Organisator von Nazi-Aufmarsch in Eskalation mit Antifaschisten verwickelt

Demo gegen Nazis: Rechtsextreme sind in Offenburg unerwünscht - das Motto heißt "Bunt statt braun"
Erstveröffentlicht: 
04.10.2011

Ist er vor Angreifern geflohen oder fuhr er das Opfer absichtlich an? Die Ermittlungen um den Vorfall zwischen Links- und Rechtsradikalen bei Riegel dauern an. Derweil machen Linke für eine Demo in Offenburg mobil.


Im Vorfeld des für 22. Oktober angemeldeten Neonazi-Aufmarschs in Offenburg, zu dem sieben Gruppierungen Gegendemonstrationen angekündigt haben, mobilisiert die Antifa im Internet massiv gegen Rechts. Mittwochabend soll es zu einer Spontandemo in der Innenstadt kommen. Auslöser ist ein Vorfall am Sonntagabend bei Riegel, in den der bisherige Anmelder des Offenburger Neonazi-Aufmarschs verwickelt ist und bei dem ein Antifaschist schwer verletzt wurde.

 

Flüchtete er vor vermummten Angreifern oder gab er gar vorsätzlich Gas? Tatsache ist, dass ein polizeibekannter Kopf der südbadischen Neonazi-Szene am Samstagabend gegen 19.15 Uhr auf dem Pendlerparkplatz an der A5 bei Riegel ein Mitglied der linksextremen Szene mit seinem Auto über den Haufen gefahren hat. Das 21-jährige Opfer wurde schwer verletzt und befand sich noch am Sonntag in kritischem Zustand. Die Polizei in Emmendingen prüft derzeit noch, wie sich der Vorfall tatsächlich abgespielt hat. Es soll inzwischen Hinweise unbeteiligter Zeugen geben, wonach der Autofahrer von einer größeren Gruppe Vermummter angegriffen worden sei. Die Polizei, so die Emmendinger Kripo-Chefin Evelyn Tampe, ermittle in alle Richtungen. Gegen insgesamt acht der vermummten Angreifer aus der linken Szene leitete nun auch die Staatsanwaltschaft Ermittlungen ein.

Party zur Finanzierung des Offenburger Nazi-Aufmarschs

Der 29-Jährige hatte auf dem Parkplatz einen sogenannten Schleusungspunkt eingerichtet: Er gab dort Eingeweihten nach einer Gesichtskontrolle Hinweise auf den Veranstaltungsort einer Party der rechten Szene. Daran waren offenbar auch die Vermummten interessiert. Die Party sollte zur Finanzierung der Offenburger Demo dienen, wie auf der Internetseite der rechtsextremen "Freien Kräfte Ortenau" zu lesen ist.

Der 29-Jährige Neonazi stammt aus Offenburg, wo er in der Versicherungsbranche arbeitet. Er hat vor einem Jahr den Aufmarsch der Rechtsextremen ebenso bei der Stadt angemeldet wie in diesem Jahr für den 22. Oktober – ausgerechnet dem Gedenktag der Deportation von Offenburger Juden nach Gurs. Für den Aufmarsch, für den 200 bis 300 Teilnehmer angekündigt sind, ist der 29-jährige Neonazi zudem als Redner der rechtsextremen Gruppierung "Kameradschaft Südsturm Baden" angekündigt.

Ein Gleichgesinnter tritt nun als Demo-Anmelder auf

Nach dem Vorfall vom Samstag zog er am Sonntagabend um 18 Uhr per Mail die Anmeldung zurück – ganz offensichtlich, um der Stadt einen möglichen Vorwand für eine Ablehnung der Demonstration zu nehmen. Bei dem Neonazi-Aufmarsch am 22. Oktober soll es gleichwohl bleiben: Anstelle des 29-Jährigen tritt nun ein Gleichgesinnter aus Wyhl als Anmelder in Offenburg auf. Am Kaiserstuhl gibt es eine Gruppierung Rechtsextremer, die aber dem Staatsschutz bekannt ist.

Laut Michael Hattenbach, seit kurzem Chef des Fachbereich Bürgerservice und Soziales prüft die Stadt derzeit noch, wie sie mit der Anmeldung der "Freien Kräfte" umgehen wird. Wegen des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit ist eine Ablehnung mit hohen Hürden verbunden, allerdings können klare Auflagen erlassen werden.

Durch den Anmelderwechsel wird sich laut Hattenbach eine Entscheidung verzögern. Wie berichtet sind für den 22. Oktober sieben Gegendemos auf verschiedenen Plätzen der Innenstadt angemeldet, so von Gewerkschaften, Jusos und Alevitischer Gemeinde.

Antifaschistischer Aktionstag am kommenden Samstag

Unterdessen instrumentalisieren Linksextreme wie Rechtsradikale den Vorfall von Riegel um Stimmung zu machen und sich auf Internetportalen und über Facebook gegenseitig zu drohen und zu beschimpfen. Antifaschisten sprechen von einem Mordversuch und sehen den Vorfall von Riegel als Bestätigung dafür, dass die rechte Szene enorm gewaltbereit und gefährlich sei: "Jetzt erst recht ist es notwendig, faschistische Umtriebe in der Region konsequent zu unterbinden", heißt es. Für Mittwoch rufen Antifaschisten im Internet zu einer Spontandemonstration in der Offenburger Innenstadt auf. Treffpunkt soll um 19.15 Uhr auf dem Parkplatz bei der Evangelischen Stadtkirche sein, doch die "organisierte Antifa", so Informationen der Stadtverwaltung, halte nichts von der Veranstaltung und werde nicht teilnehmen.

Das Antifaschistische Bündnis Ortenau lädt zu einem Aktionstag am kommenden Samstag, 8. Oktober, ein, an dem deutlich gemacht werden soll, " dass Faschismus keine Meinung ist, sondern ein Verbrechen". Beginn ist um 15 Uhr mit einer Demo vom Bahnhof aus, Ausklang mit einem Straßenfest ab 17 Uhr beim Jugendzentrum Kessel.

Die Polizei wird laut ihrem Sprecher Gerold Müller auch am Mittwoch schon vorbereitet sein: "Wir werden dafür sorgen, dass es keine rechtsfreien Räume gibt und die Demo friedlich verläuft."

Einzelhändler-Protest

Aufgrund der angekündigten Demo am 22. Oktober "rumort" es laut Anita Basler von den City-Partnern auch unter den Offenburger Einzelhändlern. Im vergangenen Jahr hätten sie am besten Einkaufstag der Woche viele Einbußen hinnehmen müssen, weil die Demonstranten die Hauptstraße blockierten und Kunden die Innenstadt von vorneherein mieden. Auch der Wochenmarkt sei betroffen gewesen. In diesem Jahr werde man nicht mehr still halten nach dem Motto "Augen zu und durch". Die City-Partner fordern, eine Verlegung aus der Hauptstraße: "Wenn die Stadt das genehmigen muss, dann bitte an einem anderen Platz." Dies ist laut Michael Hattenbach nicht so einfach möglich, auch wenn das Anliegen der Händler berechtigt sei: "Aber wir können eine Demo nicht rechtswirksam aufs freie Feld verlegen."