PINNEBERG. Die ersten Zeichnungen von A. Paul Weber (1893-1980) hängen schon an den Wänden der Drostei. Die Vorbereitungen für die Ausstellungseröffnung am Sonnabend laufen auf Hochtouren. Doch mitten in die Geschäftigkeit platzt ein offenes Schreiben der Antifaschistischen Aktion (Antifa) Pinneberg. Deren Mitstreiter wollen die Werkschau des Bundesverdienstkreuz-Trägers verhindern. Der Vorwurf: "Völkische und antisemitische Zeichnungen" habe Weber angefertigt. Im Auftrag des Nazi-Regimes. An Sommerfesten mit Propagandaminister Joseph Goebbels habe Weber teilgenommen, Bücher illustriert, deren Geleitwort von SS-Führer Heinrich Himmler stammten. Sie fordern die Veranstalter auf, zu überdenken, ob sie "diesem Künstler so unkritisch so viel Raum" einräumen sollen. Den Brief veröffentlicht die Antifa auf ihrer Homepage. Auch im Gespräch mit unserer Zeitung wollten die Aktivisten jedoch anonym bleiben.
Tatsächlich ist Weber, einst als Oppositioneller im Dritten Reich gewürdigt, nicht mehr unumstritten. Zwar zeichnete er tatsächlich Menschenmassen, die sich in einen offenen Sarg mit Hakenkreuzen stürzen und illustrierte die Schrift "Hitler - ein deutsches Verhängnis" mit einem Skelett in SA-Uniform. Ebenfalls ist unbestritten: 1937 verhafteten die Nazis Weber, er landete für ein halbes Jahr im KZ Hamburg-Fuhlsbüttel. Jedoch: Widerstand gegen Hitler ist nicht unbedingt mit einer liberalen und demokratischen Gesinnung gleichzusetzen. Weber bewegte sich in den Kreisen der nationalistisch-sozialistischen Opposition. Die kämpfte gegen die Hauptströmung des Nationalsozialismus, war aber dabei unter Umständen ebenso antidemokratisch, antiliberal und auch antisemitisch.
Kuratorin Stefanie Fricke und Burkhard E. Tiemann, Kreispräsident und Vorstand der Stiftung Landdrostei, nehmen Stellung zu den Vorwürfen. Die Fakten zu Webers Leben im Schreiben der Antifa seien weitgehend richtig. Tiemann betont jedoch: "Wir stellen die umstrittenen und die harmlosen Werke Webers gegeneinander und wollen bewusst seine gebrochene Biografie zeigen - von den 20er Jahren bis kurz vor seinem Tod." Der Vorwurf einer unkritischen Präsentation sei daher vollkommen unangebracht. "Wir weisen auch in unserem Begleitung darauf hin, dass man sich unter dem damaligen Begriff des Widerstandes etwas anderes vorstellen muss, als es viele Menschen heute tun." Ansonsten gilt für Fricke: "Die Bewertung muss der Betrachter vornehmen - das ist das Wesen einer Ausstellung." Eine Diskussion über die politische Dimension der Zeichnungen würden die Veranstalter ausdrücklich begrüßen - allerdings nach der Ausstellung.
Das Vorgehen der Antifa findet der Kreispräsident unangebracht: "Es ist schade, wenn sich jemand so zu Wort meldet, der nur 20 Prozent des nötigen Wissens zu diesem Thema hat." Vor allem die anonyme Form des Schreibens stößt auf Unverständnis.