Gedenkdemonstration zum 8. Todestag von Oury Jalloh am 07. Januar 2013. Um den am 07. Januar 2005 in der Polizeizelle Nr. 5 verstorbenen Flüchtling Oury Jalloh aus Sierra Leona ringen sich auch noch 8 Jahre nach seinem Tod Fragen, die bis heute nicht ansatzweise geklärt werden konnten. Schnell wird deutlich, es geht um mehr, als nur einen nicht geklärten Tod in der Dessauer Polizeizelle. Es geht um gängige Polizeipraktiken im Umgang mit Flüchtlingen und Migrant_innen, rassistisch motivierte Polizeigewalt und schließlich auch um Repressionen rassismuskritischer Aktivist_innen:
Oury Jalloh – kriminalisiert, misshandelt und in einer Polizeizelle in Dessau verbrannt
Bis heute steht nur eines fest: Oury Jalloh verbrannte qualvoll an Armen und Beinen fixiert auf einer Matratze in einer Polizeizelle in Dessau. Umso erschreckender bleiben die bis heute ungeklärten Umstände seines Todes zurück, die auch nach zwei beendeten Gerichtsverfahren, Fragen hinterlassen: Wie konnte im sogenannten „Sicherheitsgewahrsam“ eine unbeschädigte, feuerfeste Matratze von einem Menschen angezündet werden, der an Händen und Füßen gefesselt war? Warum befand er sich in Sicherheitsgewahrsam, obwohl seine Identität bereits feststand? Wie gelang es ihm, ein Feuerzeug bis in die Zelle zu nehmen, obwohl er akribisch durchsucht wurde? Warum wurde der Feueralarm wiederholt ignoriert und wieso verschwand wichtiges Beweismaterial? Viele der Hinweise, Vertuschungen und offenen Fragen deuten auf die aktive Herbeiführung des Todes von Oury Jalloh und damit auf Mord hin. Der Grund für die fehlenden Antworten ist nicht etwa die Unfähigkeit, diese aufklären zu können. Vielmehr resultiert er aus der bewussten Vertuschung der Ereignisse in der Polizeizelle in Dessau.
Nachdem hauptverantwortliche Polizeibeamte im ersten Gerichtsprozess freigesprochen wurden, stellt sich auch das erst kürzlich veröffentlichte zweite Urteil mit einer Geldstrafe für den ehemaligen Dienstgruppenleiter Andreas Schubert als Täuschung heraus. Prozessbeaobachter_innen berichteten von zahlreichen Absprachen zwischen Polizeibeamten, um sich gegenseitig zu schützen, aber auch von Widersprüchen, Verstrickungen, Falschaussagen und Verweigerung von Aussagen. Man konnte regelrecht einen Schleier des Schweigens beobachten, der sich um die Ereignisse am 07. Januar 2005 legt. Auch im Gericht selbst bestand das eigentliche Ziel dieses Verfahrens nicht in der lückenlosen Aufklärung der Ereignisse um den Tod von Oury Jalloh. So wurde die Notwendigkeit eines unabhängigen Brandgutachters nicht in Erwägung gezogen. Stattdessen sollte der Prozess so schnell wie möglich und ohne große öffentliche Aufregung ein schnelles Ende finden.
Eine Gedenkdemonstration bietet daher nicht nur die Möglichkeit, der eigenen Trauer Ausdruck zu verleihen, sondern darüber hinaus auch alltägliche polizeiliche Vorgehensweisen von sogenannten „verdachtsunabhängigen“ Kontrollen bis hin zum Mord an Flüchtlingen und Migrant_innen zu sensibilisieren. Ob auf der Straße, im Polizeirevier oder in den Behörden selbst, wo solche Praktiken fest integriert sind.
Rassistische Polizeipraxis in Sachsen-Anhalt
Neben Oury Jalloh gibt es zahlreiche Menschen in Sachsen-Anhalt, die Betroffene rassistisch motivierter Polizeigewalt wurden. Der 21-jährige Flüchtling Lorin Radu wurde am 22. Januar 1993 im Hof des Polizeireviers von Staßfurt von einem Polizisten erschossen. Am 12. Mai 1994 wurden bei den sogenannten „Himmelfahrtskrawallen“ in Magdeburg rassistische Hetzjagden gegen ausländisch wahrgenommene Menschen durchgeführt. Die Polizei vor Ort reagierte mit Wegschauen, Zustimmung und Unterstützung, indem Täter geschützt und Hilfe für Betroffene versagt wurde. Der später an den Folgen seiner Verletzungen verstorbene Farid Boukhit wird bis heute nicht in der öffentlichen Statistik rechter Gewalt geführt.
Rassistischer Alltag in Dessau
Neben der Polizei haben auch die Anwohner und Anwohnerinnen in Dessau im letzten Jahr auf sich aufmerksam gemacht. Es ist erst ein knappes Jahr her, als rund 300 Bürger und Bürgerinnen mit aufgeheizter Stimmung und Rufen wie „Deutschland den Deutschen“ und „Ausländer raus“ durch die Stadt Dessau zogen. Dass binnen kürzester Zeit mehrere hundert Menschen mobilisiert werden konnten, zeigt, dass Rassismus auch hier in der Mitte der Gesellschaft etabliert ist.
Kommt am 07. Januar 2013 zur Demonstration anlässlich des 8. Todestags von Oury Jalloh!
Die letzte Gedenkdemonstration war von einer massiven Polizeipräsenz und gewalttätigen Übergriffen auf Menschen, die sich seit Jahren aktiv für die Aufklärung des Todes von Oury Jalloh einsetzen, geprägt und auch in den letzten Jahren ist es immer wieder zu Repressionen gegenüber Aktivist_innen der „Initiative in Gedenken an Oury Jalloh e.V.“ gekommen. Umso notwendiger ist daher die Unterstützung der Demonstration in diesem Jahr. Neben dem Gedenken an den Tod Oury Jallohs durch polizeiliche Vorgehensweisen ist es hier möglich auch auf rassistische Polizeipraxis aufmerksam zu machen.
Der Zugtreffpunkt für Magdeburg ist um 11 Uhr, ZOB (Abfahrt 11.12 Uhr). Aufgrund der schlechten Verbindung wird die Anreise mit eigenen PKWs empfohlen.
Weitere Informationen, nützliche Hinweise und mögliche Zugverbindungen finden sich unter:
http://initiativeouryjalloh.wordpress.com/