Mildtätigkeit und Militär

Seit 1994 tritt das Luftwaffenmusikkorps in Littenweiler auf (unser Foto stammt aus dem Jahr 2011)
Erstveröffentlicht: 
15.12.2012

Traditionelles Benefizkonzert des Luftwaffenmusikkorps in St. Barbara sorgt erstmals für Proteste.
LITTENWEILER. Seit 1994 gibt das Musikkorps 2 der Luftwaffe vorweihnachtsliche Benefizkonzerte in der Kirche St. Barbara. Die Frage, ob der Altarraum der richtige Platz ist für Militäruniformen ist, ist erst in diesem Jahr erstmals grundsätzlich gestellt worden. Bevor am Dienstag vor etwa 300 Zuhörern geistliche Musik erklang, hatten sich auf dem Vorplatz der Kirche rund 60 Demonstranten zu friedlichem Protest versammelt. Pfarrer Johannes Kienzler hält dagegen: "Die Bundeswehr handelt in unser aller Namen. Der richtige Adressat für Protest wäre das Parlament!"

 

Bereits am 19. November hatte sich der frisch gegründete Freiburger "Arbeitskreis gegen Krieg und Militarisierung" (kurz: AKM) mit einem offenen Brief an Pfarrer Johannes Kienzler gewandt. In der von ihm betreuten katholischen Kirche St. Barbara solle ein Adventskonzert stattfinden mit dem Musikkorps 2 der Luftwaffe der Bundeswehr. Das erwecke den Eindruck einer kulturellen Bereicherung, heißt es in dem Schreiben, es sei jedoch zynisch, denn: "Die Bundeswehr führt Krieg." Und die Kriegseinsätze bedeuteteten für die Menschen vor Ort eine Katastrophe.

Pfarrer Kienzler hat das Schreiben, wie er sagt, zur Kenntnis genommen. In der Sache widerspricht er der Argumentation des Arbeitskreises: "Die Bundeswehr handelt ja nicht nach eigenem Gutdünken, sondern in unserem Auftrag. Und sie ist ein Teil unseres Gemeinwesens, den wir nicht ausschließen dürfen. Im übrigen will der einzelne Soldat mit Sicherheit weder in den Krieg, noch will er töten."

Die Veranstaltung des Musikkorps nennen die Unterzeichner – ein Bündnis von den Jusos, vom Runden Tisch "Schulfrei für die Bundeswehr" bis hin zur Studentenvertretung Usta der Pädagogischen Hochschule – "Propaganda", die in der Gesellschaft Akzeptanz für Kriegseinsätze herstellen solle. Mit dem Schreiben hatte der Arbeitskreis Pfarrer Kienzler aufgefordert, das Konzert abzusagen. Dazu sah der jedoch keine Veranlassung. Vor zwölf Jahren habe er diese gute Tradition des adventlichen Musikkorps-Konzerts von seinem Vorgänger übernommen – und nie habe jemand in der Gemeinde daran Anstoß genommen.

So hat es auch Anne Paatsch erlebt, die Vorsitzende des Pfarrgemeinderats: "Im Kreis des Gemeinderats war das kein Thema. Es ist auch niemand an uns herangetreten deswegen. Und es gab auch nicht den Wunsch, dass wir in dieser Sache aktiv werden sollen." Nur im privaten Kreis sei hier und da erörtert worden, was der neue Freiburger Arbeitskreis da forderte, aber insgesamt habe es keinerlei Bedürfnis gegeben, sich diesem Konzert für mildtätige Zwecke in irgendeiner Weise in den Weg zu stellen.

Etwa 800 Euro kamen am Ende an Spenden aus dem Konzert zusammen, berichtet Johannes Kienzler. Die Hälfte geht traditionell ans Soldatenhilfswerk, die andere Hälfte kommt dem Kindergarten der Gemeinde zugute. Das sei alles Teil der Öffentlichkeitsarbeit der Bundeswehr, kritisiert Anne Karlsson vom AKM: "Wir beobachten immer häufiger diese Auftritte von Bundeswehrangehörigen an ganz alltäglichen Orten. Nicht umsonst nennt sich das Musikkorps selbst auch ,die klingende Visitenkarte des Militärs’."

Rund 60 Menschen demonstrierten dann vor der Kirche gegen den Auftritt der Luftwaffen-Musiker und etwa ein Dutzend Polizisten zeigte vor Ort Präsenz – allerdings mussten sie nicht eingreifen: "Alles verlief sehr friedlich", so die Bilanz. Lediglich die mahnenden Inszenierungen der zum Teil lärmenden Protestierer zeigten kriegerisches Potenzial: blutverschmierte "Leichen" und ein Pappmaché-Panzer hatten den Vorplatz der Kirche mit Beschlag belegt.

Einige wenige Konzertbesucher seien gesprächsbereit gewesen, sagt Anne Karlsson, bevor sie durch den Seiteneingang in die Kirche gegangen seien. Pfarrer Johannes Kienzler berichtet, es sei nicht die Atmosphäre gewesen, in der man miteinander ins Gespräch komme. Im übrigen werde man an der Tradition dieser Konzerte festhalten – und dass dagegen unter Umständen protestiert werde, beweise doch das gute Funktionieren unserer Demokratie.