Im Regierungspräsidium Stuttgart, das als Schulbehörde zuständig ist, zeigt man sich betroffen über den Vorfall am Hohenstaufen-Gymnasium in Bad Wimpfen.
Dass Schüler in dieser schockierenden Weise die NS-Thematik benutzten, sei lange nicht untergekommen, sagte Pressesprecher Clemens Homoth-Kuhs. Gemeint seien alle Beteiligten – sowohl diejenigen, die beim Fototermin in der Schule bewusst den Hitlergruß zeigten, als auch Schüler, die ein Foto der Szene im Internet verbreiteten und mit NS-Symbolik bearbeiteten.
Den Hitlergruß zu zeigen, sei durch nichts zu entschuldigen, eine Verherrlichung des NS-Regimes und eine Verhöhnung der Opfer. Dass man diesen Gruß auch nicht im Spaß zeigen dürfe, müsse man wissen. Die Schulleitung in Bad Wimpfen habe aus jetziger Sicht pädagogisch und disziplinarisch rasch und entschieden gehandelt, so Homoth-Kuhs.
„Wir sehen im Moment keinen Ansatz für Kritik“ – vorbehaltlich des Ergebnisses der polizeilichen Ermittlungen. Es müsse sich zeigen, wie gravierend alles strafrechtlich sei. Pädagogisch sei offenkundig viel gemacht worden. Die Prüfung der Polizei dauert an.
Fotoshooting
Der Vorfall hat sich am 10. Oktober bei einem Fotoshooting im klösterlichen Kreuzgang des Hohenstaufen-Gymnasiums Bad Wimpfen ereignet. Einige der Schüler, die sich wie jedes Jahr zum Schulfototermin versammelten, zeigten dabei den Hitlergruß. Ein Foto, das unserer Redaktion vorliegt, dokumentiert das Geschehen.
Schulleiter Walter Wejwar und sein Stellvertreter Gunter Koos sagten auf Anfrage unserer Zeitung, das Foto sei teilweise manipuliert worden. Nach ersten Analysen unserer Redaktion ist dies allerdings schwer vorstellbar.
Wejwar und Koos bestreiten nicht, dass tatsächlich Schüler bei der Aktion den Hitlergruß zeigten. „Es hat sicher den ein oder anderen gegeben, der sich zu etwas Ungehörigem hat hinreißen lassen“, sagt Wejwar. Dies hätten ihm Kollegen mitgeteilt. Aufgrund der Foto-Perspektive sähe es aber auch bei winkenden Schülern so aus, als zeigten sie den Hitlergruß.
Der Situation vorausgegangen war eine Aufforderung von Schulleiter Walter Wejwar. Er habe gewollt, dass die Schüler in die Kamera winken. „Jetzt hebt mal euren Arm“, soll er nach Angaben mehrerer Schüler gesagt haben. Wejwar selbst sagt, er wisse den Wortlaut nicht mehr genau. „Jetzt winken alle mal“ oder „Wir heben jetzt den Arm hoch in die Kamera“. Die ganze Sache sei absurd, „ich habe so etwas in meiner ganzen Laufbahn noch nicht erlebt“.
Augenzeugen bestätigten gegenüber unserer Zeitung, dass nicht wenige, sondern zumindest einige Schüler den Hitlergruß zeigten. Diese hätten die Aufforderung ihres Schulleiters bewusst falsch verstehen wollen. Es sei wohl als ein Spaß gedacht gewesen. Auf dem umstrittenen Foto sind auch viele Schüler zu sehen, die den Arm ohne Hitlergruß-Absicht oder auch gar nicht heben.
Die Hitlergruß-Szene festgehalten hat ein Schüler, der sich mit seinem Handy in einem Stockwerk über dem Kreuzgang aufhielt. Anschließend veröffentlichte er das Foto im sozialen Netzwerk Facebook. Ein anderer Schüler ergänzte die Szene mit Nazi-Symbolik – Hakenkreuz und Reichsadler. So nahm alles binnen kürzester Zeit seinen Lauf.
Der Vorfall hat schulintern für großes Aufsehen gesorgt, es fanden Lehrerkonferenzen zum Thema statt. Zudem soll vereinbart worden sein, dass man bei Presseanfragen sofort an die Schulleitung verweise. Offenbar hatte man von Anfang an die Befürchtung, der Vorfall könnte an die Öffentlichkeit geraten. Die Elternbeiratsvorsitzende wollte sich nicht zur Sache äußern. Man müsse in jedem Fall Aufklärungsarbeit leisten, sagte die Mutter eines Schülers. Sie denke, dass sich die meisten nicht bewusst seien, was sie gemacht haben.
Ein Schüler der Oberstufe sieht das ähnlich. Nur weil der Schulleiter aufgefordert habe, den Arm zu heben, müsse man nicht auf die Idee kommen, den Hitlergruß zu zeigen. Die Aktion hätte aber in keiner Weise mit nationalsozialistischem Gedankengut zu tun, sondern sei nur „dumm“ gewesen.
Polizei prüft
Die beiden Schüler, die im Besitz des Fotos waren und es verbreitet hatten, mussten es aus dem Internet löschen. Außerdem wurden sie mehrere Tage vom Unterricht ausgeschlossen, unter anderem wegen „Störung des schulischen Friedens“. Die Schüler, die den Hitlergruß zeigten, sind nach Meinung der Schulleitung schwer zu ermitteln. Man greife die Problematik im Unterricht auf und bei einem „Tag gegen Rechts“.
Auch der Polizei ist der Vorfall bekannt. Man stehe in Kontakt mit dem Regierungspräsidium und prüfe, ob strafrechtlich relevantes Verhalten vorliege, so ein Polizeisprecher. Inzwischen hängt ein Entschuldigungsschreiben „der Verursacher“ an den Aushängebrettern im Hohenstaufen-Gymnasium. Darin heißt es: „Es war nie unsere Absicht, einem von Euch bzw. Ihnen zu schaden und nachdem wir uns der Konsequenzen bewusst waren, haben wir unsere Fotos umgehend aus dem Internet genommen.“