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Streik bei Neupack

Seit dem 1.November streiken die Arbeiter bei dem Verpackungshersteller Neupack, in Hamburg Stellingen und Rothenburg/Wümme, für einen Tarifvertrag. Es gibt keinen. Entsprechend nutzt die Unternehmensführung ihren Spielraum aus. Keine festen Urlaubsregelungen , auseinanderklaffende Gehälter, keine geregelten Arbeitszeiten; bei Neupack normal. Auch hört man von den Kollegen, dass die Maschinen immer schneller werden, um zu schnellerem Arbeiten zu zwingen.

 

Aber nicht nur das. In letzter Zeit nahm besonders die Schikane gegenüber kämpferischen und organisierten Kollegen zu. Ihren vorläufigen Höhepunkt fand sie in der Kündigung des Betriebsratsvorsitzenden, angeblich wegen falsch abgerechneter Fahrtkosten. Außerdem ist einer der Streikbrecher Betriebsratsmitglied; wer den gewählt hat, weiss von den Wählern keiner. Verhandlungsbereit ist eine solche Unternehmensführung natürlich nicht.


Ohne Tarifvertrag auf den man sich berufen kann, und bei solch einer aggressiven Personalführung, hat der einzelne Arbeiter keine Chance. Dem etwas entgegensetzen, das geht nur gemeinsam. Deswegen streiken die Arbeiter bei Neupack.

 

 

Damit stellen sie sich gegen die Krüger-Sippe, der das Unternehmen gehört. Diese hält ihre Art der Unternehmensführung für zweckmäßig. Denn wer den Zweck hat Profit zu machen, also möglichst mehr einzunehmen als investiert wurde, sieht in den Arbeitern nur Kostenfaktoren. Und wie solche behandelt man sie auch. Wer Geld verdienen will, und zwar mit der Arbeit seiner Angestellten, der ist an denen nur als Mittel zum Zweck interessiert. Für die Krügers als Kapitalisten, sind die Arbeiter nur ein Werkzeug, um reich zu werden. Und dieses Werkzeug funktioniert schlecht bezahlt, eingeschüchtert und gehetzt besser als gut bezahlt, kämpferisch und entspannt.


Zwischen den Krügers und ihren Angestellten gibt es einen Interessengegensatz. Die Krügers wollen viel Profit, also wenig Lohn zahlen. Und die Arbeiter wollen hohe Löhne. Dieser Interessengegensatz ist ganz prinzipiell, der lässt sich nicht schlichten. Da kann man nur für das eigene Interesse gegen die andere Seite streiten.

 

Das wollen die wenigen Streikbrecher nicht einsehen. Viele kommen zum Schichtwechsel und erzählen einem, dass „man nicht nur fordern könne“, dass „das so nicht ginge“, usw. Man möchte ihnen entgegen schreien : Wie denn sonst?! Sie wollen, dass man beim Arbeitskampf irgendwie netter ist. Hier wird so getan, als ob es sich um einen Krach innerhalb der Familie um das abendliche Fernsehprogramm handele. Da muss man auf den anderen auch mal zugehen. Unternehmen sind keine Familien. Unternehmen sind beinharter Klassenkampf. Das eigene Interesse als Arbeiter kommt nur zum Zug, wenn man es erstreitet, erkämpft, durchsetzt.
Darüber hinaus gibt es auch Kollegen, die sich einkaufen lassen; wegen Prämien den Streik brechen. Das mag einem kurzfristig ein paar Euro in die Taschen spülen, aber eigentlich schießt man sich selbst ins Knie. Indem man die Kollegen verrät, nimmt man sich und ihnen das einzige Mittel, das man als Lohnarbeiter hat, um sich gegen die Kapitalisten zu wehren. Alleine kann ein Lohnarbeiter wenig ausrichten, nur gemeinsam im Streik ist man in der Lage dem Kapital einen Schaden zuzufügen, Druck zu machen, sich durchzusetzen. Alleine ist man nur jemand, der ersetzt werden kann.


Manche haben Angst, dass sie wegen Streikbeteiligung gekündigt werden. Wie soll das denn gehen? Ihr seid diejenigen, die da den Reichtum schaffen! Ihr seid diejenigen die arbeiten! Wenn ihr alle streikt, kann man euch nicht feuern. Einzelpersonen kann man feuern, aber doch nicht die gesamte streikende Belegschaft. Wer soll denn dann die Arbeit machen? Die Krügers selbst? Lauter Ungelernte?

 

Manche Gewerkschaftsredner haben sich über die mangelnde Sozialpartnerschaft beschwert. Partnerschaft zwischen Klassenfeinden? Solch romantische Vorstellungen helfen einem im Arbeitskampf nicht weiter. Wer mit dem Klassenfeind auf Kuschelkurs geht, der schaufelt sich und seinen Forderungen das eigene Grab.


Aber nicht nur die Streikbrecher auch einige Unterstützer haben ein paar komische Gedanken dazu woran die Zustände bei Neupack liegen. Da ist von „Gutsherrenart“ und „feudaler Unternehmensführung“ und „Willkürherrschaft“ die Rede.1 Hier muss mal gesagt werden: Nein! Das ist Kapitalismus, das ist der ganz normale Klassengegensatz zwischen Arbeitern und Kapitalisten, der in jedem Arbeitsverhältnis steckt. Hier wird der Blödsinn vom netten Familienunternehmen einfach nur umgedreht, und dadurch nicht richtiger. Die Krügers mögen Arschlöcher sein, nach allem was wir mitbekommen haben, aber das ist nicht der Grund für das Elend. Der Grund ist der Produktionszweck, der Profit.


Auch die als Willkürherrschaft empfundene Unternehmensführung hat ihren Grund im Produktionszweck Profit. Dadurch das es keine tariflich festgehaltenen Regeln gibt, haben die Krügers allen Spielraum, den sie brauchen, um die Belegschaft zu spalten, Arbeitskampf zu verhindern. Das hat ja auch rund dreißig Jahre geklappt, solange ist unseres Wissens nach der letzte Arbeitskampf her. Streikbrecher, Spitzel und Speichellecker können belohnt werden, kämpferische Kollegen werden eingeschüchtert. Eine so beherrschte Belegschaft kann man kampfunfähig halten. Und mit einer Belegschaft, die nicht kämpfen kann, muss man auch nicht verhandeln. Weil die Krügers Profit machen wollen, behandeln sie ihre Arbeiter so.2


Das man es hier in der Auseinandersetzung mit Personen und nicht mit einer anonymen Aktiengesellschaft zu tun hat, mag praktisch relevant sein, aber theoretisch nicht. Es ist interessant für den Kampf um die Sache, aber nicht für die Erklärung der Sache.

 

Eines muss noch gesagt werden: Ein Tarifvertrag wird die Situation der Neupackarbeiter erheblich verbessern, aber ihre prinzipielle Abhängigkeit von den Rechnungen des Kapitals bleibt bestehen. Arbeit gibt es nur, wenn sie rentabel ist. Der Lohn soll sich lohnen, für das Unternehmen. Der Arbeitskampf schützt vor einer extraharten Ausbeutung, aber er schafft die Ausbeutung nicht ab. Deswegen muss langfristig für eine arbeitsteilige Produktionsweise gekämpft werden, wo die Bedürfnisse der Arbeiter der Zweck sind, und nicht der Profit.

 

Wir rufen auf zu Solidarität mit den Kollegen bei Neupack! Unterstützt sie in ihrem Kampf mit allen Mitteln!


Besonders während der Schichtwechsel brauchen die Streikposten Unterstützung, um die Streikbrecher von der Arbeit abzuhalten und mit ihnen ins Gespräch zu kommen.3 Besonders morgens um 5.30. Leider werden die Schichtwechsel nun flexibilisiert, um die Blockade zu verhindern. Also zieht euch warme Sachen an, besonders mehrere Socken, um ausharren zu können. Es gibt aber auch ein Streikzelt wo man sich aufwärmen kann.

 

Mit solidarischen Grüßen iCritics/Junge Linke

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1. Hier zu den Berichten auf Indy Der Erste und der Zweite

2. Es gibt auch andere Strategien den Zweck Profit zu verfolgen, dazu hier mehr

3. Das ist für 30min legal.