HN Nazidemo: Einige Gastwirte sperren Türen zu

Erstveröffentlicht: 
30.04.2011

Von Carsten Friese

 

Heilbronn - Auch kurz vor dem Tag der Großdemonstrationen am 1. Mai in Heilbronn geht die juristische Auseinandersetzung weiter. Während der Weg für das breite Protestbündnis gegen Rechtsextremismus "Heilbronn sagt Nein" zwischen Gewerkschaftshaus und Kiliansplatz feststeht, war am Freitag noch unklar, wo die Neonazis in der Bahnhofsvorstadt marschieren werden. Ein Eilantrag ging beim Verwaltungsgericht Stuttgart ein, in dem sich die Rechten gegen Auflagen und Streckenführung der Stadt Heilbronn wehren.

 

Eine rund 2,5 Kilometer lange Strecke hat die Stadt den Neonazis zugewiesen. Aus Sicherheitsgründen wollen Polizei und Rathaus den Vorschlag im Vorfeld nicht bekanntgeben. Auch die Zeitdauer der Demo steht noch nicht fest. Zwischen 11.30 und 17.30 Uhr hatten die Rechten beantragt, die Verwaltung will die Zeit verkürzen.

Unterdessen hat die Stadt eine besondere Verfügung erlassen, die am Sonntag im Bereich um den Hauptbahnhof von 6 bis 24 Uhr nur Berechtigten den Zugang erlaubt. "Sicherheitsgründe", erklärt Rathaussprecher Christian Britzke die ungewöhnliche Maßnahme. Die Sorge, dass es zu Ausschreitungen kommt, ist groß. Für die Innenstadt hat Bürgermeister Harry Mergel dagegen alle Bürger aufgerufen, am friedlichen Protest teilzunehmen. Dort müsse man keine Angst haben.

 

Biergarten räumen

In der Bahnhofsvorstadt herrschen dagegen mulmige Gefühle bei den Menschen vor. Nach 18 Jahren macht Dellarte-Chefin Piera Staudenmaier erstmals am 1. Mai das Eiscafé dicht. "Drei Viertel unserer Angestellten sind Ausländer. Wir wollen niemanden einer Gefahr aussetzen", sagt sie vor dem Aufzug der Rechten. Schon bei der Kurden-Demo im November war ihr "unheimlich". Jetzt ist ihr "noch viel unheimlicher". Was sie am 1. Mai tut? "Wir gehen grillen."

Im Evergreen gegenüber dem Hauptbahnhof wird man am Samstagabend bereits den kompletten Biergarten vor dem Lokal wegräumen und am Sonntag zu lassen. "Man weiß ja nicht, in welchem Zustand die hier ankommen", sagt Bedienung Gertrud KrockenbergerZS (48). Sie fährt an einen See. "Ich muss das Getümmel nicht sehen."

Auch die Pächter zweier Döner-Lokale lassen ihre Türen am Sonntag verschlossen. "Sicherheit geht vor", sagt ein 29-jähriger Chef. Große Sorge hat er nicht. Es werde genug Polizei da sein, ist er überzeugt.

Im Hartman"s hat Chefin Jasmin Kirrstetter-Stein entschieden, zu öffnen. Sie findet es besser, wenn Gäste im Lokal sitzen. "Ein bisschen Angst" hat sie dennoch. Ihr Auto bringt sie vorher in Sicherheit, die Kinder dürfen an dem Tag "nicht raus". Auch Anwohner Erlan Herrera Torrez (42) will am Sonntag "nicht rausgehen auf die Straße". Angst, sagt ein türkischer Internetcafébesitzer, habe er nur vor Gott. Er wird sein Geschäft am Sonntag öffnen, weil am Wochenende seine besten Umsatztage sind. Reizgas werde er sich vielleicht zur Sicherheit besorgen, überlegt er.

Die türkischen Vereine im Stadt- und Landkreis Heilbronn verurteilen den Aufzug der Neonazis. Das Demo-Motto "Fremdarbeiterinvasion stoppen" stehe konträr zur Landesverfassung, nach der ein Feiertag "dem Bekenntnis zu Frieden und Völkerverständigung gilt", teilt Burhan Uzun mit. Man unterstütze das Bündnis "Heilbronn sagt Nein" und freue sich, dass sich so viele Gruppen zusammengefunden haben.

 

Hintergrund: Sonderbereitschaften

Am 1. Mai wird der Rettungsdienst die Zahl der Einsatzkräfte drastisch erhöhen. 60 bis 70 Rettungskräfte werden in der Innenstadt sein, zudem können Helfer nachalarmiert werden. Auch die Gerichte haben die Bereitschaft verstärkt. Landgerichtssprecher Roland Kleinschroth appelliert an die Demo-Teilnehmer, „sich an die Vorgaben der Polizei zu halten“. cf

 

30.04.2011