Wagenburg Kommando Rhino »Räumung der Wagenburg wäre ein Skandal«

Erstveröffentlicht: 
31.07.2011

Freiburg. Die letzten Vermittlungsversuche in Sachen Kommando Rhino sind gescheitert. Der illegalen Wagenburg vor den Toren des Freiburger Stadtteils Vauban droht nach zwei Jahren eine Zwangsräumung. Als Vermittler hat bis zuletzt ein »runder Tisch« versucht, eine Lösung für das selbst ernannte Kulturkollektiv zu finden. Aber wer steckt hinter dem Unterstützerkreis der Platzbesetzer und warum? Ein Gespräch mit dem evangelischen Pfarrer Martin Auffarth aus Freiburg, der momentan als Sprecher des »runden Tischs« fungiert.

 

Herr Auffarth, wer steckt hinter dem »runden Tisch«, der sich für die Wagenburg stark macht? Warum fordern Sie Toleranz für die Platzbesetzer?

Wir sind Vertreterinnen und Vertreter aus der Kultur schaffenden Szene: Wissenschaftler, zum Beispiel ein Professor für Soziologie und Immunologie, Bewohnerinnen und Bewohner aus dem Stadtteil, ich selbst als Vertreter der Kirche in Vauban und jemand, der beruflich als Mediator arbeitet und dessen Familie in Vauban wohnt. Toleranz deswegen, weil es alternative und nicht-kommerzielle Kultur braucht. Ein Blick in die Wagenburg überzeugt. Es gibt dort zum Beispiel eine echte Gesprächs-Kultur. Ich meine damit nicht eine Diskussion-Kultur, sondern die jungen Leute reden miteinander über alles Mögliche und Unmögliche. Sie tun dies anders als in einer Kultur, in der wir inzwischen leider mehr übereinander als miteinander reden, oder nur noch per Elektronik kommunizieren. Der Name »Kunst- Kultur- und Wagenburg-Kollektiv« ist zu Recht so gewählt. So ein Kultur ist förderungswürdig und wert, toleriert zu werden. Zumal in einer alternativen Stadt.

 

Warum ist es aus Ihrer Sicht ein Skandal, wenn die Stadt die Wagenburg räumen lässt?

Die Räumung wäre ein Skandal, weil der Gemeinderat sich auf einen Beschluss von 1996 zurückgezogen hat: Es sollte ein »Arbeitskreis Wagenburg/alternatives Wohnen in Freiburg« initiiert werden, das wollte der Gemeinderat. Das heißt, man war mit dem eigenen Beschluss gegen weitere Wagenburgen letztlich nicht zufrieden. So höre ich das heraus. Die Frage sollte demnach schon lange beantwortet sein: Unter welchen Umständen könnte hier in Freiburg alternatives Wohnen stattfinden? Inzwischen gibt es in manch anderen Städten weniger erfolgreiche Versuche und eben auch erfolgreiche. Die Szene und die Kommunen haben sich geändert. Nur Freiburg nimmt sich da aus. Darum ist es Skandal zu räumen, weil Versäumtes nun konsequenterweise ausgeführt werden muss.

 

Welchen Rückhalt hat Rhino in Freiburg?

Darüber gibt es sehr unterschiedliche Einschätzungen. Ich kann nur davon reden, was wir hier in Vauban erleben. Das Projekt hatte schon wesentlich größere, allgemeine Akzeptanz. Inzwischen differieren sich die Meinungen. Aber der weitaus größte Teil sagt: Wenn die Rhinos von Vauban weg sollen, weil es illegal ist, und weil dort Baugelände ist, dann muss es eine gewaltfreie Lösung geben. Also andere Plätze, eventuell Übergangslösungen. Warum nicht auch durch die Stadt? 

 

In den Äußerungen der Wagenburgler fällt eine stark formulierte Anspruchshaltung gegenüber der Stadt auf, sie mit Grund und Boden zu versorgen. Worin ist der Ihrer Ansicht nach begründet?

Das mit den Forderungen sehe ich zwiespältig. Dass wir vom »runden Tisch« für alternative Kultur sind, dass auch protestiert wird gegen eine unangemessene Mietstruktur in Freiburg durch solche Alternativ-Wohnungen, bleibt unbenommen. Dass es in eine Forderung umgemünzt wird, und dieses Wort Forderung seitens der Rhinos recht häufig auftaucht, das halte ich für eine politische Sprache, die alle Seiten führen. Die ich aber von allen Seiten auch nicht akzeptiere. Es lässt anderen keinen Spielraum, sie müssen tun, was ich fordere. Das erzeugt in der Regel Widerstand. Ist also nicht lösungsorientiert. Leider hören sie dieses Wort Forderung auf jeder halbwegs politischen Veranstaltung.

 

 

  Ralf Deckert, vom 31.07.2011 20:32 Uhr