Bündnis protestiert gegen Treffen der Burschenschaften

In diesem Anwesen unterhalb des Schlosses ist die Burschenschaft Normannia seit 1957 zu Hause.
Erstveröffentlicht: 
24.01.2013

Die Deutsche Burschenschaft (DB), der Dachverband der Burschenschaften in Deutschland und Österreich, veranstaltet am Samstag ein Schulungstreffen im Haus der Heidelberger Normannia, Kurzer Buckel 7. Dagegen protestiert ein Bündnis aus Parteien und politischen Gruppen und ruft zu einer Demonstration gegen die Veranstaltung auf. Grund sind die rechtslastigen Redner, die bei dem Treffen sprechen sollen.

 

Zusammen mit der Antifaschistischen Initiative Heidelberg haben sich der Deutsche Gewerkschaftsbund, die SPD, die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten, die Bunte Linke und Bündnis 90/Die Grünen dem Aufruf angeschlossen. Kundgebungen sind um 11 Uhr auf dem Marktplatz und um 12.30 Uhr vor dem Haus der Normannia angemeldet. "Wir werden der Burschenschaft Normannia und ihren braunen Gästen am Samstag gemeinsam zeigen, dass in Heidelberg kein Platz für Antisemitismus, Rassismus und völkische Geschichtslügen ist", heißt es in dem Aufruf. Die Normannia wiederum kritisiert in einem Brief den DGB und zeigt sich enttäuscht, dass der sich von der Antifaschistischen Initiative instrumentalisieren lasse.

 

Dass das Burschentreffen eine so heftige Reaktion hervorruft, liegt vor allem an den Referenten: Bruno Burchhart, Alter Herr der Burschenschaft Olympia in Wien, soll über "Die Zukunft der Deutschen in Europa" sprechen. Die Vereinigung aus Österreichs Hauptstadt gilt als rechtsextrem. In den vergangenen Jahren hatte sie etwa den Holocaust-Leugner David Irving oder den NPD-Funktionär und Liedermacher Jörg Hähnel zu Gast. Die Olympia wurde 1961 von den österreichischen Behörden aufgelöst, weil mehrere Mitglieder in Bombenanschläge in Südtirol verwickelt waren. 1973 gründete sich die Vereinigung neu. Wer sie im Internet sucht, bekommt nur eine Startseite mit Kontaktdaten zu sehen, auf der in Frakturschrift "Der rechte Weg" zu lesen ist.

Michael Paulwitz von der gastgebenden Normannia will die Teilnehmer im "Umgang mit den Medien" schulen. Er ist Schriftleiter der "Burschenschaftlichen Blätter", der Verbandszeitung der DB. Er folgte in diesem Amt auf Norbert Weidner, der den NS-Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer als "Landesverräter" bezeichnet hatte und der auf einem DB-Verbandstag abgesetzt wurde. Für diese Äußerung wurde Weidner zu einer Geldstrafe verurteilt. Paulwitz schreibt regelmäßig in der Wochenzeitung "Junge Freiheit", die sich an der Grenze zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus bewegt und als Sprachrohr der "Neuen Rechten" gilt, sowie auf inhaltlich ähnlich gestrickten Internetseiten. Außerdem ist er Beisitzer im Landesvorstand der "Republikaner".

Ursprünglich sollte das DB-Treffen bei der Darmstädter Burschenschaft Germania stattfinden, die aber offenbar als Veranstalter nicht mehr zur Verfügung steht. Darum wechselte man zur Normannia. Die ist die einzige der vier Heidelberger Burschenschaften, die noch Mitglied im Dachverband ist, der in den letzten Monaten vom Streit zwischen liberalen und rechtskonservativen Kräften erschüttert wurde. Die Normannia wurde 1890 gegründet, 1937 löste sie sich im Zuge der Gleichschaltung selbst auf. Die Neugründung erfolgte 1950, sieben Jahre später zog die Burschenschaft in ihr Haus am Kurzen Buckel. Ihr Wahlspruch lautet "Ehre, Freiheit, Vaterland".

 


 

Hintergrund

 

Die Deutsche Burschenschaft (DB) ist der Dachverband von studentischen Burschenschaften in Deutschland und Österreich. Sie entstand 1881 als Allgemeiner Deputierten-Convent und erhielt ihren heutigen Namen 1902. Heute sind rund 100 Vereinigungen in der DB organisiert. Vor allem im letzten Jahr trat der Streit zwischen liberalen Kräften und rechtskonservativen und sogar rechtsextremen Strömungen offen zutage. Anlass war der Antrag einer Bonner Burschenschaft von 2011, dass DB-Mitgliedsvereinigungen keine Studenten mehr aufnehmen sollten, die nicht deutscher Abstammung sind. Hinzu kam der Konflikt um Norbert Weidner, den Schriftleiter der Verbandszeitung, der Dietrich Bonhoeffer als "Landesverräter" bezeichnet hatte. Weidner wurde auf einem Verbandstag in Stuttgart im November 2012 zwar abgesetzt, ansonsten setzten sich aber die rechten Kräfte in der DB durch. Viele Vereinigungen denken nun über einen Austritt nach oder haben diesen bereits vollzogen.