Bekannte Pappenheimer

Erstveröffentlicht: 
31.05.2009

Rechtsradikale in Freiburg sind und bleiben ein Sonderfall – Probleme eher im Umland

 

Etwas Aufregung haben die zwei Kurzauftritte Rechtsradikaler vergangene Woche in Freiburg hinterlassen, und wiedermal formiert sich die Bevölkerung zu einem Bündnis gegen rechts. Für ein Erstarken der Naziszene gibt es aber keinen echten Hinweis.

 

Jens Kitzler

 

Wahrscheinlich war es übertrieben, wie SPD-Mann Kai Achim Klare von einer „neuen Dimension rechter Gewalt“ zu sprechen. Ein Rechtsradikaler hatte am Rande einer linken Demonstration mit einem Messer hantiert, zwei Tage später hatte sich eine Gruppe ähnlich Gesinnter aus dem Umland unter der Freiburger Kronnenbrücke herumgedrückt. Szenen, die man aus Freiburg so nicht kennt. Einen Beweis dafür, dass das mehr sind als nur Einzelfälle, gibt es aber auch nicht.

 

Das bürgerliche Freiburg reagierte wie zu erwarten und stellte diese Woche, so wie bereits 2002 im Vorfeld einer NPD-Demonstration, ein „Bündnis gegen rechts“ auf die Beine. Es besteht vorrangig aus einer Unterschriftenliste und wurde organisiert von den Jugendverbänden von FDP, CDU, SPD und den Grünen. Zahlreiche Politiker und Verbände der Stadt haben den Aufruf „Freiburg bleibt eine tolerante Stadt“ unterschrieben.

 

Die Freiburger Polizei betone derweil weiter, eine substanzielle Rechtsradikalen-Szene gebe es in Freiburg nicht – eher noch im Umland fänden sich ein paar „Nester“. Zumindest nach den offiziellen Stellen ist das bestätigt: Die „Kameradschaft Kaiserstuhl Tuniberg“ ist kaum noch aktenkundig, 2007 tauchte die Skinhead-Organisation im Verfassungsschutzbericht als Veranstalter eines illegalen Konzertes auf, im Bericht vom vergangenen Jahr kommt sie gar nicht mehr vor. Eine „Kameradschaft Bahlingen“ wurde im Zuge der Ermittlungen gegen eine Friedhofsschändung in Ihringen 2007 aufgelöst.

 

„Wir registrieren keine großen Aktionen in unserem Gebiet“, sagte Rocco Braccio, Polizeisprecher in Emmendingen. Es gebe zwei bis drei Straftaten jährlich im Gebiet, da gehe es meist um gesprühte Hakenkreuze oder Aufkleber mit rechtsradikalen Inhalten. Braccio geht von 15 Personen aus, die sich der Szene zurechnen lassen und verstreut sind über die Dörfer des Landkreises.

 

Die Freiburger schauten zuletzt vor allem in die Ortschaften des Dreisamtals, wo Jugendliche mit rechtsradikalen Verhaltensweisen auffällig wurden. „Da ist aber auch wieder Ruhe reingekommen“, sagt Polizeisprecher Ulrich Brecht. Ziel der Polizei sei, über diese kleinen Szenen Bescheid zu wissen. „Wenn die wissen, dass sie nicht mehr anonym sind, sondern bekannte Pappenheimer“, drückt es sein Emmendinger Kollege Braccio aus, „halten die sich deutlich zurück.“

 

Wenig erfährt man von offizieller Seite über die rechtsradikalen Aktivitäten der Region, mit denen sich die „Autonome Antifa“ beschäftigt. Die selbsternannten Nazi-Jäger aus der linken Szene berichten im Internet wiederkehrend von enttarnten Rechtsradikalen, die vor allem Propaganda verbreiteten. Pure Erfindung sind diese Berichte nicht. Wer aber bei der Polizei nach Informationen dazu sucht, verirrt sich schnell im Kompetenzdickicht zwischen Staatsschutz, Landeskriminalamt und Verfassungsschutz – die normale Freiburger Polizei hat meist wenig damit zu tun. „Wir hier sehen vor allem die Pflanzen an der Oberfläche“, drückt es Ulrich Brecht blumig aus.

 

Messerangriff oder nicht?

 

Über das Ereignis vom vorvergangenen Mittwoch gibt es keine Neuigkeiten. Obwohl Zeugen von einem Messerangriff berichtetetn, können man laut Polizei aus den offiziell zu Protokoll gegebenen Aussagen nur entnehmen, dass da jemand ein Messer gehabt habe. Wo der angebliche Täter wohnt, hat die Antifa dagegen schon zu Wochenbeginn auf einer Webseite veröffentlicht.