Grüner, attraktiver und noch teurer?

Erstveröffentlicht: 
18.04.2011

Symposium und Podium suchen nach "Visionen für eine lebenswerte Stadt der Zukunft" – und finden keine abschließende Antwort.

 

Braucht Freiburg dringend "machbare Visionen für eine lebenswerte Stadt der Zukunft"? Die Freiburger Denkfabrik suchte mit einem halbtägigen Symposium und einer hochkarätigen Podiumsdiskussion nach einer Antwort. Die von Linksextremen im Internet angekündigte Demonstration mobilisierte nur die Polizei.

Die Denkfabrik hat der frühere Chef der Brauerei Ganter, Maximilian Erlmeier, vor knapp drei Jahren ins Leben gerufen. Sie widmet sich nicht nur der sozialen, sondern auch der humanen Marktwirtschaft. Am Donnerstag machten sich in den Räumen der Universität fünf hochkarätig besetzte und moderierte Arbeitskreise ihre Gedanken über Themen wie "Wirtschaft, Arbeit und Finanzen", "Energie, Umwelt und Mobilität", "Bildung, Kultur und Bürgerbeteiligung", "Stadtentwicklung und Infrastruktur" sowie "Generationenfreundlichkeit". Die Podiumsdiskussion in der Aula sollte der krönende Abschluss am Abend sein.

Nicht allen war nach Harmonie zumute. "Das ist ja alles interessant – aber was ist daran neu? Das machen wir doch alles schon", stichelte Oberbürgermeister Dieter Salomon und auch sein Tourismus- und Wirtschaftsförderer Bernd Dallman ist mehr auf Praxis aus. "Es fehlt dieser Stadt nicht an Ideen, man muss nur rausfinden, was mehrheitsfähig ist." Und "City 2020" – so der Titel für die Debatte – sei zeitlich etwas kurz gegriffen, meinte Münsterbaumeisterin Yvonne Faller. Ihr ist wichtig, die "Ästhetik des öffentlichen Raums" zu wahren, nachhaltig zu bauen und endgültig wegzukommen von der früheren Fixierung auf die "verkehrsgerechte" Stadt und auch von "monokausalen" Bauten, die man nach 30 Jahren wieder abreißen muss.

 

"Arbeiten und leben wieder zueinander bringen" wäre eine Vision, die Bärbel Höltzen-Schoh, Chefin der Arbeitsagenturen in Freiburg und Offenburg, angepackt sehen will. Und dass sich die Gesellschaft auch endlich der Frage stellt, wie mit denen umgegangen wird, die dem Druck der Leistungsgesellschaft nicht gewachsen sind und wenigstens in einem "sozialen Arbeitsmarkt" eine sinnvolle Lebensperspektive haben sollten.

Die Firma Hummel hätte sich Freiburg nicht leisten können


Womit der Blick auf die finanzielle Seite des Lebens in der Wohlfühlstadt gelenkt wurde. Attraktiv wie kaum eine andere ist sie, aber auch "einer der teuersten Standorte in ganz Deutschland", wie der designierte Sparkassenchef Marcel Thimm sagte. Und zwar für private und gewerbliche Immobilien. "Freiburg hätten wir uns nicht leisten können", betonte Fritz Zügel, Vorstand der Elektronikfirma Hummel AG, die stattdessen in Denzlingen sitzt. "Freiburg ist so teuer, weil es attraktiv ist, sorry, das ist eben Marktwirtschaft", erklärte Salomon die Ökonomie. Außerdem müsse man das sowieso regional sehen, nicht nur lokal.

Und sogar über die Grenzen schauen: "Basel hat eine Million Einwohner", scherzte der Leiter der Kantons- und Stadtentwicklung, Thomas Kessler. Zwei Drittel davon leben aber in Deutschland und Frankreich und kommen nur zum Arbeiten ans Rheinknie. Basel sei zwar reich, ihm droht laut Kessler aber das Luxusproblem, durch Wohlstand faul zu werden. "Wir brauchen eine neue Aufbruchstimmung, nur wer gute Ideen hat, gewinnt die Mehrheiten." Die direkte Demokratie der Schweiz sei zwar unbequem, habe aber den unschlagbaren Vorteil, dass die Politik sich mehr anstrengen müsse, um die Bürger zu überzeugen.

Allein dieses Thema hätte wahrscheinlich einen ganzen Abend gefüllt. So blieb es eines von vielen weiteren, die kurz angesprochen, aber angesichts eines üppig besetzten Podiums nur leicht angekratzt wurden. Immerhin, die meisten Teilnehmer und das Publikum fanden es gut, darüber gesprochen zu haben. Es wird weitere Gelegenheiten dazu geben, wo auch immer.