Kunst, Kritik und Charisma

Erstveröffentlicht: 
21.01.2013

BARMSTEDT. Der scharfe Protest der Antifa Pinneberg sowie der Barmstedter Linken Liste (BALL) in Barmstedt gegen die drei Teilausstellungen des Grafikers A. Paul Weber (1890 - 1983) in der Pinneberger Drostei und dem Elmshorner Torhaus sorgte auch bei der letzten Ausstellungseröffnung in der Galerie III auf der Schlossinsel für großes Interesse. Die Kritik richtete sich gegen die "Betätigung Webers schon vor 1933 in faschistischen Kreisen, gegen offene antisemitische Hetze und dass er die Nazis nach der Machtergreifung mit seinen Grafiken künstlerisch bedient habe", so die BALL. 

Weit mehr als 60 Besucher drängelten sich im Ausstellungsraum, in dem außer Lithographien des Künstlers einige Original-Lithographiesteine als Leihgabe des Weber-Museums in Ratzeburg gezeigt werden. Schwerpunkt dieser Teilausstellung des Leuchtturmprojekts liege auf der Lithographie, Illustrationen über einen Teil des Goethe-Zyklus "Reineke Fuchs" sowie kritische und satirische Darstellungen über die Zerstörung der Umwelt durch den Menschen. Die Journalistin und Autorin Jutta Kürtz schilderte in ihrer engagierten und leidenschaftlich gehaltenen Rede ihre Begegnungen mit dem Künstler, den sie während seiner letzten zehn Jahre kannte. Sie beschrieb den "alten weisen Mann" als mahnend, kritisch, satirisch, gütig und liebenswert mit höchst lebendigen Augen und kritischem Geist, der für seine Arbeit lebte. "Er war ein scharfer Beobachter und Visionär" so Kürtz. Er habe politische Wirren, zwei Weltkriege, Diktatur und Demokratie erlebt und kannte die Not des Broterwerbs, den Zwang von Auftragsarbeiten, und er hatte Gönner, Fans und Feinde. "Schauen Sie sich die Arbeiten genau an, die uns alle nachdenklich machen müssen - er hatte die Gabe, in Bildern zu denken und drückte seine Sorgen über die drohende Umweltzerstörung aus", forderte sie das Publikum auf. 

Kreispräsident Burkhard Tiemann wurde ganz deutlich: "Die Gesamtausstellung macht die Brüche in Webers Biographie deutlich", sagte er und verurteilte die Forderung der Antifaschisten, die Ausstellung abzusagen. "Das ist unter den Nazis praktiziert worden und sollte im demokratischen Deutschland der Vergangenheit angehören", sagte er. Die Zeit, in der Politik über Kunst bestimme, sollte endgültig vorbei sein. Besucherin Gisela Hofsäß hat alle drei Ausstellungen besucht und ist begeistert. "Die Reineke-Bilder zeigen eine tolle Mimik, und Weber legt tatsächlich seine Finger in alle Wunden." Hildegard Kahns aus Flensburg meint:"Es ist brillant, wie er Kritik ausdrückt."