Neonazi-Demos in Braunschweig und Peine

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Erstveröffentlicht: 
04.06.2011

Hunderte Neonazis wollen am Sonnabend durch Peine marschieren. Es hat für einige Aufregung gesorgt in den Stäben der Polizeidirektion Braunschweig: Seit Donnerstagnachmittag ist bekannt, dass die Rechtsextremisten um den Hildesheimer Neonazi Dieter Riefling am Sonnabend nicht nur zu einer Kundgebung nach Braunschweig kommen. Danach wollen sie auch zu einer weiteren Demonstration ins nahe Peine weiterreisen. Für die Polizei eine überraschende und nicht leicht zu bewerkstelligende Aufgabe, muss sie doch nicht nur die beiden rechten Kundgebungen begleiten, sondern vor allem die Reise der Neonazis von einem Ort zum anderen gegen mögliche Angriffe wie zum Beispiel Gleisblockaden sichern.


Tausende Gegendemonstranten erwartet

In Braunschweig werden zunächst rund 7.000 Manschen erwartet, die sich den Rechtsextremisten zumindest symbolisch in den Weg stellen wollen. Ein breites Bündnis aus Gewerkschaften, Kirchen, Vereinen und anderen hat sich zu diesem Zweck zusammengeschlossen. "Das Erscheinen der Rechten wird in Braunschweig als bewusste Provokation verstanden", sagt der Erste Stadtrat Carsten Lehmann (FDP). Schließlich findet an diesem Tag das in Braunschweig traditionelle und multikulturelle Straßenfest "Braunschweig International" statt.

Oberverwaltungsgericht untersagt Marsch durch Braunschweig

Die Stadt Braunschweig hatte den Aufmarsch der Rechten zunächst vollständig untersagen wollen, dem Oberverwaltungsgericht Lüneburg ging das offenbar zu weit. Die Lüneburger Richter erlaubten den Neonazis eine stationäre Kundgebung am Braunschweiger Hauptbahnhof. Ein brauner Marsch durch Braunschweig bleibt der Stadt erspart. Diesem Wunsch der Rechten erteilte das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eine Abfuhr. Die Sicherheitsbehörden rechnen jetzt damit, dass etwa 700 Neonazis in Braunschweig auftauchen werden. Auch das ein bedrohliches Szenario, denn die Gewaltbereitschaft in der rechten Szene hat offenkundig zugenommen - das belegen jüngste Zwischenfälle in Berlin.


Sorge auch wegen autonomer Aktivisten

Die polizeiliche Sorge aber gilt auch dem autonomen Spektrum von links - Aktivisten aus Göttingen, Hamburg und Berlin werden sich vermutlich auf den Weg nach Braunschweig machen. Von denen hegten nicht alle nur friedliche Absichten, sagt Polizeipräsident Harry Döring: "Wir wissen, dass nicht nur friedliche Menschen nach Braunschweig kommen, sondern vermutlich auch der schwarze Block." Dass die rechten Demonstranten in Braunschweig auf eine "Standkundgebung" beschränkt wurden, lässt manchen Polizeitaktiker aufatmen: So sei es deutlich einfacher, gewaltgeneigte Gruppierungen oder Einzelpersonen voneinander zu trennen.


7.000 Polizisten sollen für Sicherheit sorgen

Ein großes Polizeiaufgebot soll am Sonnabend rechte und linke Demonstranten auseinander halten. (Archivbild) Döring dürfte jetzt froh sein, dass er den Personalbedarf der Beamten nach NDR Info vorliegenden Unterlagen mit 7.000 Beamten hoch angesetzt hat. Der braune "Fortsetzungsspuk" in Peine dürfte erhebliche Kräfte binden. Für ein Verbot der rechten Demo sehen Experten keine rechtliche Handhabe. Um den Rechtsextremisten nicht das Feld in Peine zu überlassen, haben unter anderem der Deutsche Gewerkschaftsbund und die Grünen ebenfalls Demonstrationen dort angemeldet.


Umstrittener Polizeieinsatz vor sechs Jahren

Mit Beginn der Demonstrationen liegt die Bürde, Versammlungsbehörde zu sein, auf den Schultern der Polizei. Der Erwartungsdruck, der auf den Ordnungshütern  liegt, ist groß: Vor sechs Jahren war es bei einer NPD-Demonstration in Braunschweig zu einem umstrittenen Polizeieinsatz gekommen. Damals waren Gegendemonstranten und Passanten mehr als zwei Stunden eingekesselt und festgehalten worden. Das gerichtliche Nachspiel war für die Polizei nicht erfreulich.

 

von Stefan Schölermann, NDR Info