Polizei will Schreckensszenario vermeiden

Erstveröffentlicht: 
01.10.2010

Bremen. „Unser Anliegen besteht darin, die Einheitsfeier zu einem Desaster zu machen!“, kündigen Autonome im Netz an. Niedersachsens Verfassungsschützer warnen: „Wir beobachten eine starke Mobilisierung gewaltbereiter Linksextremisten im Vorfeld der Einheitsfeier.“ Von Miriam Keilbach

 

„Hauptsache es knallt“ heißt das Motto einiger Linksradikaler, die zum Tag der Deutschen Einheit in Bremen Randale machen wollen. Im einem autonomen Forum wird zu Krawallen und Gewalt am 2. und 3. Oktober aufgerufen. „Ob dabei auch die direkte Konfrontation mit den Sicherheitskräften zu suchen ist und ob die Bündnisdemo der richtige Ort dafür sein kann, muss letztlich jeder selbst entscheiden. Wir können uns eine ganze Menge vorstellen“, heißt es weiter.


Dann wird die Forderung an andere Demonstranten und Krawallmacher deutlicher. Die Autoren des Aufrufs sinnieren über militante Aktionen jenseits der begrenzten Spielräume der Legalität“. Im selben Schreiben werden auch Drohungen gegen einzelne Personen ausgesprochen. Die Verantwortlichen für die Festlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit hätten „alle Namen, Adressen und oft auch schicke Autos vor der Tür!“


Unter dem Stichwort Sachschaden formulieren die Autonomen: „Farbe, Glasbruch, Buttersäure... Wer knackt den Jackpot? „1,7 Millionen Euro plus X“ – die Spiele sind eröffnet. Extrapunkte gibt es für Interventionen und Sabotageakte, die direkt in Vorbereitung und Infrastruktur des Festes eingreifen.“ Dort wird auf die 1,7 Millionen Euro plus X angespielt, die das Fest das Land Bremen kosten wird. Es gelte „unkontrollierte Verhältnisse zu schaffen“, heißt es weiter.


Verfassungsschutz: Drohungen sind ernst zu nehmen


„Nach unseren Erkenntnissen sind die Aufrufe insbesondere den sogenannten Anti-Deutschen zuzurechnen, einer Strömung innerhalb der autonomen Szene“, erklärt Hans-Werner Wargel Präsident des Niedersächsischen Landesamtes für Verfassungsschutz. Diese Drohungen seien sehr ernst zu nehmen, bestätigt seine Sprecherin Maren Brandenburger. „Es wird zu massivem Protest aufgerufen.“


Weitere Angaben machte die Behörde nicht, dafür seien die Kollegen des Landesamtes in Bremen zuständig. Diese verwiesen wiederum an InnensenatorUlrich Mäurer und die Bremer Polizei. Letztere gibt sich verhalten. „Wir wissen von den Gewaltandrohungen, aber wir wollen die Hecke nicht von außen anstecken“, sagt Polizeisprecher Dirk Siemering. „Wir gehen von einer friedlichen Demonstration aus, nicht vom Chaos.“


Morgen ab 16.30 Uhr ist unter dem Motto: „kein Tag für die Nation – kein Tag für Deutschland“ eine Demonstration angekündigt. Sie führt vom Bahnhofsplatz über die Bürgermeister-Smidt-Straße, Am Brill, Martinistraße, Altenwall, Am Wall, Ostertorstraße, Ostertorsteinweg, Am Dobben, An der Weide wieder zum Hauptbahnhof zurück. Demonstriert wird „gegen jegliche Form des Nationalismus“ – der Nationalfeiertag koste zu viel Geld und verdrehe geschichtliche Ereignisse.


Sparkasse: "Wir sind vorbereitet"


Auf dem Demonstrationsweg liegt das Finanzcenter der Sparkasse. Dort ist man auf mögliche Anschläge vorbereitet. „Wir haben ein 20-seitiges Sicherheitskonzept mit der Polizei erarbeitet, wie bei jedem größeren Event“, sagt Sprecherin Elke Heussler. Im Internet seien zwar Krawall und Sachbeschädigungen angedroht worden, Gefahr für Mitarbeiter bestehe aber nicht. „Wir sind vorbereitet, und am Wochenende ist unser Center sowieso nicht besetzt“, so Heussler.


„Wir wollen kein Schreckensszenario verkünden, das wäre die falsche Botschaft“, sagt Siemering im Hinblick auf die Demonstration. Privatpersonen könnten sich morgen und übermorgen problemlos durch die Stadt bewegen, ohne sich vor Gewalt aus der autonomen Szene fürchten zu müssen.


„Wir sind auf die Situation eingestellt, die Polizei beobachtet alles“, sagt Rainer Gausepohl, Sprecher von Bremens Innensenator Mäurer. „Wir haben erwartet, dass die Gewaltbereitschaft und Mobilisierung kurz vor dem Ereignis zunimmt, und so kam es auch“, so Gausepohl weiter.


Demonstranten kommen in Bussen


In linken Foren ist von Bussen die Rede, die beispielsweise von Köln nach Bremen zur Demo gekarrt werden. Die Organisatoren rechnen nach eigener Aussage mit 2000 bis 3000 Teilnehmern. „Wir haben positive Rückmeldungen von Gruppen aus dem gesamten norddeutschen Raum“, heißt es. Außerdem kämen Demonstranten aus Frankfurt und Berlin.


Unklar ist, wie viele Demonstranten und Linksautonome sich tatsächlich in Bremen versammeln werden. „Aber die Polizei hat Hinweise aus anderen Bundesländern bekommen. Das sieht man schon daran, dass auch der niedersächsische Verfassungsschutz sich äußert“, so Gausepohl.


Mutmaßungen darüber, wieso ausgerechnet in diesem Jahr die Mobilisierung und Gewaltbereitschaft so hoch liegt, gibt es einige. „Ich denke, dass der 20. Jahrestag eine Rolle spielt“, gab Gausepohl an. Er erinnerte an die Krawalle beim Tag der Deutschen Einheit in Bremen vor 16 Jahren. „Damals gab es arge Krawalle. Vielleicht will man eine Tradition fortsetzen.“


Auf dem Marktplatz hat die Polizei für die beiden Festtage ein Sperrgebiet eingerichtet, das nur mit speziellen Ausweisen und Akkreditierungen zu betreten ist. „Dort befinden sich Objekte, die einem speziellen Schutz unterliegen“, so Siemering. Gemeint sind damit das Bremer Rathaus und die Bremische Bürgerschaft.