handeln. An den grundlegenden
Kräfteverhältnissen innerhalb des syrischen Widerstands, wie sie sich in
den vom BND genannten Zahlen widerspiegeln, hat sich nichts geändert.
39 ICG, Tentative, S. 20.
40 General Mustafa ash-Scheich, zitiert in al-Watan, 10.9.2012; http://www.alwatan.com.sa/politics/News_Detail.aspx?ArticleID=11293
9.
41 Einen guten Überblick erhält man über die Analyse der International Crisis Group aus dem Oktober 2012, Tentative Jihad, op. cit.: http://www.crisisgroup.org/en/regions/middle-east-north-africa/egypt-syria-lebanon/syria/131-tentative-jihad-syrias-fundamentalist-opposition.aspx.
42 As-Safir, »Islamic Fighters in Northern Syria Not United«, 3.12.2012; in: http://www.al-monitor.com/pulse/politics/2012/12/islamist-fighters-syria-fsa.html.
43
Zum Beispiel nutzt der Geheimdienst der Luftwaffe das Stadtteil Massa86
in Damaskus als Operationsbasis. Ein alawitischer Oppositioneller
beschreibt, wie vor diesem Hintergrund die Angst unter alawitischen
Bewohnern vor Racheakten nach einem möglichen Sturz Assads grassiert;
siehe: Ash-Scharq al-Ausat, 8. Januar 2013; http://www.aawsat.com/details.asp?section=4&article=712231&issueno=12460.
44
Zum Beispiel berichtet Littell über eine Exekution von drei Menschen in
einem Supermarkt durch Schabiha, bloß weil sie auf dem rebellischen
Qusaira stammten; siehe: Notizen aus Homs, S. 19.
45 Zum Beispiel in Baba Amr, Februar 2012. Oder in Daraya, im August 2012.
46 So ein Bericht in der Ash-Sharq al-Ausat am 8.1.2013 aus dem Damaszener Stadtviertel Mezze86; http://www.aawsat.com/details.asp?section=4&article=712231&issueno=12460.
47 So der Militärrat in Deir as-Sur; siehe al-Khatt al-amami, Nr. 5, Juli 2012.
48 »New Battalions Sign the Code of Conduct«, 8.8.2012; https://www.facebook.com/notes/%D9%84%D8%AC%D8%A7%D9%86-%D8%A7%D9%84%D8%AA%D9%86%D8%B3%D9%8A%D9%82-%D8%A7%D9%84%D9%85%D8%AD%D9%84%D9%8A%D8%A9-%D9%81%D9%8A-%D8%B3%D9%88%D8%B1%D9%8A%D8%A7/new-battalions-sign-the-code-of-conduct/508232342537240.
49 Syria deeply, »A Revolution Within the Revolution«, 11.1.2013; http://beta.syriadeeply.org/op-eds/2013/01/revolution-revolution/#.UPzn4vLhfwn.
50 http://www.youtube.com/watch?feature=endscreen&v=DtjG2CABxDY&NR=1; http://www.youtube.com/watch?v=h-xeYZKDXc4; http://www.youtube.com/watch?v=h-xeYZKDXc4.
51 Aufruf der LKK vom 13.12.2012; dokumentiert in: http://syriafreedomforever.wordpress.com/2012/12/13/%d9%86%d8%af%d8%a7%d8%a1-%d8%af%d9%85%d8%b4%d9%82-the-call-from-damascus/.
52 Im Interview mit der BBC, 5.1.2012, in: http://www.bbc.co.uk/news/world-middle-east-16431199.
53 Ein Stimmungsbild liefert zum Beispiel: http://www.therevoltingsyrian.com/tagged/NATO.
54
Die Haltung der jetzigen US-Administration gegenüber Syrien ist
innerhalb der herrschenden Klasse der USA allerdings heftig umstritten.
Vor allem innerhalb der Partei der Republikaner sammeln sich jene, die
auf eine stärkere Intervention in Syrien drängen und Kerrys Haltung
kritisieren, siehe bspw.: http://www.theblaze.com/stories/2012/12/16/generous-remember-john-kerrys-praise-of-syrian-dictator-assad/.
55 http://www.handelsblatt.com/politik/international/syrien-eu-und-obama-fordern-assads-ruecktritt/4511728.html.
56 US-Außenministerin Hilary Clinton im Interview mit CBS-News, 27.2.2012.
57 Zitiert in Al Hayat, 15. Januar 2013; http://alhayat.com/Details/472578.
58 Gründungsdokumente vom 17.9.2011 in englischer Übersetzung finden sich auf der Website des Koordinierungskomitees: http://syrianncb.org/2012/01/20/declaration-of-the-charter-for-dignity-and-rights/.
59 Haytham Manna im Interview mit L'Humanité, 23.7.2012; http://www.humanite.fr/monde/haytham-manna-%C2%ABles-groupes-armes-et-le-pouvoir-ont-eradique-la-resistance-civile%E2%80%89%E2%80%89%C2%BB-501260.
60 http://www.ag-friedensforschung.de/regionen/Syrien/manna2.html.
61 http://syrianncb.org/2012/09/17/syrian-regime-forces-detained-members-of-the-conference-and-of-the-preparatory-committee/.
62
Abdelaziz al-Khayer (Vorsitzender des Büros für auswärtige Beziehungen
im Koordinierungskomitee) und Iyas A'yash (Mitglied des Exekutivbüro),
sowie ihr Fahrer Maher Tahan wurden am 20.9.2012 auf dem Weg vom
Flughafen in die Stadt Damaskus vom Geheimdienst der Luftwaffe
verschleppt. Sie sind bis heute in Haft, wie Zehntausende andere.
63 http://syrianncb.org/2012/09/23/syria-salvation-conference-our-main-principles/.
64 Michel Kilo im Interview mit RT, 11.7.2012; http://rt.com/news/assad-syria-russia-kilo-942/.
65 Michel Kilo im Interview mit der Sozialistischen Zeitung, Oktober 2012; http://www.sozonline.de/2012/10/die-usa-haben-ein-interesse-syrien-zu-zerstoren/.
66 Gründungsdokument auf Englisch auf: http://www.internationalviewpoint.org/spip.php?article2549.
67 Al-Arabiya, 17.5.2012; »Palestinian writer Salameh Kaileh detained, beaten, taunted in Syria«; http://english.alarabiya.net/articles/2012/05/17/214724.html.
68
Bekanntestes Beispiel ist Riad at-Turk, der aus Protest gegen die
Unterordnung unter das Regime die wichtigste Abspaltung von der
Kommunistischen Partei anführte. 1980 wurde er für achtzehn Jahre ins
Gefängnis geworfen und verbrachte viele Jahre davon in Isolationshaft.
69
Zum Beispiel wird in der Kleinstadt Dera'a, der Wiege der Revolution im
Süden des Landes, am 13. Dezember 2012 die Gründung einer Sektion der
Strömung der revolutionären Linken erklärt. Ihre Facebookseite hat einen
Monat später 47 Mitglieder. http://www.facebook.com/groups/377896045629747/.
70 Zusammen mit zahlreichen anderen Dokumenten der revolutionären Linken findet sich die Zeitung auf der Website von http://syriafreedomforever.wordpress.com/.
71 Ghayyath Na'issa in Tout est à nous!, 15.3.2012; http://www.npa2009.org/content/vive-la-r%C3%A9volution-syrienne%E2%80%89-construire-la-solidarit%C3%A9-internationale.