Freiheitsentziehungen durch Freiburger Polizei und Justiz rechtswidrig

Polizeikontrollen am 30.03.09 in Freiburg. Foto by http://www.flickr.com/photos/kietzmann
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Die Festnahme eines Aktivisten im Vorfeld der antifaschistischen Freiraumdemo am 14.11.2010 in Freiburg war rechtswidrig. Dies hat das Amtsgericht Freiburg festgestellt. Und auch das OLG Karlsruhe (Zivilsenate Freiburg) hat am 01.02.2011 entschieden, dass eine weitere Freiheitsentziehung gegen einen Aktivisten am 30.03.2009 im Zuge einer antimilitaristischen Demonstration in Freiburg im Kontext des NATO-Gipfels rechtswidrig war.

Der Betroffene war im Vorfeld der NATO-Gipfel-Proteste auf dem Weg nach Freiburg und wurde noch am Autobahnzubringer von einer Heidelberger Polizeieinheit aufgehalten. Ihm wurde unterstellt, er wolle mit seinem gesamten Gepäck, nebst Campingausrüstung, zu der etwa zeitgleich stattfindenden Demo „Make Militarism History“ in der Innenstadt. Da er u.a. Zeltstangen und ein Taschenmesser dabei hatte, sei er eine „Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung“. Ein in Eile herbeigeholter Richter bestätigte die Gewahrsamnahme bis 6 Uhr des Folgetages. Der Richter war ebenfalls der Meinung, dass sich der Aktivist in „nicht friedlicher Absicht“ an der Demonstration beteiligen wollte. Dies belege „auch der Umstand, dass er 'Clownsmasken' mit sich geführt hat und sich nicht dazu äußern wollte, welche Bedeutung die Abkürzung 'CIRCA' hat...“

Die gegen diese Entscheidung eingereichte Beschwerde wurde zunächst vom Landgericht Freiburg abgewiesen. Ein weiteres Rechtsmittel hatte letztlich doch Erfolg: Das Oberlandesgericht Karlsruhe entschied, dass die Freiheitsentziehung von Anfang an rechtswidrig war. U.a. hätte es sich, „um ein Mulitifunktionsmesser gehandelt, … dass auch anderen Zwecken als der Verletzung von Personen oder der Beschädigung fremder Sachen dienen kann“. Das beklagte Land Baden-Württemberg muss nun die Kosten des Verfahrens tragen.

Eine weitere Niederlage musste die Freiburger Polizei bereits im Dezember einstecken. Auch hier wurde ein Aktivist noch Stunden vor einer Demonstration gegen staatliche Repression und für Versammlungsfreiheit am 14.11.2009 in Gewahrsam genommen, weil er ein Taschenmesser im Rücksack hatte. Ein Eilrichter hatte die Freiheitsentziehung im Anschluss an die Gewahrsamnahme bestätigt, u.a weil er „durch die beim ihm aufgefundenen Logos der Antifa offensichtlich nach Freiburg angereist ist, um an der Demonstration teilzunehmen“. Die dagegen eingelegte Beschwerde hatte über ein Jahr später Erfolg, die Anordnung wurde für rechtswidrig erklärt.

Die beiden Verfahren bestätigen mal wieder, dass die Polizei ungeniert zu rechtswidrigen Maßnahmen greift, um im Kontext von politischen Engagement mit Hilfe von Gerichten ihre Macht zu demonstrieren. Den Betroffen gibt dies ihre Freiheit aber nicht wieder zurück und i.d.R. wird ihnen nur bestätigt, was sie ohnehin schon wissen: Nicht mal an die selbst gesetzten Spielregeln wird sich gehalten und mit der Fassade eines Rechtsstaates soll ein Gefühl der Gerechtigkeit und Genugtuung geheuchelt werden. Und so wissen wir es besser: Freiheit wird nicht im Gerichtssaal erbeten, sondern auf der Straße erkämpft. Aber vielleicht machen solche Verfahren das politische Kalkül in einer Kosten-Nutzen-Abwägung teuer genug, dass mit diesen Machtmitteln im Einzelfall zurückhaltender umgegangen wird.