Rechtsradikales Treffen als Privatfest getarnt

Trügerische Idylle – im Lütschenbacher Steinbruch traf sich am Wochenende die rechtsextreme Skinheadszene.
Erstveröffentlicht: 
09.10.2012

Steinbruchbesitzer Dörflinger war arglistig getäuscht worden / Gemeinde Malsburg-Marzell stellt nun das Genehmigungsverfahren auf den Prüfstand.

 

Von: Ulrich Senf

 

MALSBURG-MARZELL. Ein polizeilich bisher völlig unauffälliger Mann hatte den Lütschenbacher Steinbruch für "eine private Feier" gemietet. In Wahrheit trafen sich dort am vergangenen Samstag über 100 Skinheads aus der rechtsradikalen Szene. Die Gemeindeverwaltung will nun das Genehmigungsverfahren für den Steinbruch auf den Prüfstand stellen.


Gestern waren die Beamten des Staatsschutzes noch am Ermitteln, um die Hintergründe zu dem Treffen von 100 bis 120 Personen aus der rechtsradikalen Szene in Lütschenbach aufzudecken. Entsprechend bedeckt hielten sie sich mit Informationen über den Polizeieinsatz, bei dem in der Nacht von Samstag auf Sonntag alle Besucher des Skinheadkonzertes kontrolliert worden waren.

Wie die Polizei auf Nachfrage bestätigte, war das Konzert vom Hammerskin-Chapter Baden organisiert worden. Das hatten gestern die autonomen Antifaschistischen Freiburg auf ihrer Website veröffentlicht. Ihrer Information nach sollen dort neben anderen die Bands "Slapguns" und "Blitzkrieg" aufgetreten sein. "Die Nazis waren aus ganz Deutschland, Frankreich und der Schweiz angereist", heißt es dort weiter.

Die Polizei spricht von dem ersten Auftauchen der Hammerskins (siehe Infobox) im Landkreis Lörrach. Bei der Überprüfung seien "praktisch nur Leute von außerhalb des Landkreises festgestellt worden", so Polizeisprecher Nagy.

Den in der Berggemeinde aufgekommenen Spekulationen, die doch recht Aufsehen erregende Polizeiaktion sei möglicherweise lange vorbereitet gewesen, trat Nagy allerdings entgegen. Erst kurzfristig habe man von dem Treffen erfahren und dann entsprechend rasch reagiert. Das Technische Hilfswerk habe man zur Unterstützung gerufen, da man nicht wusste, über welche Ausrüstung zum Ausleuchten der Kontrollstelle am Rathaus die örtliche Feuerwehr verfügt. Die, so Bürgermeister Gerd Schweinlin, der gestern erst aus dem Urlaub ins Büro zurückgekommen war, hätte nämlich Geräte gehabt, etwa auch, um im Notfall einen Hubschrauberlandeplatz ausleuchten zu können.

Für Schweinlin ist der Vorgang, der Malsburg-Marzell so unschön in die Schlagzeilen brachte, nun Anlass, das Genehmigungsverfahren für den Steinbruch neu zu überdenken. "Wir haben von der Party überhaupt nichts gewusst", erklärt er und verweist darauf, dass Steinbruchbesitzer Dörflinger Mieter auffordert, sich bei der Gemeinde zu melden, um entsprechende Genehmigungen einzuholen. Das war offensichtlich von dem Veranstalter, einem polizeilich bisher unauffälligen Mann aus dem Raum Müllheim, der den Steinbruch für ein Privatfest gemietet hatte, unterlassen worden. "Wir müssen da künftig einen Automatismus einbauen, dass wir von allen Anmeldungen erfahren und die Chance haben, die Personen zu kontrollieren", fordert Schweinlin.

 



HAMMERSKINS

Die aus Amerika kommenden Hammerskins bezeichnen sich als eine führerlose Gruppe, deren Ziele sie selbst in einem Satz, der aus 14 Wörtern besteht, umschreiben: "We must secure the existence of our people and a future for White Children – Wir müssen die Existenz unseres Volkes und die Zukunft für die weißen Kinder sichern". In Deutschland haben sich die Hammerskins 1992 gegründet und bezeichnen sich hierzulande als die älteste Skinheadorganisation. Der Verfassungsschutz Baden-Württemberg hat die gruppe im Blick. "In Baden-Württemberg unterhalten zwar einzelne rechtsextremistische Skinheads Kontakte zu den ’Hammerskins’, ein ’Chapter’ (regionale Gruppe) konnte bislang jedoch nicht festgestellt werden", schreiben die Verfassungsschützer.