Der französische Innenminister Hortefeux und Indymedia Paris streiten sich über die Rechtmäßigkeit solcher Veröffentlichungen
Manche sprechen sogar vom Krieg zwischen der Polizeigewerkschaft und Indymedia Paris. Seit einigen Wochen veröffentlicht Indymedia Paris (und auch Indymedia Lille) Fotos, Filme und Facebook- Adressen von Zivilpolizisten.
Nachdem Anonyme, die mehrere Fotos online stellten, dazu ankündigten, dass weitere Veröffentlichungen folgen würden, damit die Öffentlichkeit wisse, mit wem sie es bei Demonstrationen zu tun habe und "die Unsicherheit im Polizeilager überhand nimmt", reagierte die Polizeigewerkschaft Alliance police mit einem öffentlichen Kommentar, der die Websiten als "anti-flic" bezeichnet und sich an Innenminister Hortefeux wendet.
Der Innenminister kündigte denn auch am Weihnachtsvorabend an, Indymedia Paris anzuzeigen. Das Fotographieren von Polizisten in Zivil, Filmaufnahmen und ihre öffentliche Enttarnung seien völlig unakzeptable und verantwortungslose Vorgänge, so die Erklärung Hortefeuxs. Wie weit Hortefeux gehen kann, wenn er Polizisten schützen will, zeigte sich vor Kurzem, als sich der Innenminister öffentlich laut über das harte Strafmaß beschwerte, das man über Polizisten verhängt hatte, die "einen Autofahrer zusammen geschlagen, verhaftet und ihn beschuldigt" hatten, er habe absichtlich einen Polizeibeamten angefahren, der aber tatsächlich von einem seiner K ollegen angefahren worden war. Dass Hortefeux als Minister öffentlich ein Gerichtsurteil kommentierte, wurde von vielen Journalisten als Tabubruch angesehen.
Diese Aktion wird Hortefeux auch von Indymedia vorgehalten, das sich mit seiner Aktion ausdrücklich auf Copwatch-Modelle der USA beruft.Der Minister habe mit seiner nun verkündeten Anzeige einen Fehler gemacht, heißt es jetzt auf der Indymedia-Website: die Anzeige des Ministers könnte sich auch als unfreiwllige Werbung für Copwatching herausstellen und zur Entstehung solcher Publikationen in anderen Städten führen.
Zugleich verweist Indymedia auf eine von der Commission Nationale de Déontologie de la Sécurité belegte Rechtslage, die solche journalistische Informationen als demokratisch nötig und damit auch juristisch vollkommen gerechtfertigt begreift. Außerdem würden in Lille seit vier Jahren Fotos von Polizisten veröffentlicht, ohne dass es zu Anzeigen gekommen sei.
Auf der Seite der Polizei wird dagegen argumentiert, dass bestimmte Polizisten durch ihre Funktion geschützt seien und das Preisgeben ihrer Identität einen Straftatbestand erfülle. Laut Informationen der Libération, die sich auf Rechtsexperten stützt, gebe es zwar eine Möglichkeit wegen Diffamierung und das Recht am eigenen Bild zu klagen, die Verbreitung der Fotos sei aber an sich keine strafbare Handlung. Hier gebe es ein rechtliche Grauzone.
Nach Demonstrationen in Frankreich gibt es häufig öffentliche Auseinandersetzungen über die Rolle von Zivilpolizisten gegeben, denen man vorwirft, das sie als "Agent provokateur" gearbeitet haben. Zu Diskussionen kommt es immer wieder durch veröffentlichtes Filmmaterial.
Thomas Pany 25.12.2010