Soziale Situation in Cesar (Kolumbien)

Cesar (Kolumbien)

Neoliberalismus und Ausbeutung im Land des Liedes und des Tanzes
Die Region Cesar im Nordosten Kolumbien gehört zu den am meisten ausgebeuteten des Landes. Der Paramilitarismus ist ein wesentlicher Bestandteil der Ausbeutung mit der Aufgabe, den sozialen Protest zu vernichten. Der folgende Artikel orientiert sich an einen Aufruf der FARC-EP vom November 2011, um die Bevölkerung aufzuklären und für den sozialen Kampf zu ermutigen.


Wiederholt trifft uns die Erinnerung an jene Zeiten, in denen der kolumbianische Bundesstaat Cesar [1] viele andere Regionen in Kolumbien überragte und eine der wohlhabenden und lebhaftesten im ganzen Land war. Dies lag an der Fröhlichkeit und Kreativität der Menschen, die das in spontanen Zusammenkünften oder in Festivals mit Gitarren und Akkordeons zum Ausdruck brachten und wofür die Region schließlich bekannt wurde, für die Lebenslust und die Musikkultur des Vallenato [2]. Cesar und die Hauptstadt Valledupar waren berühmt für die unvergesslichen Musikkapellen, die Feste und der Kulturlandschaft unter den Augen der Sonne. Davon ist nur noch die Erinnerung und Sehnsucht an jene Zeiten geblieben.

Mit einer neoliberalen Wucht und Welle des Großgrundbesitzes wurde das Land nun überzogen, dort wo früher einst Baumwolle, Reis, Kaffee und Zwiebeln angebaut wurden und man das Leben und die Liebe in den Liedern besang. Nun klagt man hier über sogenannte „falsos positivos“ [3] und Massengräber. Die Region Cesar haben Santos und Uribe in ein Laboratorium des Terrors und des Todes verwandelt. Von den Familien, die einst eine regionale und lokale Instanz bildeten, jenen mit den Namen Castro, Villazones, Araujo, Mattos und Maya, kamen die Frankensteins des staatlich geförderten Paramilitarismus in den Bundesstaat Cesar. Diese hießen zum Beispiel Jorge Géneco, Rodrigo Tovar Pupo alias „Jorge 40“ [4], Hernando Molina, Pedro Daza, und alle waren führende Köpfe im gewinnbringenden Handel  von Drogen, Erdöl und im Aussaugen des Gesundheitssystems. Dabei wurden sie beschützt von den staatlichen Sicherheitskräften und der Politik.

Durch den paramilitärischen Terror wurde der soziale Protest zermalmt. Es betraf die unermüdlich kämpfenden Bauern, ArbeiterInnen, Indígenas, Studierende und alle Personen, die Zeugen und Opfer der zielgerichteten Vertreibung, des Landraubes, der Ausbeutung der Minen, der Profitmaximierung des Gesundheitssystems, der Privatisierung der Bildung  und der öffentlichen Dienstleitungen und der größten Korruption und Wahlbetruges wurden.

Cesar entwickelte sich zu einer Region mit einem hohen Anteil von paramilitärischen Gruppen. Hier wurden diese explizit gefördert und konnten sich frei entfalten. Hinzu kamen eine Negierung der Probleme vor Ort und Desinformationskampagnen der Medien. Heute sind die Repression und die Armut allgegenwärtig. Unter dem Ex-Präsident Uribe verschlechterten sich von rund 70% der EinwohnerInnen die Lebensbedingungen. Aktuell leben 600.000 Menschen unterhalb der Armutsgrenze und 150.000 in absoluter Armut. Die Quote derjenigen, die keinen Zugang zum Nötigsten haben, hierzu zählen unter anderem ein Zugang zu Wasser, Strom, Gesundheit oder Bildung, und die der Unterernährung bei Kindern sind am höchsten im ganzen Land.

Auf der anderen Seite werden durch die Ausbeutung der Minen 34% des gesamten BIP Kolumbiens in der Region Cesar erwirtschaftet. In diesem Bundesstaat, reich an Bodenschätzen, wird aber nicht in die Infrastruktur und in Wohlstand und Fortschritt der einfachen Leute investiert. Der Staat verscherbelt alle Garantien und Rechte der Kohleminen an  transnationale Konzerne wie „Drummond“ [5], die wiederum in den Paramilitarismus investieren, damit sie in aller Ruhe und möglichst ohne Protest und Gegenwehr bezüglich der Arbeits- und Lebensbedingungen das Land ausbeuten können. „Drummond“ will in den Minen von „Descanso Norte“ [6] mehr als 2 Milliarden Tonnen Kohle fördern. Die Region ist die größte Übertageförderung von Kohle auf der Erdkugel und der Bundesstaat Cesar ist der größte Kohleförderer nach La Guajira in Kolumbien. Nicht nur, dass die Bevölkerung nicht an den Gewinnen beteiligt wird, schlimmer sind die Umweltverschmutzungen, die Gesundheitsprobleme der Menschen, die Verseuchung von Wasser, das Absinken der Trinkwasserspiegels und die Zerstörung von Wald und Boden. Ein bekannter Liedermacher singt dazu ein Lied: „ Für die (Nord-)Amerikaner die feinste Kohle, uns bleibt nur der Stollenrest übrig.“

Für die Menschen in Cesar und alle KolumbianerInnen gibt es keinen anderen Ausweg als den Weg des Kampfes. Erhebt die Stimme des sozialen Protestes. Für die soziale Revolution!

41. Kampffront der FARC-EP „Cacique Upar“

[1] Cesar ist ein Bundesstaat im Nordosten Kolumbiens an der Grenze zu Venezuela, ca. so groß wie Hessen, ca. 930.000 EinwohnerInnen
[2] vorrangig an der Karibikküste vorkommende traditionelle Musikform
[3] als „Falsos positivos“ werden von Armee und Paramilitärs getötete und als im Kampf gefallene Zivilpersonen bezeichnet, um Prämien und andere Belobigungen zu bekommen
[4] Jorge 40 war ein bekannter Anführer des Nordblocks der Paramilitärverbände (AUC) aus Valledupar mit bis zu 4000 Kriminellen unter Waffen, er arbeitete mit Politikern zusammen, sorgte für eine Schreckensherrschaft und wurde 2011 zu einer 26jährigen Haftstrafe verurteilt
[5] Drummond ist ein US-amerikanischer Bergbaukonzern der mehrmals wegen der Zusammenarbeit mit Paramilitärs angeklagt worden ist, andere Konzerne sind Glencore (Schweiz)/Vale (Brasilien)/Goldman Sachs (USA)
[6] Descanso Norte ist eine der größten freiliegenden Kohleminen der Welt

www.kolumbieninfo.blogspot.com