Wegen Burschenschaft
Die Burschenschaft Dresdensia-Rugia Gießen gilt als rechte Gruppierung. Einem Zeitungsbericht zufolge brüstet sich ihr Vorstand mit erfolgreichen Beziehungen zum Landesamt für Verfassungsschutz. Die SPD schlägt Alarm.
"Ehre! Freiheit! Vaterland!" – dieses Motto hat sich die Burschenschaft Dresdensia–Rugia Gießen auf ihre Fahnen geschrieben. Schon seit Jahrzehnten steht der akademische Männerbund im Verdacht, Rechtsextremisten und der NPD bedenklich nahe zu stehen. Während der Dachverband "Deutsche Burschenschaft" deshalb am Samstag auf einer außerordentlichen Versammlung in Stuttgart über einen Ausschluss beriet, lenkt ein Bericht der "Frankfurter Rundschau" (Samstag) die Aufmerksamkeit auf die Beziehungen der schlagenden Verbindung zum hessischen Verfassungsschutz.
Dem Blatt zufolge hat sich ein Vorstandsmitglied mit guten Beziehungen zu derjenigen Behörde gebrüstet, die die Demokratie vor ihren Gegnern schützen soll. Die Kontakte seien sogar so gut gewesen, dass die Dresdensia-Rugia seit längerem nicht mehr im Bericht des Landesamtes für Verfassungsschutz auftaucht. In Mitteilungsblättern an die Burschenschaftler sei unter anderem zu lesen: "Verschiedene Maßnahmen haben dazu geführt, dass nach 2006 der Verfassungsschutz seine Berichterstattung über uns eingestellt hat." Es habe "häufige Fühlungsnahmen“ gegeben und der Sachbearbeiter der Behörde habe versprochen, "einen Deckel auf die Sache zu machen".
Landesamt weist Kritik zurück
Das Landesamt für Verfassungsschutz bestätigt in dem Zeitungsbericht: Gespräche könne es grundsätzlich zur Stärkung "demokratischer Positionen innerhalb einer Gruppe“ geben. Den Verdacht, die Dresdensia-Rugia könne dabei ihre Nicht-Erwähnung im Verfassungschutzbericht quasi ausgekungelt haben, wies ein Behördensprecher aber strikt zurück.
Diese Erklärung reicht der SPD nicht aus. Der parlamentarische Geschäftsführer ihrer Landtagsfraktion, Günther Rudolph, forderte von Innenminister Boris Rhein (CDU) rasche Aufklärung. Stimmten die Behauptungen aus den Reihen der Burschenschaft, sei dies "ein skandalöser Vorgang". "Ein solches Verfahren führt nicht dazu, dass in der Öffentlichkeit das Vertrauen in unsere Sicherheitsbehörden wieder hergestellt wird“, sagte Rudolph mit Anspielung auf die Affäre um Verfassungsschutzpannen bei der Aufklärung der NSU-Mordserie. Er verlangte außerdem eine Sondersitzung der Parlamentarischen Kontrollkommission.
Auf Neonazi-Demonstrationen
Bis einschließlich 2006 war die Burschenschaft Dresdensia-Rugia Gießen als Fusion zweier Mitte des 19. Jahrhunderts gegründeten Burschenschaften regelmäßig im Verfassungsschutz-Bericht vorgekommen. 2004 war die Vereinigung sogar noch als "rechtsextremistisch" eingestuft worden. Ein Verdacht, der schon Ende der 80er Jahre immer wieder geäußert wurde und der bis heute nicht nur wegen Fotos von Burschenschaftlern auf Neonazi-Demonstrationen aktuell geblieben ist. Denn auch namhafte NPD-Funktionäre wie der sächsische Landtagsabgeordnete Jürgen Gansel gehören der Dresdensia-Rugia an.
In seinem letzten Bericht hatte der Verfassungsschutz dann Erfolge der Burschenschaft bei der Distanzierung von Rechtsextremisten registriert. Die wichtigsten NPD-Kader seien ausgeschlossen worden. Wegen Kontakten zu der Partei und Artikeln im rechten Blatt "Junge Freiheit“ musste auch der damalige Sprecher der Dresdensia-Rugia gehen. Das ist sechs Jahre her.
Gegen "Gleichmacherei" und "Schuldkult"
Unter dem Stichwort "Haltung" distanziert sich die Burschenschaft Dresdensia-Rugia Gießen auf ihrer Internetseite von der "Gleichmacherei" der Französischen Revolution. Sie beruft sich auf das national-konservative Erbe der Romantik und bekennt sich "zu allen Facetten unserer Geschichte". Weiter heißt es: "Eine einseitige Geschichtsbetrachtung, wie sie sich beispielsweise im Terminus von der ‚Befreiung‘ niederschlägt, und den daraus resultierenden Schuldkult lehnen wir jedoch ab, da er zu nationalem Selbsthass führt und unsere Jugend ihrer Zukunft beraubt". Mitglieder in dem "Männerbund, den die Verantwortung für unser Vaterland zusammengeführt hat", dürften nur "deutsche Studenten" werden.