Die drohende Spaltung der Deutschen Burschenschaft wegen rechtextremer Tendenzen nach dem jüngsten Burschentag wird in Eisenach kritisch reflektiert. Konsequenzen könnte es 2013 insbesondere hinsichtlich der Vergabe der Werner-Aßmann-Halle geben, sollte dann ein neues Treffen stattfinden.
Eisenach. Mindestens seit Mitte der 90er-Jahre ist die nach einem berühmten Eisenacher Handballer benannte Halle regelmäßiger Treffpunkt und geistiges Zentrum der studentischen Verbindungen, die dort auch über ihre inhaltliche Ausrichtung debatieren. Für das klamme Eisenach ist die Halle eine Goldgrube. Mit der Deutschen Burschenschaft hat die Stadt entsprechend der Benutzungs- und Entgeltordnung einen Vertrag abgeschlossen. Darin wurde ein Mietzins in Höhe von 10 000 Euro für fünf Tage vereinbart. Nachlässe würden nicht gewährt, hieß es aus der Stadtverwaltung.
Bei der Vergabe halte man sich an strenge Richtlinien, so Bürgermeisterin Ute Lieske (pl). Dazu zähle auch, dass die Halle nicht an rechtsextreme oder radikale Veranstalter vergeben werde. "Wir werden die Entwicklung genau beobachten und klare Gespräche mit neuen Veranstaltern über die Ausrichtung der Verbindungen führen", kündigte sie an. Sollte es Tendenzen gebe, die den städtischen Richtlinien widersprächen, "kann es sein, dass die Halle nicht mehr zur Verfügung steht", sagte sie.
Der Burschentag wird auch in Eisenachs Partnerstadt Marburg ausgewertet. Von dort nahmen viele Studenten an der Anti-Burschen-Demo teil. Der Allgemeine Studierendenausschuss der Uni Marburg kritisierte danach insbesondere das Vorgehen der Polizei. "Dass bei der Demonstration, wie in den Jahren davor auch schon, von allen Menschen die Personalien aufgenommen werden und die Taschen durchsucht werden, kann nicht sein. Es darf nicht sein, dass Menschen, die an einer Demonstration teilnehmen, so unter Generalverdacht gestellt werden", äußerte sich der hochschulpolitische Referent Jamal Lutz.
Dem pflichtet Referent Marius Beckmann bei: "Der absolut friedliche Ablauf der Demonstration zeigte, wie überflüssig dieses Vorgehen der Polizei war." Polizeidirektor Menzel hatte von einer "angemessenen Anzahl an Einsatzkräften" gesprochen.
Der Studentenausschuss kritisiert unter anderem den "völkischen Nationalismus" der Burschenschaft. "Wie sich auf der Demonstration zeigte, standen Burschenschafter in voller Montur neben bekannten Neonazis. Hier zeigt sich deutlich, dass die von den Burschenschaftern propagierte Abgrenzung zu den Nazis nicht vorhanden ist" so Jamal Lutz. Den vermeintlich liberalen Korporationen traut der Studierendenausschuss ebenfalls nicht. "Auch hübsch liberal verpackter Rassismus bleibt Rassismus" so Jamal Lutz. Marius Beckmann: "Selbst eine liberale deutsche Burschenschaft bleibt inhaltlich nationalistisch, rassistisch, antisemitisch und sexistisch."
In Marburg gibt es derzeit Bestrebungen, rechtsgerichteten Burschenschaftsverbänden keine Bühne mehr zu bieten. Dort empfahlen der Magistrat der Stadt und die Stadtteilgemeinden dem Marktfrühschoppenverein, den Marktfrühschoppen dieses Jahr ausfallen zu lassen, der von studentischen Verbänden geprägt ist. Das "kürzeste Volksfest Deutschlands", wie es beworben wird, findet immer am ersten Julisonntag statt.
Begründet wird der Schritt mit einer Distanzierung von drei rechtsgerichteten Marburger Burschenschaften: Rheinfranken, Germania und Normannia. Ob das Fest nun ausfällt oder nicht, das ist aber noch nicht endgültig entschieden. Die CDU-Fraktion im Stadtrat will daran festhalten, weil es ein "wichtiges Bindeglied zwischen Stadt und Universität" sei. Es sei zudem "kein politisches Fest und kein Platz für Störungen oder Demonstrationen gleich welcher politischen Richtung", heißt es in einem dringlichen Antrag an die Marburger Stadtverordnetenversammlung.
Rita Specht